Scena 12.

[87] Julius Antonius.


JULIUS. (Mein Diener wird den Brieff allbereith übergeben haben. Die Liebe, die so brennende Liebe hat mich gelehret, auch wieder meines Vatters Gebott denjenigen zu schützen, von deßen Gütte ich meine holdseeliche Tulia zu bekommen hab. Nun wird sie ihre Grausamkeit in eine Sanfftmuth verkehren müsßen, weil sie meine Unschuld sattsam erkehnen wird. – Aber ô Himmel! mein Vatter allhier, und zwar vertieffet in einen Brieff.)[87]

MARCUS. (Ich verstehe es, allein all dein Rath und Warnung soll vergebens seyn.)

JULIUS. (Ich will mich ihm nähern; doch was für eine Furcht beginet mich anzugreifen? Eh, es seye gewagt!) Geliebter Herr und Vatter – –.

MARCUS siehet ihm trozig an.

JULIUS. (Himmel! was will dieses bedeuten?) Ich kome denselben meine völlige Genesßung zu entdecken.

MARCUS. Bistu genesßen und hast kein Hertzklopfen?

JULIUS. (Ich verstehe dieses Rätzl nicht.) Nein, gnädiger Herr Vatter.

MARCUS. Ungeratener Sohn!

JULIUS. Wormit hab ich dann meinen Vattern beleidiget?

MARCUS. Fragstu noch, und saget dir solches nicht dein selbsteignes Gewisßen?

JULIUS. Mein Gewißen ist rein und weis von keiner Befleckung.

MARCUS. Hintergehe mich nicht, oder es kostet dein Leben!

JULIUS. (Solt er villeicht umb den Brieff wißen? Doch dieses glaub ich nicht.) Der Herr Vatter beliebe mir mein Verbrechen nur zu entdecken, dann ich weis mich in keinen schuldig.

MARCUS. Böswicht! Kennestu diese Buchstaben?

JULIUS. (Ô Himmel, ich bin verlohren!)

MARCUS. Warumb erschröckestu? Andwortte, kennestu sie?

JULIUS. (Ich weis nicht, was ich sagen soll.)

MARCUS. So du rein in deinen Gewisßen, so erschröcke nicht und andwortte.

JULIUS. Ia – – ia – – ich kenne sie.

MARCUS. Kennestu sie, und wesßen sind sie?

JULIUS kniet. Ach, ich bitte umb Gnadt!

MARCUS. Ô unverschämter Lügner, unterstehestu dich denjenigen zu wahrnen, dem ich verfolge?

JULIUS. Die Liebe, so ich zu – – –.

MARCUS. Schweige, ich kenne deine schändliche Liebe, so du zu Tulia tragst, ich weis aber auch, daß du mein Sohn bist. Entweder höre auf, fehrner zu lieben, oder lege ab den Nahmen meines Sohns. Heist dieses zur Aufferbeilichkeit deines Vatters gearbeithet, da du anderer Heil beförderst, lasterhafter Sohn? Deine Straffe folget dir auf den Fus,[88] es soll noch heute du und deine Liebe erkalten. Holla, Bediente! Es kommen etliche Rathsbediente. nehmet ihm alsobald und werffet ihm in ein wohlverwartes Gefängnus bis auf meinen weiteren Befehl. Aldorten soll dir daß Licht des Vernunffts zu deiner Quall aufgehen, alwo du kein Liecht sehen wirst.

JULIUS. Ich bitte – – –

MARCUS. Kein Wortt! Man vollzihe meinen Befehl.

JULIUS. Hab ich dann sosehr gemüshandlet, da ich die Unschuld beschüzet?

MARCUS. Die Unschuld, sagstu? Der mich zu vertilgen sucht, der mir zum Spott und Trotz diejenige gerechtfertigt, die ich verdame, und unschuldig sagstu? Ô verrätherischer Hund, was haltet mich, daß ich dir nicht mit eigner Handt den Hals zerbreche? Man bringe ihm aus meinen Gesicht, oder mein gerechter Zorn mus sich über ihm ergüssen.

JULIUS. Ich entweiche deinen Zorn, aber der Himmel wird mich zu schützen wißen.

MARCUS. Gehe nur, unbesonener Sohn, und verbleibe in den Kercker, ich aber werde mich alsobald mit meinen Getreuen verfügen, den unwürdigen Verachter meiner Gesetze aufzusuchen. Cicero soll mir nicht entrinnen, und solte er auch ein Prometeus sein, der sich in 1000 Gestalt verwandlen kan. Ich flihe, ihm allenthalben aufzusuchen. Ab.


Quelle:
Wiener Haupt- und Staatsaktionen. 2 Bände, Band 1, Wien 1908 und 1910, S. 87-89.
Lizenz:
Kategorien: