297.

[44] Nach Neujahr und bis heil. drei Könige ist das Wandern mit einem Sterne an vielen Orten gebräuchlich. Im Saterlande und Jeverlande hat man statt des einen Sterns auch wohl den Soebenstern, eine Nachahmung dieses Gestirns von Papier oder eine Art Haspel, die man sich drehen läßt. Auf Wangeroge zog man am Abende von heil. drei Königen mit einen Herodeskasten umher. Fünf Männer hatten sich verkleidet, drei ganz weiß, das waren die Weisen aus dem Morgenlande, einer mit einer roten Schlafmütze, das war Herodes, und einer ganz schwarz mit einem langen Barte von Schiffswerg. Bei sich führten sie einen Kasten in welchem fünf Puppen waren, ebenso gekleidet wie sie selbst, und wenn der Kasten gedreht wurde, kam Herodes an das Fenster und steckte seinen Kopf heraus. So zogen die Männer bei den Häusern um und sangen und wurden bewirtet. (Ehrentraut, Fr. Arch. II S. 12.)

Mit einem an einem Stabe angebrachten geschmückten Rade, das einen Stern vorstellen sollte, gingen in Bösel die jungen Burschen von Haus zu Haus am Abende vor Dreikönigen oder am Feste selbst. Beim Eintritte wurde das Rad bald nach rechts, bald nach links gedreht und dabei gesungen:


Es zogen drei Weise wohl aus Martein (?)

In dreizehn Tagen fünfhundert Meil.

Sie zogen wohl in Herodes sein Land,

Herodes war ihnen ganz unbekannt.

Wir wünschen dem Herrn ein glückseliges Neujahr!

Übers Jahr einen Sohn mit gelbem Kraushaar,[44]

Wir wünschen der Frau ein glückseliges Neujahr!

Übers Jahr eine Tochter mit schwarzem Kraushaar.


War eine Magd im Hause, so wurde hinzugefügt:


Wir wünschen der Magd ein glückseliges Neujahr!

Dat se mit 'n Schötteldauk ut 'n Schornstein utfahr.


In Lindern sangen die Knaben oder jungen Leute beim Umzuge:


Es kamen drei Weise aus dem Morgenland,

Sie kamen vor Herodes sein Haus.

Herodes sprach: Wer ist davor?

Der Schwarze ist uns wohlbekannt,

Es sind drei Weisen aus dem Morgenland.


Stern, du mußt nicht stille stehn,

Du mußt mit uns nach Bethlehem gehn,

Bethlehem ist die schöne Stadt,

Wo Maria mit dem Kinde lagt.

Wir fallen alle drei auf unsere Knie

Und beten an das Kindlein hie.

O kleines Kind, o großer Gott,

Der Himmel und Erde erschaffen.


Zum Schlusse:


Ihr habt uns eine Belohnung gegeben,

Der liebe Gott lasse euch lange leben,

In Friede und in Einigkeit,

Er gebe Euch die Glückseligkeit.


Langförden:


Jetzt treten wir ins Haus hinein,

Im Namen des lieben Jesulein,

Im Morgenland, da scheint ein Stern,

Den wollen die lieben Weisen lern'.

Die Weisen, die zogen wohl aus und ein,

Sie zogen 5 Tage 500 Meil.

Sie zogen wohl durch Herodes sein Land,

Herodes war ihnen unbekannt.

Herodes fragt aus falschem Sinn,

Wo wollet ihr lieben Brüder hin?

Nach Bethlehem steht unser Sinn,

Da wollen wir lieben Brüder hin,[45]

Der Stern stand stille wohl über dem Haus,

Und was wir suchen, das finden wir auch.


Das letzte »Wir suchen« geht auf die Sänger und Kollektanten, die beim suchen und finden an die Spende denken.

Die Verse haben Lücken, aber überall derselbe Gedanke, oft dieselben Sätze. Ohne Zweifel hat man es mit einem nach Zeit und Ort verstümmelten uralten Kirchenliede zu tun, dem hier und dort von einem Bauernpoeten (Bösel usw.) Zusätze gegeben wurden. – Die in Damme und Umgegend zu Neujahr und Dreikönigen von der umziehenden Jugend gesungenen Lieder siehe 326b. – In der friesischen Wede war es noch in den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts Sitte, daß drei Männer in weißen Mänteln, die von Gürteln gehalten wurden, mit phantastischer Kopfbedeckung, große goldene Sterne auf der Brust tragend, auf Dreikönigen von Haus zu Haus gingen und sangen. Der eine trug einen Hirtenstab, die beiden andern Lanzen mit Stern.

Quelle:
Ludwig Strackerjan: Aberglaube und Sagen aus dem Herzogtum Oldenburg 1–2, Band 2, Oldenburg 21909, S. 44-46.
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