II

Preißwürdigster Dorus!

1.

[28] Was will sich der Kunst vergleichen?

Was kan ihren Pracht erreichen?

Was giebt einen solchen Schein?

Wo uns Kunst und Tugend führet /

Alles eitle sich verlieret /

Nichts kan da verdunckelt seyn.


2.

Ihr / mit unsern Blumen-Orden

Seyt der Kunst verschwestert worden /

Strom-weiß sie bey euch erquillt:

Da sie tröpfelt bey den andern /

Die zwar mit den Sinnen wandern /

Noch so hoch / als ihr bezielt.


3.

Solche haben zwar den Willen:

Aber diesen zu erfüllen /

Und die That zu stellen dar /

Hindert / daß sie nicht erwägen

Ihr so grosses Unvermögen /

Das doch zu erwägen war.


4.

[28] Wann auf Wünschen folgt erlangen /

Auf Begehren das Empfangen /

Wann auf Seufftzen folget Ja:

Wär auch deren Wunsch gestillet /

Ihr Begehren wär erfüllet /

Und die Frucht des Seufftzens da.


5.

Selbst auch ich / (könt ich erreichen

Euren Sinn /) wolt mich vergleichen

Euch und eurem edlen Geist;

Den eur Buch mit Loben führet /

Welches euch mit Ewig zieret /

Und vor alles herrlich preist.


6.

Aber weil das Werden spielet

Nicht so / wie das Wünschen zielet:

Bleibt der Wunsch gleich einem Wind /

Welcher ohne Frucht versteubet /

Und sich in die Lufft verleibet /

Da er endlich gar verschwindt.


7.

Dennoch will ich mich befleissen /

Weil ich Sylvia soll heissen /

In der Künste-Hirten Schaar:

Daß ich mich der Lust vermähle /

Die ich durch Kunst-Tugend wehle.

Und du Himmel mach es wahr.


So wünschet und ehret

Sylvia.[29]

Quelle:
Maria Katharina Stockfleth: Die Kunst- und Tugend-gezierte Macarie, 2 Bände, Band 1, Nürnberg 1669, S. XXVIII28-XXX30.
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