An einen jüngeren Dichter

[97] Ist's mir versagt, mein Tagwerk zu vollbringen,

Soll mir das Licht des Tages bald verschwinden,

Wird mich die Nacht froh und gerüstet finden,

Was ich gewollt wird künftig dir gelingen.


Vertrau den kühnen jugendlichen Schwingen,

Laß nimmer dich von Furcht und Zweifel binden,

Nein, röther muß die Rose sich entzünden,

Ihr duftend Blut durch alle Blätter dringen.


Du kennst den grünen Wald, des Himmels Bläue,

Du hast von seliger Musik getrunken,

Den ewgen Rausch dem goldnen Kelch entnommen,


Du weißt, was uns der große Wahnsinn leihe,

Das Dunkel ist auf immer dir versunken,

Ein unauslöschlich Morgenroth entglommen.

Quelle:
Ludwig Tieck: Gedichte. Teil 2, Heidelberg 1967, S. 97-98.
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