[67] 1.
Solt' ich den Tod nicht frölich leiden?
Rosille weint ob meinem Scheiden/
sie liebt mich/ da die Seel' entfährt
und in die fernen Felder kehrt.
2.
In Noht und Jammer sehen trübe:
hieran erkennt man wahre Liebe/
die mit in Freuden lustig war/
traurt nu bey meines Bettes Bahr.
3.
Ihr Wolken-bruch der Trähnen-güsse
macht über meinem Körper Flüsse/
dem Körper/ der sein Blüht verläßt/
und iezt den Athem auß sich bläst.
4.
Die Lieb' ist schlecht und kaum zu nennen:
Nur lieben weil die Augen brennen/[67]
weil noch die Stirn ermuntert sieht
und alles Rosenfärbig blüht.
5.
Ich lieg' allhier auff so viel Wochen/
mein Leib ist lauter dürre Knochen/
der Lippen Purpur blässet weiß/
der arme Band ist Todten-eyß.
6.
Ich bin nicht mehr ein Mensch zu nennen
mich meiden alle/ die mich kennen/
Rosille bleibt bey mir und wacht
so manche/ manche/ manche Nacht.
7.
O Treu-Exempel! Gunst-gemerke
O Muster wahrer Liebes-Werke!
Rosill' hält biß zur lezten Noht
und wünscht vor mich ihr selbst den Todt.
8.
Wie kan ich Freundin/ diß vergelten/
indehm ich folge den Gewälten/
die ieder Mensch vom Sternen-fluß'
ohn allen Einspruch dulden muß.
9.
Ich wil in deiner Seele leben/
mein Schatten soll stets um dich schweben
biß du auch auß dem Leben fährst
und deine Seele mir gewährst.
10.
Indessen sollen diese Zeilen
so lange deine Schmerzen heilen/[68]
es soll diß treue Zeuge-blatt
der Nachwelt rühmen deine Taht.
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