|
[28] Die düstre Nacht ist hin;
Die Sonne kehret wieder.
Ermuntre dich, mein Sinn!
Und dichte Freudenlieder.[28]
Laßt, was mein Herz begehrt,
Auch diesen Tag geschehen,
Ihr Götter, die ihr hört,
Wann fromme Hirten flehen.
Gebt mir ein weises Herz,
Das allen Gram verfluche;
Und mehr den Jugendscherz,
Als Gold und Sorgen suche.
Es rufe nie die Nacht
Den güldnen Tag zu Grabe,
Bis ich mich satt gelacht,
Das ist, gelebet habe.
Schützt Amors frohes Reich
Und auch die frohen Reben;
Daß Lieb und Wein zugleich
Stets iedes Herz beleben.
Wird Bacchum Geiz und List
Mit Wasserbädern schwächen;
Wird stündlich nicht geküßt:
So wollet ihr es rächen.
Nie soll ein artig Kind
Die wilde Strenge lieben.[29]
Nur die nicht artig sind,
Laßt Grausamkeit verüben.
Auch segnet nun den May,
Der manche zärtlich machte;
Daß keine Schöne sey,
Die nicht nach Küssen schmachte.
Wenn mancher, den ihr wißt,
Sich doch verleugnen könnte,
Daß, was ihm unnütz ist,
Er seinem Nächsten gönnte!
Was soll der schwache Mann
Beym jungen Weibgen keichen?
Was er nicht brauchen kann,
Das gönn er meines gleichen.
So müsse meine Brust
Ein ieder Tag entzücken,
Und eine frische Lust
Mit ieder Nacht beglücken!
Bey Mädchen und bey Wein,
Mit Blumen um die Haare,
Will ich euch dankbar seyn,
Im Frühling meiner Jahre.
Ausgewählte Ausgaben von
Sämtliche poetische Werke
|
Buchempfehlung
Drei Erzählungen aus den »Neuen Dorf- und Schloßgeschichten«, die 1886 erschienen.
64 Seiten, 4.80 Euro