Trauer

[172] Wie rauschen die Bäume

So winterlich schon;

Es fliegen die Träume

Der Liebe davon!

Und über Gefilde

Ziehn Wolkengebilde,

Die Berge stehn kahl,

Es schneidet ein Regen

Dem Wandrer entgegen,

Der Mond sieht in's Thal,

Ein Klagelied schallt

Aus Dämm'rung und Wald;


Es verwehten die Winde

Den treulosen Schwur,

Wie Blitze geschwinde

Verschüttet vom Glück sich die goldene Spur;

O dunkles Menschenleben,

Muß jeder Traum einst niederschweben?
[173]

Rosen und Nelken

Bekränzen das Haupt,

Und ach! sie verwelken,

Der Baum steht entlaubt;

Der Frühling, er scheidet

Macht Winter zum Herrn,

Die Liebe vermeidet

Und fliehet so fern. –


Verworrenes Leben,

Was ist dir gegeben? –

Erinnern und Hoffen

Zur Qual und zur Lust –

Ach! ihnen bleibt offen

Die zitternde Brust.

Quelle:
Ludwig Tieck: Gedichte. Teil 2, Heidelberg 1967, S. 172-174.
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