[Zu dir auß tieffem grunde]

Zu dir auß tieffem grunde

Hab ich geruffen, Herr:

Ach höre mich zur-stunde,

Nit bleibe doch so ferr.

So du die zahl der sünden

Villeicht wolst schawen an,

Wer würd ohn schanden könden

Vor deinen augen stahn?
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Ein gnaden Meer verschloßen

In deinem hertzen ligt,

Das komt mit hauff gefloßen,

Wan vns die noth anficht:

Drumb nie will ich verzagen,

Auff ihn will harren fäst,

Wan mich bey trüben tagen

Schon liecht, vnd glantz verläst.


Ach Israël mich höre,

Was dir von hertzen rath;

Kein vngemach dich störe,

Nit zage früh, noch spath:

Wan sich der tag entzündet

Zur ersten morgen-wacht,

Dein hoffnung sey gegründet

Auff Gott, biß in die nacht.


Auff ihn wer sich geleinet

Mit festem helden-mut,

Die gnad ihm bald erscheinet,

Der streit kompt ihm zu gut.

Dan vnser Gott so milde,

Voll süß- vnd gütigkeit,

All vnser schutz, vnd schilde

Verbleibt in Ewigkeit.


Quelle:
Friedrich Spee: Sämtliche Schriften, Band 2, München 1968, S. 64-65,123-124.
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