Künstlergrösse

[159] An deinem Busen, heilige Natur!

Erhält der Künstler ächte Götterweihe;

Von dir gepflegt, betretend deine Spur,

Erhebt er sich zu Hellas ew'ger Reihe,

Den Pinsel tauchend in Aurorens Glanz,

Trägt die Begeitst'rung ihn auf Adlers Flügel

Zum Uranus; dort unterm Sternentanz

Wird ihm der Welten – Ozean zum Spiegel,

Da sinkt das Irrdische wie Nebelflor,

Vergöttert steigt die Phantasie empor!

Vermählt der Gottheit, wandelnd ihre Bahn,

Erreicht er sie, der Menschheit höchste Stufe:

Steig' auf des Wissens Leiter himmelan,

Und folg', als Held, der Tuba lautem Rufe!

Hast du Verstand, und ist das Glück dir hold,

Was lässt sich da nicht alle mit erstreben?

Dir huldigt eine Welt, der Indus zinsst sein Gold,

Und Städte müssen sich aus Staub erheben!

Doch jener Funke regt nicht diese Kraft,

Der eines Künstlers Ideale schafft.

Quelle:
Elise Sommer: Gedichte, Frankfurt a.M. 1813, S. 159-160.
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