Erster Auftritt.

[257] Constanze und Clärchen kommen aus einer Seitenthüre


CONSTANZE.

Erschrecklich! entsetzlich! ich kann es kaum denken!

Ich sollte noch heute mein Herz ihm verschenken,

An einen so häßlichen steinalten Mann!

CLÄRCHEN.

Nur stille! ich bitte! noch ists nicht geschehen,

Es kann sich noch alles so wunderlich drehen,

Daß jedes von Ihnen zufrieden seyn kann.

CLÄRCHEN UND CONSTANZE.

Die Liebe hat öfters schon Wunder verrichtet,

Und manche bestimmte Verbindung zernichtet,

Sie nimmt sich vielleicht wohl auch meiner / Ihrer noch an.

BAST kömmt dazu.

Geschwinde mein Püppchen! komm sieh nur die Sachen,

Die unsre zwey tollen Poeten itzt machen,

Sie streiten und stehn da wie Hahn gegen Hahn.

[257] Anfangs allein, dann zusammen.


CONSTANZE. ganz ernsthaft.

Ich kann über solche Geschöpfe nicht lachen,

Denn so was steht keinem Vernünftigen an.

CLÄRCHEN heimlich zu Constanzen.

Sie werden ihn sicher noch mißtrauisch machen,

Dann scheitert mein schöner und herrlicher Plan.

BAST.

Komm, folge, sie treiben die närrischsten Sachen,

Und packen einander ganz sicher noch an.

Nach einer Pause, in der Bast Constanzen aufmerksam betrachtet, Constanze sich aber mit Clärchen heimlich bespricht.


BAST für, sich.

Was seh' ich! sie zögert? das macht mir Bedenken,

Sie trägt sich vermuthlich mit heimlichen Ränken!

Da muß ich behutsam und aufmerksam seyn.

CONSTANZE zu Clärchen.

Es ist mir nicht möglich mit Liebe zu heucheln,

Den, so ich verachte, dem kann ich nicht schmeicheln

Ich laß' mich auf Trug und Verstellung nicht ein.

CLÄRCHEN heimlich zu Constanzen.

Ein wenig Verstellung ist eher zu wählen,

Als lange vergebens mit Hoffnung sich quälen;

Und endlich ein Opfer des Eigensinns seyn.

CLÄRCHEN heimlich zu Constanzen. Ich bitte, seyn Sie klug, Sie wissen nicht, was ich für Sie unternommen habe.

CONSTANZE ebenfalls heimlich. Ach! was wird es nützen![258]

BAST. Mein Puppchen was ist Dir? Du bist ja so niedergeschlagen.

CLÄRCHEN. Wundert Sie das Herr? So eingesperrt, trotz einer Gefangenen! Keinen Menschen zum Umgang – muß man nicht endlich traurig werden? Ich selbst fühle, daß ich anfange meine Munterkeit zu verlieren.

BAST. Eben deswegen schlag' ich ja vor, die zwey Poeten zu sehen, die werden Sie gewiß aufmuntern.

CONSTANZE. Und glauben Sie, daß dies etwas beytragen wird, meinen Humor umzustimmen? Es wäre nur vorübergehend, und würde mich dann um so trauriger machen, weil ich mir das Elend der armen Leute dabey vorstelle.

BAST. Glaubst Du, daß diese Leute elend sind? Im Gegentheil, sie sind glücklicher als wir, sie fühlen nur ihre eingebildete Größe, ihre Gelehrsamkeit und nicht ihr Elend.

CLÄRCHEN. Richtig, ein Narr ist immer glücklicher, als ein Kluger, das sieht man täglich in der Welt, und braucht deshalb nicht erst ins Narrenhaus zu gehen.

BAST. Das ist vernünftig gesprochen. Aber hier sieht man sie in ihrem ganzen Glanze, und kann sie nach der Wahl haben. Sieh mein Püppchen, wenn ich mürrisch bin, so laß ich mir die lustigen Narren kommen, die heitern mich gleich auf. Und – ich wünschte, daß Du das auch thun möchtest, denn[259] da wir nun bald ein Paar werden, so mußt Du auch meine Lebensart gewöhnen,

CLÄRCHEN. Das sag ich auch Mamsel; da Sie einmal bestimmt sind, mit Narren zu leben, müssen Sie sich auch an ihnen zu belustigen suchen. Heimlich. Geben Sie ihm Hoffnung.

CONSTANZE. Ich will sehen.

BAST. O sieh, sieh, da kommen sie.


Quelle:
Karl Ditters von Dittersdorf: Die Liebe im Narrenhause. Liegnitz 1792, S. 255–350, S. 257-260.
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