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[492] Im Innern der Osenberge hausen Erdmännchen, oder, wie das Volk sagt, Erdmünnken, die in alten Zeiten vielfach mit den Menschen verkehrten. Sie kamen des Nachts in das[492] Wirtshaus zum Streek, zapften sich Bier und tranken nach Herzenslust, aber sie bezahlten alles ehrlich, und der Wirt, dem die Erdmännchen überhaupt Segen brachten, fand des Morgens die Zeche in den leeren Bierkrügen. Die Erdmännchen hatten eine Königin namens Fehmöhme. Diese war die schöne Frau, welche dem in den Osenbergen verirrten Grafen Otto aus dem Wunderhorn den Trank bot. Als der Graf mit dem Horn davon geritten war, eilte sie ihm nach; aber die Anstrengung des Laufens und der Kummer über den Verlust ihres Kleinodes tötete sie. Als in der folgenden Nacht im Wirtshause zum Streek die Erdmännchen wieder Bier tranken, hörte der Wirt plötzlich in seinem Hause rufen: »Fehmöhme is dod!« Eine andere Stimme antwortete klagend: »Is Fehmöhme dod, so is mine Möhme ok dod!« Unter allgemeinem Jammer entfernten sich die Männchen und haben sich nie wieder dort sehen lassen. Die Erzählung scheint etwas durch die Litteratur beeinflußt; folgende Fassung ist unmittelbar aus dem Volksmunde: Auf dem Einzelhofe Grashorn bei Dingstede erschienen früher häufig die Erdmännchen aus den Osenbergen und naschten und stahlen, namentlich liebten sie das Bier. Man ließ sie gewähren und störte sie nicht, auch wenn man sie hörte, denn im Ganzen brachten sie doch, trotz ihrer Mausereien, dem Hofe Glück, und man fürchtete sich, sie zu erzürnen. Einmal in der Nacht hörten die Bewohner des Hauses wieder ein Rumoren, wie es die Erdmännchen zu treiben pflegten, aber plötzlich ertönte eine Stimme: »Fehmöhme is dod!« dann antwortete eine andere Stimme: »Is Fehmöhme dod, so is mine Möhme ok dod!« und nun polterte und rumorte es noch stärker, bis endlich alles still ward. Die Erdmännchen waren abgezogen, hatten aber einen kleinen Kessel von besonderer Arbeit zurückgelassen. – Unmittelbar aus dem Volksmunde ist auch folgende Fassung: Der Bauer von Grashorn war einmal nach Oldenburg gewesen und kehrte unterwegs im Sandkruge ein. Hier erzählten ihm die Wirtsleute einen sonderbaren Vorfall; in der verflossenen Nacht sei nämlich plötzlich eine Stimme vernommen, die habe gerufen: »Fehkmöhme is dod!« und dann sei ein lautes Klagen vieler Stimmen gefolgt. Als der Bauer nach Hause kam, erzählte er seinen Leuten wieder, was ihm der Sandkrüger mitgeteilt. Kaum hatte er im Laufe der Rede die Worte: »Fehkmöhme is dod!« gesagt, als in seinem eigenen Hause eine Stimme[493] laut wurde, die rief: »Is Fehkmöhme dod, so is mine Möhme ok dod!« Dann begann ein Rumoren und Poltern etc. Der Name Feh- oder Fehkmöhme ist sicher: sorgfältige Nachforschungen bestätigen ihn. Wegen der Ausrufungen vergl. 220d, k.

Quelle:
Ludwig Strackerjan: Aberglaube und Sagen aus dem Herzogtum Oldenburg 1–2, Band 1, Oldenburg 21909, S. CDXCII492-CDXCIV494.
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