Morgenwunsch

[194] An die Fräulein von Bode, Dame d'atours Ihrer Königlichen Hoheit, der Grossherzogin von Hessen


Frei von Schmerz und bangen Sorgen,

Heiter, wie am Frühlingsmorgen

Rosen über Azur fliehn,

Schwinde sanft Dein Leben hin;


Freundlich, wie des Baches Wellen

Ruhig fliessen in der hellen

Mondumglänzten stillen Nacht,

Hold bekränzt von Blüthenpracht:


So verrinn' Dein edles Leben,

Freude müsse Dich umschweben,

Wie das Daseyn sie verschönt,

Himmlisches Bewusstseyn krönt!


Voll Empfindung für die Musen

Lebt das Schöne Dir im Busen,

Und der Menschheit Lust und Schmerz

Theilet warm Dein edles Herz.
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Deine Güte zu belohnen,

Flecht' Dir Lieb' und Freundschaft Kronen.

Es erblüht ein Paradies,

Wo Gott Seelen wandeln hiess


Wie die Deine. So erlabend,

Wie ein lauer Sommerabend,

Nah' einst Dir der Augenblick,

Der uns winkt zu höherm Glück!

Quelle:
Elise Sommer: Gedichte, Frankfurt a.M. 1813, S. 194-196.
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