[103] Dehm Offen-herzigen Filomusus/ an dem Hochberühmtem Pregel-flusse weidend übergiebet Zur schuldigsten Dankbarkeit vor so überheufft-erwiesene Guht- und Wolthaten gegenwertiges fünfftes Zehen seiner geharnschten Venus Filidor der Dorfferer durch folgende Gedenk-seule. d.f.w.


Freund/

Getreuer/

denn/ weil im Feuer

mein Fürst Apollo scheint/

ich werd' unendlich lieben.

Nimm hier für alle Gunst

so du lang' an mir erwiesen/

die Zeilen meiner schlechten Kunst/

mit Venus Schwanen-kiel geschrieben/

die Zeilen/ von der Jugend nur gepriesen.

Zwar überzeuget mich mein Sinn

daß ich dir mehr verpflichtet binn:

was aber/ ist in meinen Händen?

der Götter überheuffter Grimm[103]

führt mich im Elend noch herüm

ohn anzulenden.

Ich weiß/ daß dein Gemüht'

auff ein getreues Herze sieht/

das steht/ mein Herzensfreund/ dir offen.

Ein ander mag auff Gold und Schäzze/

auff Augen-schein und eitle Gaben hoffen/

der wehrten Freundschaft-bund helt anderweit Geseze.

Mit diesen Zeilen wil ich dir mein Herz und mich erbeigen geben/

ein merers schenk ich/ wird mich Gott zukünftig und dich lassen leben.


Hamburg den 1. Herbstm. 1657.


Meines vielgeehrten Herren und vertrauten Freundes treu-beständiger Diener Filidor/ der Dorfferer.

Quelle:
Kaspar Stieler: Die geharnschte Venus, Stuttgart 1970, S. 103-104.
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