Aus dem Lateinischen

Unter beygefügtem Bildnuß des Edel-würdigsten Dorus.

[4] Bleich wie der Leib von aus: so sieht das Hertz von innen /

Die äussere Gestalt giebt Zeugnuß von den Sinnen.

Ein schönes Angesicht zeigt einen schönen Geist /

So lang die Stirn das Thor des innern Hertzens heist.

Nur schöne Bluhmen sinds / die mit Geruch ergötzen;

Wer will das Sonnen-Gold / ohn durch die Stralen / schätzen?

Nicht anderst wird ein Hertz / das schön von Schönheit strahlt /

Als durch ein schönes Aug / mit Farben abgemahlt.

Auch selbst die schöne Kunst / muß durch gelehrtes lehren!

Der Tugend-Ruhm sich nur / durch Tugend-Wercke / mehren.

Das ist das schöne Kleid / darinn sie prachten kan /

So offt man sie / als schön / durch schöne Werck sieht an.

Was tapffer heissen wil / muß mit den Waffen spielen.

Ein hoher Edel-Muth nach hohen Dingen zielen:

Und wer dann allzuviel nach eitler Ehre trachtt /

Kan je sich rühmen nicht / daß er der Demuth acht.

Wer Kunst und Tugend wählt / die schöne zwey / zu lieben /

Muß in Kunst-Tugend auch erwählen sich zu üben.

Sie zeigt sich durch ein Werck gelehrter Schrifften an:

Da sieht man / wer sie ist / und was sie endlich kan.

Ihr / Dorus / zeigt uns das / durch euer Schönheits-Stralen /

Muß uns ein Pinsel hier ein kluges Hertze mahlen.

Die Schrifften aber sind die Zeugen Euer Kunst /

Die Euch den Ruhm erwirbt / und grosser Herren Gunst.

C.D.L.V.N.
[4]

Quelle:
Maria Katharina Stockfleth: Die Kunst- und Tugend-gezierte Macarie, 2 Bände, Band 1, Nürnberg 1669, S. IV4-V5.
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