Johann v. Müllers Denkmal

[92] Sonett


Ich sah im Geist die Muse der Geschichte,

Am Pindus unter heil'ger Lorbeer Wehn,

Voll bangen Ernst's in dunkeln Schatten gehn,

Die Wehmuth sprach von ihrem Angesichte;


Sie sann im Schmerz auf lohnende Gedichte

Für ihren Liebling, der zu Stralenhöh'n

Empor sich schwang und neuer Welten Dreh'n,

Erschaut, verklärt vom ew'gen Sonnenlichte.


»Er ist nicht mehr!« sprach ihre bange Zähre,

Des Vaterlandes Stolz, der Deutschen Ehre,

Kein Mausoleum künde seinen Ruhm!


»Er lebe fort im höhern Heiligthum,

Wo sich vermählt das Gute mit dem Schönen,

In der geweihten Sänger holden Tönen!«

Quelle:
Elise Sommer: Gedichte, Frankfurt a.M. 1813, S. 92-93.
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