631. Waterpeter und Waterhinnerk.

[485] In gans olen Tiden weer dar mal'n riken Eddelmann, de harr man een Kind mit sin Fro, un dat weer'n Därn. As de nu ut de Wege herut weer, sä de Eddelmann to sine Fro: »Weestu wat, use Därn schall gar nich weten, dat dar twederlei Slacht Lüde up de Welt sünd, nämlich Mannslüde und Froenslüde.« Erst do wull sine Fro dar nicks van weten, man tolest sä se doch van ja. Nu harr de Eddelmann so'n littjen Sommersloß, wo he towilen'n Tid lank in'n Sommer mit sin Fro wahnen deh, dar brochde he sine Dochder hen mit'n dree veer Froenslü, de är uppassen schullen un dat se Tidverdrief harr. De Dochder weer awers erst'n dree veer Jahr old, as se darhen keem, un wuß van ären Vader un Moder nonnich väl to vertellen. Un wenn de Nawerslüde den Eddelmann fragen dehn: »Wo geit't jo Dochder denn noch?« denn sä he ümmer: »Ja, ick glow van god, de heww ick gans wegschickt na mine Verwandten hen, dar schall se wat lären.« Awers dat wahrd nich lange, do wussen't de Lü all mitnanner all rech god, wo he mit sin Dochder bläben weer.

Den Eddelmann sin Naber dat weer'n Snider, de harr man een Jung mit sin Fro, de weer'n paar Jahr oller as den Eddelmann sin Dochder. Den Sniderjung sin Vader sä vaken to sin Fro: »Wenn use Jung erst grot is, kann he use Nawersdochder hüraten.« »Och du Narr«, sä se denn to em, »wat lestu di infallen, dar ward nicks van.« »Kumm an, wat gelt de Wedde?« sä he denn, »wenn use Jung ute Schol un kumfermeert is, denn will ick em erst'n bäten dat Snidern lären, un denn wewi sehn, wo't wider geit.« As de Jung ute Schol un kumfermeert weer, do lärd em de Ol erst'n bäten dat Snidern, un as dat god gunk mit em, do vertellde sin Vader em de gansse Geschichte, wat se mit em vör harren un wo he sin Glück noch maken kunn, »awers du mußt slo wäsen, anners kann't nich helpen.« 'n paar Jahr wider hen sä den Sniderjung sin Vader to sin Jung: »Nu geistu bi, treckst di as junge Därn wat an, kämmst dine Haar 'n bäten nett, as 'n Froensminsk tokummt, un geist denn mal na den Eddelmann hen un fragst em, off he nich'n Putzmakersche bruken kunn.« So geseggt, so gedahn. Erst sä de Eddelmann: »Och nä, dar kann woll nicks van wärn«, awers sin Fro harr der woll Mot to, un är Mann leet sick besnacken, un wurren um den Lohn glieks klar.[486]

Nu gefullt dat den Eddelmann gans mächtig, dat de Putzmakersche ok so schön neien und stricken kunn, un sä to sin Fro: »Wenn dat use Därn doch ok man kunn.« »Och, dar is jo Rat to,« sä de Fro un fragd de Putzmakersche, off se dat äre Dochder ok man lären wull. »Ja, van Harten gärn, wo is jo Dochder denn?« fragd de Putzmakersche. De Eddelmann un sin Fro wullen der erst gar nich mit herut, man tolest säen se, wenn se god swigen kunn, denn wullen se't är seggen, un vertellden är denn nu dat Geheimnis mit äre Dochter: »Awers um Gottswillen nich to är seggen, wenn se dar erst is, dat'r twederlei Slacht Minsken up de Welt sünd, nämlich Mannslüde und Froenslüde.« »Gott bewahr«, sä de Putzmakersche, »dar hefft man kin Angst vör, denn van Mannslü hol ick ock nich väl van.« Dat he awerst sülwst 'n Snider weer un är Dochder gärn hüraten wull, dar sä he är lange nicks van. »Süstu woll, dat't god geit?« sä de Sniderjung sin Vader to sin Fro, »du menst ümmer, dat genk nich, awers use Jung, dat is 'n Slokopp, un hett noch mehr Glück as Verstand.« Awerlanks fragd de Eddelmann den Snider, wo sin Jung weer, »ick hebb' em kortens jo gar nich sehn?« »Ah, de is in de Frömde un mutt noch watt lären« – un weer bi em sülwst im Huse, man wat wurd em de Tid lang, ehr he na den Eddelmann sin Dochder henkeem. Doch nich lange, so muß de Knecht de Pär anspannen, de Eddelmann treck sich as 'n Froensminsk wat an un settde sick mit sin Fro un de Putzmakersche uppen Wagen un fahrde sülwst, un nu genk 't 'r in vullen Galopp na to.

Awers wat makde de Sniderjung förn paar Ogen, as he de Därn tom ersten Mal wedder to sehn kreeg, so moje weer se, un weer em ganz vorbiwussen. Nu vertellde är Moder är denn, dat se är dar 'n nee Gesellschaftersche bringen wullen, un dat de allens so verstunn, Putzmaken, Neien un Stricken, un dat schull se nu ok lären; »awers du mußt god annehmen, anners geit' nich, denn se kost us väl Geld.« »O ja, Moder«, sä de Dochder, »dat will ick ok, awers wo lange schall de hier denn bliwen?« »Ah«, sä de Moder, »wenn ji jo god verdrägen könt, denn is't mi enerlei, wo lange.« Darmit fahrden se wedder weg un meen', dat heilige Graff weer woll verwahrt.

Man dat dur'de kin Jahr, do keem den Eddelmann sin Dochder in de Wäken un kreeg twee littje Jungens. »Wat[487] nu för Rat«, sä de Sniderjung, »verlopen kannst du't nich god, denn verloppst du all dinen Lohn, un bliwen droffst du ok nich.« Nu beratslagden se all mitnanner hen un här un wussen nich, wo se mit de Kinner bliwen schullen, denn de Eddelmann druff dat jo um Gottes willen nich weten, anners weeren se der all slimm an, awerhaupt de Putzmakersche, un de muchden se dar all so god verdrägen, un den Eddelmann sin Dochder apartig wull är gar nich wedder missen. Tolest kemen se öwereen, se wullen de beiden Kinner in'n littjen Kasten dohn, un'n Bref un hunnert Daler derbi, un den Kasten wegbringen. Un so makden se't denn ok. Se kregen de beiden Jungens in'n Kasten, bi jeden Jung hunnert Daler un'n Bref derbi, brochden se upn Abend in de Dunkeree nan Water, wat dar nich wit van weer, un leten se in Gottes Namen driwen un dachden, är schull woll well finnen. So keem up är Sloß alles wedder in Rege, de Eddelmann wurd'r nicks van gewahr, un sünd dar noch lange tosam wäsen, bet dat se all mitn anner dot bläben sünd.

Un nu wewi sehn, wo't mit de Jungens gahn hett in 'n Kasten up't Water. Den Morgen darup fahrt dar 'n olen Bur hen na de Möle un sutt den Kasten upt Water stahn. He hollt still un denkt, schast doch mal sehn, wat darin is. As he den Kasten apen mak', wuß he nicht, wat he to sehn kreeg, settd' den Kasten mit de beiden Kinner upn Wagen, wend' um un fahrd' wedder hen na Hus. »Moder, Moder, wat heww ick dar funnen, 'n Kasten mit twee littje Kinner«, denn sülwst harr he kin Kinner mit sin Fro. »Awers wo wewi de grot krigen?« sä se. »Ick will mal hen na usen Scholmester gahn«, sä he, »den sin Kind is vörn vertein Dage erst sturwen, de schall se woll nehmen.« He genk los un nehm den Bref mit, denn läsen kunnen se alle beide nich. As de Scholmester den Bref läsen harr, sä he, he schull em de Kinner man so härbringen, as he se funnen harr, denn wullen se um de Handel woll klar wärn. In den Bref harr nämlich stahn, dat in den Kasten dat Geld weer, dar wuß de Bur awers nicks van. De Bur genk flink hen na Hus, vertell' sin Fro, dat de Scholmester de Kinner woll hebben wull, nehm den Kasten mit de beiden Kinner upn Nacken un genk in Freuden darmit nan Scholmester to. Se akkorderden um dat Lohn und weren bold damit int Reine. »Ah«, sä de Bur, »de ok Geld nog harr, dat schall mi upn Daler nich stäken, wenn du[488] se man god uppaßt.« »Dar lat mi för sorgen«, sä de Scholmester. Denn in den Bref stund ok in, wenn de Kinner well finnen schull, so schull he se god uppassen, un denn kunn he alle Jahr in dat Dörp un dat Hus bet ton veerteinsten Jahre tweehunnert Daler halen. Dar sä de Scholmester den Bur awers nicks van, denn he weer sülwst man'n armen Deuwel, un de ole Bur harr Geld nog.

Nu mussen de Jungens ok bold'n Nam hebben, un nüms wuß, wo se heten schullen. Se beratslagden dit un dat, bet tolest de Scholmester to den Bur sä: »Schall ick di seggen, wo se heten möt?« »Na, wo denn?« sä de Bur. »Du hest se jo beide upt Water funnen, un är Öllern sünd us unbekannt; de ene mot Waterpeter un de anner Waterhinnerk heten.« »So is't recht«, sä de Bur, »un so schall de Pastor se ok döpen.« Den ersten Sonndag darup weer de Kinndöp, de Bur mit sin Fro un de Scholmester mit sin Fro stunnen to Gevatter, un wurren se dofft, as de Scholmester seggt harr.

De Kinner bleben gesund, kunnen god lären un bleben so lange bin Scholmester, bet se ute Schol weren, und de Scholmester hal' alle Jahr sin tweehunnert Daler, as dat in den Bref schräben stund, un sin Kostgeld van den Bur, un de Lü wunnern sick all, dat de Scholmester so up de Bene kem, un vörher harr he doch nicks hatt, man se wussen nich, dat he up so'n Art bi dat Geld keem. As de Jungens nu kumfermeert weren, do vertell' är de Scholmester, wo he bi är kamen weer, un dat de Bur är van'n Dode rett harr: »Awers nu kann ick jo nich god mehr bruken« – denn nu weer dat Geld halen verbi. Darup gengen se hen na ären olen Bur un wullen dat Burwesen lären, denn se hörden em jo as Kinner an, un den Bur weer't leef. Man as se 'n paar Jahr bi den olen Bur wäsen weren, wull är dat nich rech mehr gefallen, denn to de Arbeit harren se kin Mot to, un säen to em: »Wi willt lewer en Handwark lären, dar heiwi bäter Lust to.« »Ja, wenn't nich anners kann, wat schall ick dar denn bi maken?« sä de Bur, »wat weji denn lären?« Se harren sick entslaten un wullen beide Jägers wärn. Darmit weer de Bur denn ok tofräen, leet är jeder grün Jägertüch maken, deh är de Taschen vull Geld, un darmit gengen se los, säen em un sine Fro adjü, bedankden sick för alles Godes »un so bold as wie könt, wewi schriben, wo wi sünd un wo't us geit.«[489]

(Der weitere Verlauf des Märchens ist in der Hauptsache wie bei Grimm Nr. 60, S. 314 ff., und hat keine abweichenden Züge von wesentlicher Bedeutung. Der Hauptheld ist Waterpeter, der zum Dank für eine milde Gabe von einem alten gebrechlichen Weibe einen Glückssäckel, eine Flinte, die immer trifft, und einen Säbel, der alles zerhaut, und außerdem einen Löwen, einen Bären und einen Wolf als Diener erhält. Der Drache, den er tötet, hat zwölf Köpfe. Im übrigen ist unser Märchen nicht abweichend, aber ärmer. Die Aufzeichnung stammt aus dem Eversten bei Oldenburg.)

Quelle:
Ludwig Strackerjan: Aberglaube und Sagen aus dem Herzogtum Oldenburg 1–2, Band 2, Oldenburg 21909, S. 485-490.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Aberglaube und Sagen aus dem Herzogtum Oldenburg
Aberglaube Und Sagen Aus Dem Herzogtum Oldenburg (Paperback)(German) - Common
Aberglaube und Sagen aus dem Herzogtum Oldenburg: Erster Band

Buchempfehlung

Schnitzler, Arthur

Das neue Lied und andere Erzählungen 1905-1909

Das neue Lied und andere Erzählungen 1905-1909

Die Sängerin Marie Ladenbauer erblindet nach einer Krankheit. Ihr Freund Karl Breiteneder scheitert mit dem Versuch einer Wiederannäherung nach ihrem ersten öffentlichen Auftritt seit der Erblindung. »Das neue Lied« und vier weitere Erzählungen aus den Jahren 1905 bis 1911. »Geschichte eines Genies«, »Der Tod des Junggesellen«, »Der tote Gabriel«, und »Das Tagebuch der Redegonda«.

48 Seiten, 3.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Spätromantik

Große Erzählungen der Spätromantik

Im nach dem Wiener Kongress neugeordneten Europa entsteht seit 1815 große Literatur der Sehnsucht und der Melancholie. Die Schattenseiten der menschlichen Seele, Leidenschaft und die Hinwendung zum Religiösen sind die Themen der Spätromantik. Michael Holzinger hat elf große Erzählungen dieser Zeit zu diesem Leseband zusammengefasst.

430 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon