Echo

[41] Du wallst durch die Fluren; ich folge dir nach,

Bald ruh' ich in Grotten, bald irr' ich am Bach,

Bald lausch' ich verborgen im schattigen Hain,

Und Folge dir traulich zum blumigen Rain!

Du irrst zwischen Felsen und Klippen dahin,

Ich folge Dir immer mit liebendem Sinn.


Wenn Hesperos schimmernd in Osten verglüht,

Im Silbergewölke Aurora verblüht,

Die Sichel des Mondes am Himmel erbleicht,

Und Phöbus so glühend den Wagen besteigt;

Wenn nächtliches Dunkel umarmt die Natur:

So folg' ich dir nach durch die Räume der Flur!


Wenn angstvolle Seufzer dem Busen entweh'n,

Und klagende Töne um Mitgefühl flehn;

Wenn lieblich der Laute melodischen Klang

So rührend begleitet dein Trauergesang,

Verrath' ich dir leise der Wehmuth Gefühl,

Und sing' in der Laute melodisches Spiel!
[42]

Wenn einsam du wandelst im dämmernden Hain

Und träumst dich so heimlich, und glaubst dich allein,

Und denkst nur der Liebe sanftklagenden Laut,

Allein den Dryaden und Nymphen vertraut;

Dann lausch' ich von ferne; ich kenne dein Glück,

Und bringe dir leise die Töne zurück!

Quelle:
Elise Sommer: Gedichte, Frankfurt a.M. 1813, S. 41-43.
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