5. Der Harz

[37] 3. Januar 1773.


Herzlich sei mir gegrüßt, wertes Cheruskaland,

Land des nervichten Arms, und der gefürchteten

Kühnheit, freieres Geistes,

Dann das blache Gefild' umher!


Dir gab Mutter Natur, aus der vergeudenden

Urne, männlichen Schmuck! Einfalt und Würde dir!

Wolkenhöhnende Klippen,

Donnerhallende Ströme dir!


Im antwortenden Thal wallet die goldene

Flut des Segens, und strömt in den genügsamen

Schoß des lächelnden Fleißes,

Der nicht kärglich die Garben zählt.


Schafe weiden die Trift; auf der gewässerten

Aue brüllet der Stier, stampft das gesättigte

Roß; die bärtige Ziege

Klimmt den zackigen Fels hinan.


Wie der schirmende Forst deinen erhabenen

Nacken schattet! Er nährt stolzes Geweihe dir!

Dir den schnaubenden Keuler,

Der entgegen der Wunde rennt!


Dein wohlthätiger Schoß, selten mit goldenem

Fluche schwanger, verleiht nützendes Eisen uns,

Das den Acker durchschneidet,

Und das Erbe der Väter schützt!
[38]

Dir giebt reinere Luft, und die teutonische

Keuschheit, Jugend von Stahl; moosigen Eichen gleich,

Achten silberne Greise

Nicht der eilenden Jahre Flucht!


Dort im wehenden Hain wohnt die Begeisterung!

Felsen jauchzten zurück, wann des Bardiets Orkan

Edelthaten der Vorzeit

Und die himmlische Freiheit pries.


Und dein Hermann vernahm's: Sturm war sein Arm, sein Schwert

Wetterflamme! Betäubt stürzten die trotzigen

Römeradler; und Freiheit

Strahlte wieder im Lande Teuts!


Doch des Biedergeschlechts sklavische Brut verbarg

Hermanns Namen in Nacht; bis ihn (auch er dein Sohn!)

Klopstocks mächtige Harfe

Sang der horchenden Ewigkeit!
[39]

Heil, Cheruskia, dir! Furchtbar und ewig steht,

Gleich dem Brocken, dein Ruhm! Donnernd verkünden dich

Freiheitsschlachten, und donnernd

Dich unsterblicher Lieder Klang!


Quelle:
Deutsche Nationalliteratur, Band 50,2, Stuttgart [o.J.], S. 37-40.
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