Die teure Stelle

[95] Die Stelle, wo ich auf verschlungnen Wegen

Begegnete dem wunderschönen Kinde,

Das, leicht vorübereilend mit dem Winde,

Mir spendete des holden Blickes Segen:


Wohl möcht ich jene Stelle liebend hegen,

Dort Zeichen graben in des Baumes Rinde,

Mich schmücken mit der Blumen Angebinde,

Zu Träumen mich in kühle Schatten legen.


Doch so verwirrte mich des Blickes Helle,

Und so geblendet blieb ich von dem Bilde,

Daß lang ich wie ein Trunkner mußte wanken;


Und nun mit allem Streben der Gedanken

Sowie mit allem Suchen im Gefilde

Nicht mehr erforschen kann die teure Stelle.


Quelle:
Ludwig Uhland: Werke. Band 1, München 1980, S. 95.
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