Zweiter Auftritt

[55] Herzog, Herzogin mit Gefolge kommen die Terrasse herab.


HERZOG.

Nein, denket beßer, süß Gemahl, von meiner Zärtlichkeit.

Acht Tage hat noch kaum gewährt die Hochzeitfestlichkeit:

Gleichgültig schien' ich oder karg, ließ' ich sie schon bewenden,

Nein, wenns nach meinem Wunsche gieng, sie dürfte nimmer enden.

HERZOGIN.

Mir hat schon allzulang gewährt der Prunk, die laute Pracht,

Da traute Nähe ganz allein Verliebte glücklich macht.

Doch muß es sein, so macht den Schluß mit einem Feuerwerke,

Daß man die Flammen unsrer Lieb in Brillantstralen merke.

HERZOG.

Als Bild der Lieb ein Feuerwerk ist allzubald verpufft:

Die Liebe soll unsterblich sein, nicht platzen in der Luft.[56]

Nein, hier ist unser Seneschall: der wird uns beßer rathen.

Ihr findet keinen feinern Kopf in allen unsern Staaten.

DON CARLOS.

Eur Gnaden ehren mich zuviel.

Ich finde mich beinah am Ziel

Mit meiner Kunst, mit meinem Wißen.

Wir können den Geschmack, den Sinn

Der gnädigen Frau Herzogin

Und ihren weisen Rath nicht missen.

Ein Feuerwerk ist bald bereit,

Wenn ihrs zu wählen willig seid.

Doch läßt sich heut noch Andres hoffen,

Denn eben ist hier eingetroffen

Der weltberühmte Doctor Faust.

Wenn euch nicht etwa vor ihm graust. –

HERZOGIN.

Warum denn grausen?

DON CARLOS.

Wißt, der Faust

Ist ein berufner Teufelsbanner;

Doch auch sie herbeschwören kann er.[57]

HERZOGIN.

Das ist ja allerliebst! Den laßt geschwinde kommen.

DON CARLOS.

Ein Umstand ist dabei: noch hab ich nicht vernommen,

Wo dieser Zauberer hier abgestiegen ist;

Doch seinen Diener sprach ich hier vor kurzer Frist.

Da ist er wieder. Da! der mit der Butterbemme.

CASPERLE zeigt sich und läuft wieder fort als er merkt, daß von ihm die Rede ist.

DON CARLOS.

Er hält nicht Stand –

HERZOGIN.

Lauft nach und bringt ihn in die Klemme.

DON CARLOS läuft dem Casperle nach, der sich nicht fangen läßt, aber mehrmals auf die Bühne zurückkehrt.

Vermaledeiter Schalk! Ich bin ganz athemlos.

HERZOGIN.

So helft ihm doch, Gemahl: die Müh ist nicht so groß.

HERZOG legt seine Krone auf eine Bank und hilft dem Casperle nachsetzen.


Quelle:
Simrock, Karl: Doctor Johannes Faust. Frankfurt am Main 1846, S. 55-58.
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