An den Hern Geh. Rath und Abt Vogler

[252] Noch hör' ich Deiner Töne Melodieen,

Noch lauscht Dir tief bewegt entzückt mein Ohr;

Ach! unter solchen Himmels-Harmonieen

Schwingt sich der Geist zur schönern Welt empor!


Da hebt er sich zum Reich der Ideale,

Zu deiner Gottheit eilt er trunken hin,

Wo Dir Apollo reicht die Nektar-Schaale

Und goldne Hesperiden -Früchte glühn.


Von banger Gegenwart umwölkten Wogen,

Und von des Zeitgeists bangem Sturmes-Weh'n,

Wird da der Geist allmächtig fortgezogen,

Und sieht einst schön're Tage auferstehn!


Die Thränen der Empfindung thauen nieder,

Sanft aufgelösst von wonnevollem Schmerz,

Es hebt die frohe Brust sich freier wieder,

Und hoch entzückt schlägt das bewegte Herz.


Die Zaubertöne Deiner Harmonieen –

Jetzt bald wie Sehnsuchts-Hymnen, tief und weich,

Dann wie Akkorde, die zum Himmel fliehen, –

Entschwebten hold dem stillen Friedensreich,
[253]

Wo selig einst die Harmonie der Geister

Den schönen Bund um edle Seelen schlingt,

Und Psyche ewig ihrem grossen Meister

Im hohen Chorus Jubelhymnen singt.


Dort, o mein Freund! erschallen diese Töne,

Wo sanft der Sehnsucht Klage einst verhallt,

Wo sich vereint das Gute und das Schöne,

Und hoch vergöttert unter Palmen wallt!

Quelle:
Elise Sommer: Gedichte, Frankfurt a.M. 1813, S. 252-254.
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