Sechzehenter Brief.

Heinrich an Wilhelm.

[123] Bester Wilhelm!


Ob du mir gleich noch eine Antwort schuldig bist, schreibe ich dir doch wieder. Ich machte mit dem Papa vor Kurzem eine wichtige Reise nach M***. Es ist eine angenehme, schöne Stadt. Kaum waren wir abgestiegen, so suchte der Papa seine alten Bekannten auf: unter diesen war eine Baronesse, bei deren Vater er einmal in Diensten gestanden hatte. Wir wurden verschiedene male von ihr eingeladen, und recht nobel bewirthet. Er wollte sich nun auch einmal sehen lassen, und miethete einen Wagen, worinn sie auf seine Bitte mit ihm nach einem Landgasthof fuhr, wo er sie so gut traktirte, als nur möglich war.[124]

Ich war auch mit ihnen. Unterweges betrachtete ich die Baronesse recht mit Andacht, und fand sie liebenswürdig. Sie war brünet, höchstens fünf und zwanzig Jahre alt, und voll Feuer. Sie hatte einen vollen, schönen Busen: und da durch die offenen Wagenfenster der Wind zog, flatterte das Halstuch auf eine sehr ergötzende Art.

Dies bewegte mich, und erweckte in mir die sehnlichsten Begierden. Ich stellte mir im Geist ihre wollüstige Krouppe so natürlich vor, daß mir nicht allein die Nille stand, sondern ich-wirklich, schon außer mir selbst, mit dem Hintern wackelte, welches man aber vor der Bewegung des Wagens nicht bemerken konnte. Mein Papa gab auch nicht Acht, weil er mit ihr im Gespräche von vaterländischen Dingen verwickelt war. Wir langten an, und schmauseten, wie gesagt, bis gegen Abend. Der Papa hatte ziemlich viel Wein zu sich genommen, und die[125] Baronesse sich nicht geniret. Diese Umstände benutzt' ich.

Wir fuhren endlich zurück. Der Papa ließ mich diesmal sitzen, und setzte sich rückwärts. Es fieng an zu dämmern, und ich jauchzte schon heimlich, wie ich meine Handgriffe machen wollte; aber ich wäre bei einem Haare übel angerumpelt. Nach gerade fiel im Wagen eine allgemeine Stille. Auf einmal grif ich der Dame so leise in den Schlitz, daß sie es nicht eher fühlen konnte, als bis ich schon am Bauch war. In diesem Augenblick begegnet' ich einer anderen Hand, die die meine ergrif, und sanft drückte. An einem wegen eines Federmesserschnittes verbundenem Finger merkt' ich gleich, daß sie dem Papa gehörte, und zog, sobald er mich los ließ, mit großer Eilfertigkeit wieder heraus. Die Baronesse merkte das Misverständnis so wenig, als der Papa; aber ich war so erschrocken, daß mir Arme und Beine zitterten. Ich bekümmerte[126] mich also nicht, was weiter im Finstern geschah, und war nur froh, daß ich so davon gekommen war.

Unsere Rückreise gieng ganz glücklich von statten. Gegen Mittag kamen wir nach Hause. Die Mama empfieng uns unter der Thüre. Theichen war auch da, that aber ganz kalt gegen mich, wovon ich dir vielleicht nächstens die Ursache schreiben kann. Ich bin übrigens


Dein Heinrich.

Quelle:
Karl Timlich: Priaps Normal-Schule die Folge guter Kinderzucht. [München] [1971], S. 123-127.
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