Scena 3.

[72] Tulia und Emilia alß Amazoninen mit einen Spieß in der Handt.


TULIA. Mit wem redestu also höfflich? Zu Hanß Wurscht.

HANSS WURSCHT. Meinetwegen könet ihrs selber sein, wann ihr mich vor einen Narren halten wolt.

EMILIA. Du, seye nicht so vermesßen, sage, wann haben wir mit dir etwas zu thun gehabt?

HANSS WURSCHT. Seyd dann ihrs nicht gewest, die mich vor einen Narren gehalten?

TULIA. Waß haben wir mit dir? Wir sind unserer Ergötzlichkeit nachgegangen.

HANSS WURSCHT. Eß ist schon recht, aber gleichwohl soll man einen so bartenten Bieberl nicht die Narren von weiten stechen.

EMILIA. Du bist aberwitzig. Sage mir, hastu gesehen, wie Tulia jenes Hirschenstück gefählet?

HANSS WURSCHT. Ia, ia, ich habs gesehen, ô Jungfrau Tulia, ihr habts Rähe troffen, ich habs visitirt.

TULIA. Und wohin mag ichs wohl getroffen haben?

HANSS WURSCHT. Just dahin, wo ihr einmahl werd troffen werden.

EMILIA. Grober Esel, hastu nicht mehr respect vor einen Frauenzimer? Backe dich aus unsern Augen.[72]

HANSS WURSCHT. Dieses kan ietzt nicht sein, dann mein Herr – – –

TULIA. Und wo ist dann dein Herr? Ich hab ihm allenthalben gesucht.

HANSS WURSCHT. Er ist schon forth.

TULIA. Nach der Stadt?

HANSS WURSCHT. Nein, sein Leib ligt da, wo aber die Seel hin wird sein, daß weis ich nicht.

EMILIA. Wie sagstu?

HANSS WURSCHT. Ia, ia: sterbsit, morexit et nihil dixit.

TULIA. Dein Herr todt?

HANSS WURSCHT. Ia, todt, und da ligt er mit Dreck und Speck. Zeichet auf ihm.

TULIA. Ô Himmel, was erblicke ich!

EMILIA. Ô ihr Götter, stehet uns bey! – Villeicht hastu, Schelm, ihm ermordet?

HANSS WURSCHT. Wann ihr meinet, bringt mich ins Spill, daß ich aufgehenckt wurd. Geht hin und fragt ihm, ob ichs gethan.

TULIA. Ô wehe, Julius todt! So verlange ich auch nicht fehrner zu leben.

HANSS WURSCHT. Weinet nicht, Jungfrau Tulia, komet Beede, ich will Euch helffen; blaset ihm hinten wacker zu, villeicht kombt die Seel wieder hinein.

EMILIA. Gehe, unglückseelicher Diener eines noch unglückseelicheren Herrn, gehe, und lasße uns seinen Todt beweinen.

JULIUS rühret sich.

HANSS WURSCHT. Potz 1000 er hat sich gerührt Gehet hinzu. Herr Julius, stehet aus! Euer Mensch, die Tulia, ist da, stehet auf, oder sie legt sich zu Euch.

JULIUS. Wie geschihet mir, bin ich todt oder lebendig?

TULIA gehet hinbey ihm zu laben nebst Emilia. Erhollet Euch, wertestes Leben, und erfreuet Euere betrübte Tulia.

HANSS WURSCHT. Stehet doch auf, Herr, ihr liget da wie ein fauler Schäfferhundt.

JULIUS. Ach! ach!

EMILIA. (Ich fülle Pein und darff mich nicht entdecken.)

JULIUS. Angebethene Tulia, wertgeschätztes Kleinod meines Herzens, hat mich der Himmel dannoch mit Euerer Gegenwart begnaden wollen?[73]

TULIA. Redet nicht zu viel, mein Leben, damit das Geblüthe nicht noch mehr beweget werde.

EMILIA. (Ich kan mich nicht enthalten ihme einen Dienst zu thun.) Erlaubet, schöne Tulia, daß ich ihm die Wunde mit diesen Tuch verbinde.

TULIA. Unnötige Höfflichkeit, ich bin schon selbst mit einen versehen. Erlaubet, geliebter Julius, daß ich die Wunde indessen mit diesen Tuch verbinde.

EMILIA. (Die Eyffersucht leget mich fast in Todt.)

HANSS WURSCHT. Schad ist es, daß ich nicht auch eine Wunden hab, nur wegen den Verbinden.

JULIUS. Was Danck und Verpflichtung bin ich Euch nicht schuldig, schönste Göttin! Will aufstehen, falt aber wieder zur Erde. Erlaubet, daß ich Euere zartte Händte zur Dankbarkeit küsße.

TULIA. Verbleibet, mein Abgott, spart Euere Höfflichkeit bis zur Genesßung, dann solche Bewegungen sind Euch höchst schädlich.

HANSS WURSCHT. Heilt ihr ihm nur diese Wunden, er wird Euch schon wieder ein andere heillen.

JULIUS. Euere Gegenwarth ist so durchdringendt, daß ich mich fast halb genesßen befinde.

EMILIA. (Und meiner gedenket er niemahlen.) Lasset uns von hinnen gehen, umb ein baar Maulthier mit einer Sänffte heraufzuschicken, welche ihm nacher Rom bringen.

HANSS WURSCHT. Was hat es nötig, daß mau Esel holt? es seyd ja ihr starck genuch.

TULIA. Schweige, Narr, man hat deines Rathes hier nicht nötig.

HANSS WURSCHT. Mehr als bey Hoff, dann dort verschlagt einer den andern. – Potz 1000, schaut, schaut, wie der Herr Cecina daher laufft, als wann er gestohlen hätte.

TULIA. Seine Ankunfft verstehe ich schon, allein er wird sich betrogen finden, so er glaubet eine Gegengunst zu gewinnen. Julius Antonius, lebet wohl, ich flihe diesen Orth, damit ich Euch nicht beleidige. Wollen abgehen.

JULIUS. Verbleibet, ô Schöne! Was wird Cecina zu hoffen haben, so ihr mir die Treu geschworen?

TULIA. Dieses, das Euere Ohren beleidiget; Julius lebet wohl. Tulia ist und bleibt die Eurige. Gehen gantz gemach von ihm.[74]

JULIUS. Der Himmel begleite Euch, schöne Tulia.

EMILIA. (Wie erfreuet bin ich doch, daß ich von diesen Orth kome.)


Quelle:
Wiener Haupt- und Staatsaktionen. 2 Bände, Band 1, Wien 1908 und 1910, S. 72-75.
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