An Flordespina

[72] Wohl türmen andre nach durchfochtnen Kriegen

Zur Ehrensäule stolze Architraven:

Ich wölbe jauchzend meinem Unterliegen

Den Siegesbogen jubelnder Oktaven;

Wohl singen andre von der Freiheit Siegen:

Ich sprühe Hymnen, weil ich ward zum Sklaven,

Ausflutend in melodischer Entzückung

Den ganzen Wonnesturm der Herzbedrückung.


Ja, Deinen Siegestempel will ich bauen

In kühner Säulenordnung der Terzine,

Will in Sonetten meine Tränen tauen,

Der Lieblingsmundart treuer Paladine;

Entreißen will ich diesen Erdenauen

Den Abglanz Deiner Gottheit, Flordespine!

Dich rollen auf Akkorden von Toskana

Ins bunte Wogenschloß der Fee Morgana.


Schon liegt am Strand der Kahn, der Dich empfange.

Drum kost das Meer im zauberhaften Tone,

Das Segel bläht sich unterm Windesdrange,

Das Wimpel flattert von des Mastes Krone;

Das Ruder schlägt die Flut im Wechselsange

Und schwatzt Geschichten vom Dekamerone,

Das Reich der Wasser glimmt in Rosenflammen,

Und Meer und Äther schwimmt im Klang zusammen.


Du aber selbst! Du bist die Fee Morgane,

Die dieses Feuer purpurfarb entzündet,

Den Hauch der Luft, den Wogenschlag am Kahne

In Wort und Reim zur Harmonie gegründet;

Du schöne Herrscherin der Ozeane,

Die Meere zähmt und Stürmen Rhythmus kündet,

Du segle fliehend aus dem Reich der Prose

Mit mir zum Blumenstrand der Südlandsrose.

Quelle:
Moritz von Strachwitz: Sämtliche Lieder und Balladen, Berlin 1912, S. 72-73.
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