I.

[275] Die Reise Freycinet's. – Rio de Janeiro und seine Zigeuner. – Das Cap und dessen Weine. – Die Seehunds-Bai. – Aufenthalt in Timor. – Die Insel Ombay und deren menschenfressende Bevölkerung. – Die Inseln der Papuas. – Auf Pfählen errichtete Wohnungen der Alfurus (Haraforas). – Ein Diner bei dem Gouverneur von Guaham. – Beschreibung der Mariannen und ihrer Bewohner. – Etwas von den Sandwichs-Inseln. – Port Jackson und Neu-Süd-Galles. – Schiffbruch in der Bai Française. – Die Malouinen. – Rückkehr nach Frankreich. – Expedition der »Cocquille« unter dem Befehle Duperrey's. – Martin Baz und Trinidad. – Die Insel St. Katharina. – Die Unabhängigkeit Brasiliens. – Die Bai Française und die Ueberreste der »Uranie«. – Aufenthalt in Conception. – Der Bürgerkrieg in Chile. – Die Araucanier. – Neue Entdeckungen bei den Gefährlichen Inseln (Pomotu-Inseln). – Aufenthalt in Thaiti und Neu-Irland. – Die Papuas. – Rast in Ualan. – Die Caroliner und die Carolinen – Wissenschaftliche Ergebnisse der Expedition.


Die von Louis Claude de Saulces de Freycinet befehligte Expedition kam in Folge der Muße zu Stande, welche der Friede von 1815 der französischen Marine gewährte. Ein unternehmender Officier derselben, der früher schon Baudin bei der Erforschung der Küsten Australiens begleitet hatte, entwarf dazu den Plan und wurde mit dessen Ausführung betraut. Es war das die erste Seereise, welche die Hydrographie nicht als Hauptziel im Auge hatte; sie sollte sich in erster Linie vielmehr mit der Aufnahme der Form der Erdkugel in der südlichen Hemisphäre und mit Beobachtung erdmagnetischer Erscheinungen befassen, weiter mit dem Studium der drei Naturreiche, der Sitten, Gebräuche und Sprachen der Eingebornen; geographische Forschungen dagegen standen, ohne gerade ausgeschlossen zu sein, bei derselben doch erst an letzter Stelle.

Freycinet fand in einigen Officieren vom Sanitäts-Corps der Marine, nämlich in den Herren Quoy, Gaimard und Gaudichaud, tüchtige Mitarbeiter für die Fächer der Naturgeschichte; gleichzeitig zog er eine gewisse Anzahl hervorragender Marine-Officiere zu sich heran, unter denen Duperrey, Lamarche, Bérard und Odet-Pellion die bekanntesten sein möchten. Einer derselben wurde später Mitglied des Instituts; die Anderen stiegen zu den höheren und höchsten Stellen in der Staatsmarine empor.

Daneben ließ Freycinet es sich angelegen sein, nur solche Matrosen auszuwählen, welche auch noch Fertigkeiten in irgend einem Handwerke besaßen, so daß sich unter der einhundertzwanzig Mann zählenden Besatzung der »Uranie«[275] nicht weniger als Fünfzig befanden, die im Nothfalle als Zimmerleute, Seiler, Segelmacher, Schmiede u. dergl. dienen konnten.

Reservegut und Ausrüstungsgegenstände für zwei Jahre, wie sie die vervollkommneten Apparate, deren man sich allgemach zu bedienen anfing, nur liefern konnten, Eisenbehälter zur Aufbewahrung des Trinkwassers und große Kolben zur Destillation des Meerwassers, nebst Conserven und Heilmitteln gegen den Scorbut wurden auf der »Uranie« untergebracht. Am 17. September 1817 verließ das Schiff den Hafen von Toulon, darauf, als Matrose verkleidet, auch die Gattin des Befehlshabers, welche selbst die Gefahren und Strapazen einer so langen Reise nicht zurückzuschrecken vermochte.

Neben jenen, dem täglichen Bedarf dienenden Vorräthen führte Freycinet auch eine reiche Sammlung der besten Apparate und Instrumente mit sich. Von Seiten des Instituts endlich hatte er sehr eingehende Instructionen erhalten, theils bestimmt, ihm als Führer bei späteren Untersuchungen zu dienen, theils auch, um ihn auf diejenigen Fragen hinzuweisen, deren Lösung den größten Vortheil für die Wissenschaften erwarten ließ.

Die »Uranie« ankerte bei Gibraltar und verweilte kurze Zeit bei Santa Cruz, der Hauptstadt von Teneriffa – einer der canarischen Inseln, welche, wie Freycinet bemerkt, für die Expedition keineswegs »Glückliche Inseln« waren, da der Gouverneur derselben jeden Verkehr mit dem Lande verbot – bevor sie am 6. December in den Hafen von Rio de Janeiro einlief.

Der Commandant und dessen Officiere benutzten den Aufenthalt daselbst, um vielfache magnetische Beobachtungen und Versuche mit dem Pendel anzustellen, während die Naturforscher das Land durchstreiften und reiche naturwissenschaftliche Sammlungen erwarben.

Der Original-Reisebericht enthält lange historische Abhandlungen über die Entdeckung und Besiedelung Brasiliens, sowie eingehende Schilderungen über Sitten und Gebräuche der Einwohner, über die Temperatur und das Klima, sogar eine ganz genaue Beschreibung Rio de Janeiros und seiner Bauten und Umgebungen.

Der merkwürdigste Theil dieser Arbeit handelt von den Gitanos (etwa: Zigeuner), welchen man zu jener Zeit in Rio de Janeiro begegnete.

»Würdige Abkömmlinge der Parias von Indien, wo ihr Ursprung unzweifelhaft zu suchen ist, sagt Freycinet, zeichnen sie sich durch lasterhafte Gewohnheiten aller Art und durch Neigung zu jedem Verbrechen aus. Die[276] Meisten besitzen große Reichthümer, entwickeln bezüglich der Kleidung und Pferde, vorzüglich bei den mit größtem Pomp gefeierten Hochzeiten, einen unerhörten Luxus, fühlen sich aber nur wohl unter den wüstesten Schwelgereien oder dem widerwärtigsten Nichtsthun. Sie sind Spitzbuben und Lügner von Natur und stehlen bei allen Handelsgeschäften so viel als möglich; ebenso finden sich unter ihnen die schlauesten und frechsten Schmuggler. Hier, wie überall, wo sich diese widerwärtigen Menschen finden, haben sie stets nur untereinander geheiratet. Sie sprechen mit eigenthümlichem Accent, oder gar einen besonderen Jargon. In Folge einer wahrhaft unbegreiflichen Laune dulden die Behörden diese öffentliche Pest, und in der Nähe des Campo Santa Anna hat man ihnen zwei Straßen völlig eingeräumt.«

»Wer Rio de Janeiro nur am Tage sähe, sagt der Reisende an anderer Stelle, könnte zu dem Glauben verleitet werden, daß dessen Einwohnerschaft nur aus Negern bestehe. Anständigere Leute gehen, wenn sie nicht ganz besondere Veranlassung haben, oder kirchliche Pflichten erfüllen, nie anders als des Abends aus, und auch da zeigen sich meist nur die Frauen; tagsüber bleiben sie fast stets zu Hause und theilen ihre Zeit zwischen dem Schlaf und der Toilette. Theater und Kirchen sind die einzigen Oertlichkeiten, wo man sich ihrer Anwesenheit erfreuen kann.«

Die Ueberfahrt der »Uranie« von Brasilien nach dem Cap der Guten Hoffnung ging ohne bemerkenswerthen Zwischenfall von statten. Am 7. März ging sie in der Tafel-Bai vor Anker. Nach dreitägiger Quarantaine gestattete man den Seefahrern, an's Land zu gehen, wo ihnen seitens des damaligen Gouverneurs, Charles Sommerset, ein ausgezeichneter Empfang bereitet wurde. Die Instrumente schaffte man nach Auffindung eines für die Arbeiten geeigneten Locales sofort an's Land. Nun begannen ohne Aufenthalt die gewohnten Pendelversuche und die Beobachtungen der Magnetnadel von Neuem.

Die Naturforscher Quoy und Gaimard unternahmen, in Begleitung mehrerer Officiere, einen wissenschaftlichen Ausflug nach dem Tafelberge und nach den weit berühmten Weingärten von Constancia.

»Die Weinculturen, durch welche wir kamen, sagt Gaimard, sind von Eichen- oder Fichtenalleen eingeschlossen, und die vier bis fünf Fuß von einander in geraden Linien gepflanzten Rebstöcke werden hier nicht durch Pfähle gestützt. Man beschneidet jene und hackt den umgebenden Boden alljährlich tief auf. Da und dort sahen wir Feigen-, Aprikosen-, Apfel-, Birnen- und Citronenbäume[277] in Menge, und dazwischen kleinere Beete mit Küchengewächsen. Bei unserer Rückkehr bestand Mr. Colyn darauf, daß wir alle Weinsorten, welche er erbaute, kosten sollten, darunter den sogenannten eigentlichen Constancia-Wein, in weißer und rother Sorte, ferner seinen Pontac, Steinwein und den Frontignac. Der Wein von anderen Lagen, den man als »Capwein« bezeichnet, wird aus dunkel strohgelben Muscatellertrauben gewonnen und schien, meinem Geschmacke nach, den Muscateller der Provence an Güte zu übertreffen. Ich erwähnte eben zwei Abarten Constancia-Wein: den weißen und den rothen; beide stammen von Muscatellertrauben verschiedener Farbe her... Am Cap selbst giebt man gewöhnlich dem Frontignac vor allen anderen Sorten, die auf den Weinbergen von Constancia wachsen, den Vorzug.«

Genau einen Monat, nachdem sie die Südspitze Afrikas verlassen, ging die »Uranie« in Port-Louis auf Isle de France, das seit dem Vertrage von 1815 unter englischer Herrschaft stand, vor Anker.

Freycinet mußte sich hier, um sein Schiff kielholen, gründlich ausbessern und die Kupferverkleidung in Stand setzen zu lassen, weit länger aufhalten, als er eigentlich beabsichtigte. Unsere Reisenden hatten indeß keine Ursache, diese Verzögerung zu beklagen, denn die Bewohner von Isle de France verleugneten ihre weitbekannte liebenswürdige Gastfreundlichkeit auch bei dieser Gelegenheit nicht. Spaziergänge, Gesellschaften, Bälle, Officiersschmäuse, Wettrennen und Festlichkeiten aller Art halfen die Zeit schnell vertreiben. Die Franzosen nahmen deshalb endlich nur mit herzlichem Bedauern von ihren früheren Landsleuten und – den erbittertsten Feinden der letzten Jahre Abschied.

Mehrere hervorragende Einwohner unterließen sogar nicht, Freycinet sehr interessante Aufzeichnungen über Das und Jenes einzuhändigen, da es diesem bei dem immerhin kurzen Verweilen auf der Insel nicht möglich gewesen war, sich selbst Auskunft zu verschaffen.

So kam dieser in die Lage, werthvolle Nachrichten über die Verhältnisse des Ackerbaues, Handels, Gewerbfleißes, der Finanzen und über den sittlichen Zustand der Bevölkerung, kurz über sehr verschiedene Punkte und in solcher Verläßlichkeit heimzubringen, wie sie ein Reisender bei vorübergehendem Aufenthalte niemals zu sammeln vermöchte. Seit Einrichtung der englischen Verwaltung waren vielfach Straßen angelegt worden, und ein frischer, thatenlustiger Geist trat an Stelle der angeerbten Routine, welche die Kolonie allmählich eingeschläfert und jeden Fortschritt gehemmt hatte.[278]

Die »Uranie« wandte sich nun nach der Insel Bourbon, wo sie aus den Magazinen der Regierung neuen Proviant erhalten sollte. Am 19. Juli 1817 ging sie in St. Denis vor Anker und blieb auf der Rhede von St. Paul bis zum 2. August, an welchem Tage sie nach der Seehunds-Bai, an der Westküste Neu-Hollands, absegelte.

Bevor wir Freycinet nach Australien folgen, dürfte es sich empfehlen, mit ihm noch einige Augenblicke auf Bourbon zu verweilen.

Im Jahre 1717 besaß diese Insel nach Le Gentil de la Barbinais nur neunhundert freie Bewohner, darunter nicht mehr als sechs weiße Familien, neben eintausendeinhundert Sklaven. Nach der letzten Zählung (1817) wohnten hier dagegen 14.790 Weiße, 4342 freie Neger und 49.759 Sklaven, zusammen 68.891 Seelen. Dieses beträchtliche und schnelle Wachsthum dürfte zum Theile wohl dem sehr gesunden Klima des Landes zuzuschreiben sein, gewiß rührt es aber auch mit von der unbeschränkten Handelsfreiheit her, deren sich die Insel lange Jahre hindurch erfreute.

Am 12. September warf die »Uranie« nach sehr glücklicher Fahrt am Eingange der Seehunds-Bai Anker. Sofort wurde ein Detachement nach Dirck Hatichs abgesendet, um die geographische Lage des Cap Levaillant zu bestimmen und die von den Holländern vor langer Zeit zurückgelassene zinnerne Tafel, welche Freycinet schon 1801 gesehen hatte, an Bord der Corvette mitzubringen.

Inzwischen waren die zwei Kolben zur Destillation des Meerwassers in Gebrauch genommen worden. Während des ganzen Aufenthaltes benutzte man kein anderes Getränk, und Niemand auf dem Schiffe ließ darüber eine Klage laut werden.


Haus von Rawak auf Pfahlwerk. [Facsimile. Alter Kupferstich.]
Haus von Rawak auf Pfahlwerk. [Facsimile. Alter Kupferstich.]

Die ausgeschiffte Abtheilung der Besatzung traf auch mit einigen Ureinwohnern zusammen. Bewaffnet mit Wurfspießen und Keulen und ohne jedwede Bekleidung, vermieden es diese, mit den Weißen in directe Berührung zu kommen, hielten sich vielmehr von den Matrosen immer etwas entfernt und berührten auch die dargebotenen Gegenstände, die man ihnen schenkte, anfangs nur mit großer Vorsicht.

Obwohl die Seehunds-Bai seit der Expedition Baudin's im Einzelnen untersucht worden war, blieb im östlichen Theile des Hamelin-Hafens doch noch eine Lücke übrig. Diese auszufüllen unterzog sich nun Duperrey.[279]

Dem Naturforscher Gaimard genügte die Kunde, die man bis jetzt von den, wahrscheinlich durch den Knall der Feuerwaffen vertriebenen Einwohnern erhalten hatte, noch nicht, und er beschloß, beseelt von dem Wunsche, deren ganze Lebensweise näher kennen zu lernen, ein Stück in das Innere des Landes einzudringen. Sein Begleiter und er verirrten sich, ganz wie Riche im Jahre 1792 in Nuytsland, und litten schrecklich vor Durst, da sie während ihrer dreitägigen Wanderung keine Quelle und keinen Bach fanden. Ohne Bedauern sahen die Seefahrer die unwirthlichen Küsten von Endrachtsland ihren Augen entschwinden.[280]

Schönes Wetter und ein kaum bewegtes Meer begünstigten die Fahrt der »Uranie« bis Timor, wo sie am 9. October auf der Rhede von Coupang vor Anker ging.

Die portugiesischen Behörden nahmen sie mit großer Zuvorkommenheit auf.


Tanzmeister von Montezuma, Insel Guani. [Facsimile. Alter Kupferstich.]
Tanzmeister von Montezuma, Insel Guani. [Facsimile. Alter Kupferstich.]

Die Kolonie erfreute sich freilich jetzt nicht des glücklichen Gedeihens, welches das Erstaunen und die Bewunderung der Franzosen zur Zeit der Baudinschen Reise erregt hatte. Der Rajah von Amanoubang, ein Bezirk mit überreichlichem Bestande an Santelholz, der früher Tribut entrichtet hatte, kämpfte eben für seine Unabhängigkeit. Dieser, für die Kolonie höchst nachtheilige Kriegszustand[281] erschwerte gleich zeitig die Beschaffung von Nahrungsmitteln, welche Freycinet doch so nothwendig brauchte.

Einige Officiere statteten dem Rajah Peters von Banacassi, dessen Wohnung kaum dreiviertel Meilen von Coupang lag, einen Besuch ab. Peters, jetzt ein Greis von achtzig Jahren, mußte ein sehr schöner Mann gewesen sein. Er erschien mit zahlreichem Gefolge, das ihn mit größter Ehrfurcht behandelte, und unter dem sich mehrere Krieger von imponirender Erscheinung auszeichneten.

In der weitläufigen Wohnung bemerkten die Franzosen mit Verwunderung einen großen Luxus an Tafelgeräthen und sahen daselbst auch sehr schön gearbeitete und kostbare europäische Gewehre hängen.

Trotz der hohen Temperatur, unter der sie zu leiden hatten – das Thermometer stieg in der Sonne und in freier Luft bis zu 45 Grad, im Schatten bis 33, ja sogar bis 35 Grad – betrieben der Commandant und die Officiere mit ungeschwächtem Eifer die wissenschaftlichen Beobachtungen und geographischen Nachforschungen, welche ihnen instructionsgemäß oblagen.

Trotz Freycinet's ernsthafter Warnungen hatten doch mehrere jüngere Officiere und Matrosen die Unklugheit begangen, gegen Mittag auszugehen; in der Hoffnung, die traurigen Folgen solch' frevelhaften Leichtsinnes abzuwenden, verzehrten sie dann begierig kalte Getränke und säuerliche Früchte. Bald wurden sie dafür aber durch den Ausbruch der Dysenterie bestraft, welche fünf Mann an's Lager fesselte, so daß man an die Abreise denken mußte, worauf die »Uranie« am 23. October die Anker lichtete.

Man fuhr nun, zum Zwecke hydrographischer Aufnahmen, ziemlich schnell längs der nördlichen Küste Timors hin; als die Corvette aber bis zur engsten Stelle des Kanals von Ombay gelangte, fand sie daselbst so heftige Strömungen und nur so schwache oder widrige Winde, daß sie kaum noch von der Stelle kam. Diese mißlichen Verhältnisse dauerten volle neunzehn Tage an.

Einige Officiere benutzten den unfreiwilligen Aufenthalt nahe dem Gestade Ombays zu einem Ausfluge nach den nächstliegenden Theilen der Insel, die einen recht lieblichen Anblick boten. Sie landeten bei dem Dorfe Bitouka und näherten sich einer Gruppe Eingebornen, welche mit Bogen, Pfeilen und »Kris« (dies sind 45 bis 60 Centimeter lange, meist geschlängelte Dolche der Malayen und anderer asiatischer Volksstämme) bewaffnet waren und Panzer und Schilder aus Büffelhäuten trugen. Diese Wilden hatten ein sehr kriegerisches Aussehen und schienen sich vor Feuerwaffen nicht besonders zu fürchten; ihrer Aussage[282] nach vermochten sie während der zum Laden eines Gewehres nöthigen Zeit eine große Menge Pfeile zu verschießen.

»Ihre Pfeilspitzen, sagt Gaimard, bestanden aus sehr hartem Holze, aus Knochen oder sogar aus Eisen. Die vorräthigen, fächerartig geordneten Pfeile führte der Krieger an seiner linken Seite im Gürtel des Säbels oder Kris mit sich. Die meisten Einwohner trugen, am rechten Schenkel oder am Gürtel befestigt, eine Menge geschlitzte Latanenblätter, durch welche wieder roth oder schwarz gefärbte Blätter derselben Art gesteckt waren. Das fortwährende Geräusch von Denjenigen, welche mit diesem sonderbaren Schmucke ausstaffirt waren, dazu noch das Scharren und Schlagen, wenn Panzer und Schild in Berührung kamen, und endlich das Ertönen der kleinen Schellen, einer ferneren Zugabe ihrer Kriegertoilette – alles das verursachte einen solchen Heidenlärmen, daß wir uns des Lachens nicht erwehren konnten. Weit entfernt, sich dadurch verletzt zu fühlen, folgten die Ombayer vielmehr unserem Beispiele. Arago1 führte vor ihnen einige Taschenspieler-Kunststückchen aus, welche sie gewaltig in Erstaunen setzten. Wir begaben uns nun geraden Weges nach dem auf einer benachbarten Anhöhe gelegenen Dorfe Boutika. In einer Hütte, an welcher wir vorüberkamen, sah ich an der Decke etwa zwanzig menschliche Kinnladen hängen und drückte den Wunsch aus, gegen meine kostbarsten Tauschgegenstände einige derselben einzuhandeln. Man antwortete mir darauf aber nur: »Palami!« (Das ist geheiligt!) Wahrscheinlich hingen diese Knochen hier als Trophäen zur Erinnerung an einen über irgendwelche Feinde erfochtenen Sieg.«

Dieser kurze Ausflug hatte um so mehr Interesse, als die Insel Ombay von Europäern bisher nur sehr selten besucht worden war. Die wenigen Schiffe, welche daselbst gelandet waren, hatten alle über die wilden, kriegslustigen Stämme, von denen einzelne sogar als Menschenfresser geschildert werden, mehr oder weniger zu klagen gehabt.

So wurde z. B. im Jahre 1802 ein Boot von der »Rose« überfallen und dessen Besatzung gefangen genommen. Zehn Jahre später kehrte der allein an's Land gegangene Kapitän der »Inacho« mit vielen Pfeilschußwunden von da zurück. Im Jahre 1817 endlich wurden alle Leute von der Schaluppe einer englischen Fregatte, welche ausgefahren waren, um Holz zu fassen, erschlagen und aufgezehrt. Ein zweites bewaffnetes Boot, das am nächsten Tage zur Aufsuchung[283] suchung der Ausgebliebenen abgesendet wurde, fand von diesen nur noch blutige Ueberbleibsel und von der gänzlich zerstörten Schaluppe einige umherliegende Trümmer.

Unter diesen Umständen konnten die Franzosen von Glück sagen, mit den wilden Cannibalen so erträglich ausgekommen zu sein, was sich gewiß geändert hätte, wenn die »Uranie« hier vor Anker liegen blieb.

Am 17. November ankerte dieselbe vor Dille. Nach Austausch der gewöhnlichen Höflichkeitsbezeigungen mit dem portugiesischen Gouverneur theilte Freycinet diesem mit, was er für sein Schiff bedürfe, und er erhielt umgehend eine Antwort des Statthalters, der ihm die schleunigste Herbeischaffung von Nahrungsmitteln zusicherte. Auch die gesammte Mannschaft wurde ebenso feierlich als herzlich aufgenommen, und als Freycinet Abschied nahm, sandte ihm der Gouverneur als Erinnerung zwei kleine Knaben und zwei Mädchen aus dem Königreiche Failacor im Innern von Timor.

»Diese Race ist in Europa unbekannt,« sagte Don Jose Pinto Alcofarado d'Azevedo e Souza, um sein Geschenk nicht etwa abgeschlagen zu sehen. Freycinet mochte dagegen die triftigsten Gründe anrufen, er mußte wohl oder übel einen der beiden kleinen Knaben behalten, welcher auf den Namen Joseph Antonio getauft wurde und in Paris, sechzehn Jahre alt, an einer skrophulösen Krankheit starb.

Die Bevölkerung von Timor erscheint auf den ersten Anblick vollkommen asiatisch; geht man aber näher darauf ein, so findet man in den centralen, minder besuchten Gebirgen eine Neger-Race mit krausen Haaren und sehr wilden Sitten, welche an die Urbewohner von Neu-Guinea und Neu-Irland erinnert und wahrscheinlich auch zuerst allein hier gehaust hat. Diese Methode eingehender Forschung, welche gegen Ende des 16. Jahrhunderts von dem Engländer Crawfurd inaugurirt wurde, hat in unseren Tagen durch die gelehrten Arbeiten der Doctoren Broca und E. Hamy eine recht fruchtbringende Entwickelung erfahren. Dem zweiten dieser Gelehrten verdankt man über jene Urbevölkerung sehr sorgfältige Studien, welche die»Natur« und das »Bulletin de la Société de Geographie« zur Belehrung und Unterhaltung ihrer Leser regelmäßig wiedergeben.

Von Timor aus begab sich die »Uranie« nach der Meerenge von Bourou, zwischen den Inseln Wetter und Roma, und bekam die pittoreske Insel Gasses in Sicht, die mit dem schönsten, dichtesten Grün, das man sich nur vorstellen[284] kann, bedeckt ist; dann wurde sie durch stärkere Strömungen nach der Insel Pisang geführt, in deren Nachbarschaft man drei von Einwohnern der Insel Guebe besetzten »Corocores« begegnete.

Diese haben dunklen Oliven-Teint, abgeplattete Nasen und wulstige Lippen; sie sind zum Theile stark und kräftig gebaut und von athletischem Aussehen; zum Theile zärtlich und schwächlich, oder auch untersetzt und von geradezu abstoßender Erscheinung. Die meisten tragen weiter nichts als ein mit einem Taschentuche am Gürtel befestigtes Beinkleid.

Es wurde auch ein Ausflug nach der kleinen Insel Pisang unternommen, welche vulcanischen Ursprunges ist, und deren trachitische Laven sich zu fruchtbarer Pflanzenerde zersetzen.

Nachher fuhr man zwischen bisher wenig bekannten Inseln weiter nach Rawak, wo die Corvette am 10. December zu Mittag vor Anker ging.

Die Insel Rawak ist klein, fast unbewohnt, und obwohl die Reisenden wiederholt Besuche von den Einwohnern von Waigion erhielten, fanden sie doch nur wenig Gelegenheit, über die betreffende Menschenrace nähere Kunde einzuziehen. Auch die Unkenntniß der Sprache der Eingebornen und die Schwierigkeit, sich mit Hilfe des Malayischen, von dem jene nur einzelne Worte begriffen, zu verständigen, machten jeden derartigen Versuch desto unfruchtbarer.

Sofort nach Auffindung eines geeigneten Platzes wurden die Instrumente aufgestellt und man begann, neben den nicht vernachlässigten geographischen Arbeiten, physikalische und astronomische Beobachtungen.

Rawak, Boni, Waigiou und Manouaroa, von Freycinet die Papua-Inseln genannt, liegen alle fast genau unter dem Aequator. Waigiou, die größte derselben, mißt im Durchmesser zweiundsiebzig Meilen. Das niedrige Land, welches dessen Ufergebiet bildet, ist sehr sumpfig; die Küste selbst steil, von Madreporen-Riffen umgeben und von vielen durch den Wogenschlag ausgehöhlten Grotten durchlöchert.

Die Vegetation auf diesen Inseln und Eilanden übertrifft jede Vorstellung. Hier grünen die herrlichsten Bäume, darunter die ungeheure »Barringtonia«, deren gewaltiger Stamm stets nach dem Meere zu geneigt steht, so daß die obersten Zweige sich in demselben baden; die Scoevola lobelia, neben Feigenbäumen, Wurzelträgern, Casuarinen mit geradem, schlankem Schafte, welche bis vierzig Fuß hoch aufsteigen, dem »Rima«, dem »Takamahaka,« dessen Stamm über zwanzig Fuß Umfang erreicht, dem Hundsschwamm aus der Familie der[285] Leguminosen, der mit rosenartigen Blüthen und goldigen Früchten besetzt erscheint; außerdem wuchern an niedrigen feuchten Plätzen noch Palmen, Muscat- und Jambobäume, sowie prächtige grüne Bananen.

Wenn die Flora also wirklich überraschend reich entwickelt ist, so steht ihr die Fauna dagegen bedeutend nach. Man trifft auf Rawak kaum andere Vierfüßler als Kletterbeutelthiere und wild gewordene Schäferhunde. Waigiou besaß indeß auch Hornschweine und eine Art Zwerg-Eber. Auch Federvieh gab es nicht so viel, als man erwartet hätte, da Körner erzeugende Pflanzen, welche jenes als Nahrung bevorzugt, unter dem dichten Schatten der Wälder nicht gut gedeihen mochten. Es fanden sich nur »Calaos« (dies sind Hornvögel), deren an den Enden mit großen einzeln stehenden Federn versehene Flügel beim Fliegen ein lautes Geräusch verursachen, Papageien, welche stark vertreten schienen, Taucherkönige, Turteltauben, Citronenvögel, wilde Sperber, Helmtauben und, obwohl die Reisenden keine zu Gesicht bekamen, vielleicht auch Paradiesvögel.

Die Menschen selbst, die Papuas, sind geradezu abschreckend häßlich.

»Die flache Stirn, sagt Odet-Pellion, der gedrückte Schädel, ein Gesichtswinkel von 75°, der große Mund, kleine tiefliegende Augen, hervorspringende Backenknochen, eine dicke, an der Spitze bis an die Oberlippe niedergedrückte Nase, dürftiger Bart – eine Eigenthümlichkeit, welche man bei allen Völkern dieser Gegend wiederfindet – mäßig breite Schultern, ein dicker Leib und verhältnißmäßig dünne Gliedmaßen, das sind die unterscheidenden Merkmale dieses Volkes. Ihr Haupthaar ist der Natur und der Form nach sehr verschieden; gewöhnlich bildet es eine unförmliche Perrücke aus welligem oder schlichtem Haar, das meist von Natur gekräuselt und oft gegen acht Zoll lang ist; es beschreibt, sorgsam gekämmt, künstlich noch mehr gekräuselt und nach allen Seiten aufgesträubt, mit Hilfe eines Fettes, welches dasselbe hält, eine förmliche Kugel rings um den Kopf. Sie stecken in diese Haarwulst, mehr zur Zierde als zur Erhöhung der Haltbarkeit, noch einen großen Kamm mit fünf bis sechs Zähnen.

Die unglücklichen Eingebornen leiden unter einer schrecklichen Geißel; der Aussatz herrscht unter ihnen so verbreitet, daß wohl der zehnte Theil der Bevölkerung davon befallen ist. Die Krankheit entsteht ohne Zweifel durch die Ungesundheit des Klimas, die deletären Ausdünstungen der Sümpfe, in welche das Meerwasser mit der Fluth eintritt, durch die Feuchtigkeit der dichten Wälder und die Nachbarschaft der schlecht in Stand gehaltenen Gräber, vielleicht auch durch den unmäßigen Genuß von Muscheln, welche die Eingebornen gierig[286] verschlingen. Alle Wohnungen sind, nahe dem Ufer, auf dem Lande oder auf dem Meere selbst, auf Pfählen errichtet. Diese meist an schwer zugänglichen Stellen erbauten Häuser bestehen aus vielen, in den Boden eingetriebenen Stämmen, an denen mittelst Baststricken andere Querhölzer befestigt sind, welche den Fußboden tragen. Zugeschnittene und mit einander verbundene Palmenblätter bilden das Dach der Wohnung, die nur eine Eingangsthür hat. Wenn diese Hütten im Wasser errichtet sind, so stehen sie mit dem Lande durch eine Art Bockbrücke in Verbindung, deren Laufbahn rasch aufgezogen werden kann. Um jedes Haus zieht sich ein mit Geländer versehener Balkon hin.

Ueber das gesellschaftliche Leben der Eingebornen konnten die Reisenden leider nichts erfahren. Ob sie in großen Gemeinden etwa unter der Autorität eines oder mehrerer Häuptlinge lebten, ob jedes Dorf seinen eigenen Häuptling hatte, ob die Bevölkerung zahlreich war oder nicht, darüber war keine Aufklärung zu erlangen. Die Eingebornen nennen sich selbst Alfourous. Sie scheinen mehrere eigenthümliche Idiome zu haben, die von der Sprache der Papuas wie der Malayen erheblich abweichen.

Die Bewohner dieser Inselgruppen scheinen sehr erfinderisch zu sein; sie verfertigen recht sinnreiche Fischereigeräthe, verstehen sich auf die Bearbeitung des Holzes, auf die Zubereitung des Markes aus dem Sagobaume, ferner drehen sie Töpfe und bauen Oefen zur Sagobereitung; sie weben Matten und Teppiche, flechten Körbe und modelliren sogar Statuen und Götzenbilder. Quoy und Gaimard haben z. B. an der Küste von Waigiou, im Hafen von Boni ein Standbild aus weißem Thon gefunden, das unter einem Schutzdache in der Nähe eines Grabes errichtet war. Dasselbe stellte einen aufrechtstehenden Mann mit zum Himmel erhobenen Händen dar; der Kopf war aus Holz geschnitzt, Wangen und Augen aus eingelegten Muscheln hergestellt.

Nachdem die »Uranie« Rawak angelaufen, bekam sie am 6. Januar 1819 die niedrigen, von Riffen umgebenen Ayou-Inseln in Sicht, welche noch wenig bekannt waren und deren Geographie viel zu wünschen übrig ließ. Die beabsichtigte Vornahme hydrographischer Untersuchungen wurde vielfach durch Fieberanfälle, welche über vierzig Personen betrafen, unterbrochen.

Am 12. Februar kam das Schiff an den Inseln der Anachoreten und am nächsten Tage bei den Admiralitäts-Inseln vorüber, ohne daselbst jedoch vor Anker zu gehen. Bald darauf erschien die Corvette vor San Bartholomé, das die Eingebornen selbst Pulusuk nennen und welches zum Archipel der Carolinen[287] gehört. Schnell entwickelte sich ein lebhafter, ziemlich geräuschvoller Tauschhandel mit den Eingebornen, ohne daß diese sich bewegen ließen, das Schiff selbst zu betreten.

Es ging bei dem Handel mit wahrhaft rührender Ehrlichkeit zu und von Uebervortheilung war auf keiner Seite die Rede. Poulouhat, Alet, Tamatam, Allap, Fanadic und viele andere Inseln dieses Archipels zogen nach und nach vor den entzückten Augen der Franzosen vorüber.

Am 17. März 1819, das heißt achtzehn Monate nach seiner Abfahrt von Frankreich, gelangte Freycinet endlich nach den Mariannen und ging an der Küste von Guaham auf der Rhede von Umata vor Anker.

Als die Franzosen eben im Begriffe waren, an's Land zu gehen, erhielten sie den Besuch des Gouverneur Medinilla y Pineda und des Major Louis de Torres, des zweithöchsten Beamten der Kolonie. Diese Officiere unterrichteten sich sorgfältig über alle Bedürfnisse der Seefahrer und sicherten ihnen die Befriedigung derselben in kürzester Zeit freundlich zu.

Freycinet beeilte sich, einen geeigneten Platz zur Errichtung eines provisorischen Hospitals aufzufinden, und sandte schon am nächsten Tage seine Kranken, zwanzig an Zahl, dahin ab.

Das ganze Officiercorps erhielt eine Einladung zum Diner bei dem Gouverneur. Man begab sich zur bestimmten Stunde dahin, fand aber nur einen mit leichtem Backwerk und Früchten besetzten Tisch vor, in dessen Mitte zwei Punschbowlen dampften, was die Gäste natürlich nicht wenig wundernahm. Man fragte sich unter der Hand, ob etwa Fasttag sei, und warum man sich nicht setzen könne; da aber Niemand im Stande war, hierüber, ohne indiscrete Fragen zu stellen, zu antworten, so unterließ man alle weiteren Bemerkungen und that der Mahlzeit alle Ehre an.

Da kam eine zweite Ueberraschung. Die Tafel wurde abgetragen und mit verschieden zugerichteten Fleischspeisen besetzt, mit einem Wort zu einem reichlichen Diner hergerichtet. Den Imbiß, den man vorher eingenommen und der hier zu Lande »Refres co« genannt wird, war nur dazu bestimmt gewesen, den Appetit der Gäste zu erregen.

Jener Zeit erschien der Tafelluxus auf Guaham geradezu zu grassiren. Zwei Tage später nämlich nahmen die Officiere wiederum an einem Schmause unter fünfzig Gästen Theil, bei dem zu jedem Gericht, und deren gab es drei, nicht weniger als vierundvierzig Schüsseln mit verschiedenen Fleischspeisen aufgetragen wurden.«[288]

»Derselbe Theilnehmer, erzählt Freycinet, berichtet, daß diese Mahlzeit zwei Ochsen und drei tüchtigen Schweinen das Leben gekostet, ohne das Wildpret, Geflügel und die Fische zu zählen. Nur selten, glaube ich, hatte man eine ähnliche Schlächterei zu solchem Zwecke gesehen. Unser Gastgeber nahm ohne Zweifel an, daß Leute, welche lange Zeit die Entbehrungen einer weiten Seereise erlitten hatten, nun überreichlich bewirthet werden müßten. Der Nachtisch stand an Ueberfluß und Abwechslung der eigentlichen Mahlzeit nicht im Geringsten nach, und auch auf diesen folgten noch Kaffee, Thee, Crêmes, verschiedene Liqueure u. s. w.[289]

Da nun das »Refresco« nach landesüblicher Sitte ebenfalls nur eine Stunde vorher verzehrt worden war, so wird man sehr leicht einsehen, daß selbst der unerschrockenste Gastronom hier über nichts Anderes als höchstens über die – Unzulänglichkeit seines Magens zu klagen gehabt hätte.«


Die Flora ist wirklich überraschend reich decorirt (S. 286.)
Die Flora ist wirklich überraschend reich decorirt (S. 286.)

Diese Schmausereien und Feste ließen das eigentliche Ziel der Mission aber nicht aus den Augen verlieren. Man unternahm fleißig Ausflüge in naturgeschichtlichem Interesse und beobachtete die Magnetnadel, während Duperrey sich mit der Aufnahme des Uferlandes von Guaham beschäftigte.

Die Corvette war inzwischen im Hafen von San Louis vor Anker gegangen, und das Officiercorps, sowie die Kranken, hatten in Agagna, der Hauptstadt der Insel und dem Sitze der Regierung, Unterkommen gefunden. Hier veranstaltete man zu Ehren der Fremdlinge Hahnenkämpfe, ein Schauspiel, das in allen spanischen Besitzungen in Oceanien allgemein beliebt ist, und führte Tänze auf, welche, wie man sagte, Ereignisse aus der Geschichte Mexikos darstellten. Die Tänzer, lauter Schüler des Collegium von Agagna, trugen reiche Seidencostüme, die erst unlängst von Jesuiten aus Neu-Spanien mitgebracht worden waren. Darauf folgten Uebungen mit Stöcken, ausgeführt von Carolinern, und andere Schaustellungen fast ohne Unterbrechung. Den meisten Werth legte Freycinet aber auf die Nachrichten über Sitten und Gebräuche der alten Bewohner des Landes, die er von dem Major Luis de Torres erhielt. Letzterer hatte sich, als Landes-Eingeborner, gerade mit diesen Fragen sehr eingehend beschäftigt.

Wir werden nicht verfehlen, diese interessanten Aufschlüsse auszugsweise mitzutheilen, müssen aber zuerst von einem Ausfluge nach den Inseln Rota und Tinian berichten, deren zweite uns schon von den Schilderungen früherer Reisender her bekannt ist.

Auf einem kleinen, aus acht »Proas« (Malayenboo ten)bestehenden Geschwader brachte man die Herren Bérard, Gaudichaud und Jacques Arago nach Rota, wo ihr Erscheinen überall Verwunderung und Schrecken erregte. Es hatte sich nämlich das Gerücht verbreitet, daß die Corvette von Aufständischen aus Amerika besetzt sei.

Von Rota aus fuhren die Proas nach Tinian, dessen unfruchtbare, öde Ebenen die Reisenden an die Gestade des Endrachtslandes erinnerten. Hier muß sich demnach seit der Zeit, da Lord Anson die Insel als ein irdisches Paradies schilderte, Vieles geändert haben.[290]

Von Magellan am 6. März 1521 entdeckt, erhielt der Archipel der Mariannen zuerst den Namen Islas de las Velas latinas (Inseln der lateinischen Segel), und wurde später los Ladrones (Diebes-Inseln) benannt.

Nach Pigafetta soll der berühmte Admiral davon nur Tinian, Saypan und Agoiguan gesehen haben. Fünf Jahre später besuchte der Spanier Loyasa die Inseln wieder und fand hier, anders als Magellan, einen sehr freundlichen Empfang; im Jahre 1565 wurden sie darauf von Miguel Lopez de Legaspi als spanische Besitzungen erklärt. Erst 1669 begann jedoch der Pater Sanvitores dieselben zu kolonisiren und mit dem Christenthum bekannt zu machen. Wir übergehen Freycinet's Schilderungen der Ereignisse, welche mit der Geschichte dieses Archipels zusammenhängen, als unzuverlässig, obwohl er Manuscripte und Werke aller Art zur Hand hatte, die es ihm ermöglichen mußten, gerade hierüber weitere Aufschlüsse zu geben und der Wissenschaft recht erwünschte Dienste zu leisten.

Da die Reisenden die wahrhaft unglaubliche Fruchtbarkeit der Papua-Inseln und der Molukken noch in frischem Gedächtniß hatten, machte der Reichthum mancher Inseln der Mariannen auf sie einen weniger tiefen Eindruck. Die Wälder von Guaham bieten, trotz ihrer Ueppigkeit, doch nicht den gigantischen Anblick der Urwälder in den Tropen; sie bedecken den größten Theil der Insel, während man da und dort auch ungeheuere Weideplätze findet, auf denen weder ein Brotfruchtbaum, noch eine Cocospalme zu sehen ist.

Im Innern der Wälder wurden von den Eroberern künstliche Rasenplätze geschaffen, um für das Hornvieh, das sie in großer Menge eingeführt hatten, Futter zu gewinnen.

Agoignan, eine Insel mit Felsgestade, erscheint aus der Ferne dürr und unfruchtbar, obschon dieselbe in Wirklichkeit mit dichtem Gehölz bedeckt ist, das auch auf die höchsten Gipfel hinaufsteigt.

Rota freilich bildet ganz und gar ein undurchdringliches Gebüsch, aus dem überall Brotfruchtbäume, Tamarinden, Feigenbäume und Cocospalmen hervor ragen.

Tinian endlich bietet einen keineswegs verlockenden Anblick. Obwohl die Franzosen nirgends Landschaften trafen, wie sie von früheren Reisenden so prächtig geschildert wurden, so kamen sie doch, im Hinblick auf den Erdboden und die große Menge abgestorbener Bäume, zu der Ueberzeugung, daß die alten Schilderungen nicht als gänzlich aus der Luft gegriffen anzusehen seien,[291] umsomehr, als der südöstliche Theil der Insel durch dichte Wälder jetzt so gut wie unzugänglich geworden war.

Die Bevölkerung erschien zur Zeit Freycinet's sehr gemischt und die Zahl der Eingebornen betrug wohl kaum die Hälfte derselben.

Die vornehmeren Classen der Bewohner der Mariannen übertrafen ehedem die Europäer durchgängig an Größe und Stärke; jetzt war die Race degenerirt, und nur auf Rota bekam man sie noch in unverfälschter Reinheit zu Gesicht.

Als unermüdliche Schwimmer, geschickte Taucher und tüchtige Fußgänger mußten die Bewohner der Mariannen bei Gelegenheit ihrer Verheiratung ihre Gewandtheit in allen diesen Körperübungen durch Proben bethätigen. Auch jetzt findet man diese Eigenschaften deutlich ausgebildet, obwohl der allgemeine Volkscharakter den Stempel der Trägheit oder wenigstens der Gleichgiltigkeit trägt.

Ehen werden im Allgemeinen sehr frühzeitig geschlossen; die Männer zählen dabei fünfzehn bis achtzehn Jahre, die Mädchen nur zwölf bis fünfzehn; gewöhnlich sind dieselben sehr fruchtbar, und man erzählt Beispiele von Familien mit zweiundzwanzig von derselben Mutter gebornen Kindern.

Wenn man in Guaham verschiedenen, von den Europäern eingeschleppten Krankheiten begegnet, wie der Lungenschwindsucht, den Blattern und anderen, so scheinen wieder andere doch hier heimisch gewesen zu sein, oder haben sich mindestens ganz eigenthümlich und abnorm umgestaltet. Zu den letzteren gehört die Elephantiasis und der Aussatz, von denen auf Guaham drei, ihren Symptomen und Folgezuständen nach verschiedene Formen vorkommen.

Vor der Besitznahme der Insel lebte das Volk hier von Fischen, den Früchten des Brotfruchtbaumes, von Reis, Sago und anderen stärkmehlhaltigen Pflanzen. War ihre Nahrung eine sehr einfache, so gilt ganz dasselbe noch mehr von der Kleidung. Sie gingen eben gänzlich nackt – ohne ein Wein- oder Feigenblatt. Auch heute noch laufen die Kinder bis zum zehnten Lebensjahre völlig nackt herum.

Ein Reisender aus dem 18. Jahrhundert, der Schiffskapitän Pages, erzählt z. B., daß er zufällig in die Nähe eines Hauses gekommen sei, »vor dem eine Indianerin von zehn bis elf Jahren sich behaglich sonnte. Sie kauerte ganz nackt am Boden und hatte das Hemd neben sich liegen. Als sie meiner ansichtig wurde, fährt der Reisende fort, stand sie sofort auf und nahm dasselbe um. Obwohl sie jetzt keineswegs decent aussah, hielt sie selbst sich doch für genügend[292] bekleidet, da sie mit jenem primitiven Kleidungsstücke ja – die Schultern bedeckt hatte; nun incommodirte es sie nicht im geringsten, mir gegenüberzutreten.«

Die Bevölkerung muß früher bedeutender gewesen sein, wofür noch die Ruinen zeugen, die man fast überall findet, Trümmer von Wohnstätten, welche von aufgemauerten Pfeilern getragen wurden. Der erste Reisende, der das erwähnt, war Lord Anson. Von ihm rührt auch eine etwas phantastische Abbildung einer solchen Wohnung her, welche die Gelehrten von der »Uranie« indeß, wie der nachfolgende Passus beweist, wenigstens erkannt haben müssen.

»Die Beschreibung, welche man in Anson's Reisebericht findet, ist zutreffend; die Ruinen aber und die auf verschiedene Weise mit dem Mauerwerk halbverwachsenen Bammzweige verleihen allen Bauwerken ein anderes Aussehen als damals; die Kanten der Pfeiler sind allmählich stumpf geworden und die sie bekrönenden Halbkugeln haben ihre Rundung eingebüßt.«

Von den neuen Wohnungen besteht nur ein Sechstel aus Stein, doch findet man in Agagna Bauwerke, von denen einige wegen ihres Umfanges, andere auch wegen der Eleganz, Majestät und Feinheit ihrer Verhältnisse hoch interessant sind; hierzu gehören das Colleg St. Jean de Latran, die Kirche, das Presbyterium, der Palast des Gouverneurs und die Kaserne.

Vor der Unterwerfung unter spanische Gewalt zerfielen die Bewohner der Mariannen in drei Classen: die Vornehmen, die Halb-Vornehmen und die Plebejer. Die Letzteren, die Parias des Landes, sagt Freycinet ohne Angabe der Quelle, auf welche er sich stützt, standen auch der Körpergröße nach gegen die anderen Classen zurück. Wir wagen nicht zu entscheiden, ob diese Thatsache durch einen Racen-Unterschied zu erklären, oder ob sie nur die Folge der Jahrhunderte langen Unterdrückungen dieser Kaste ist.

Den Plebejern war der Eintritt in eine höhere Kaste unmöglich gemacht und die Schifffahrt unbedingt verboten. Noch damals fand man unter jeder dieser Kasten Zauberinnen, Priesterinnen oder »Heilerinnen«, welche sich stets nur mit der Behandlung je einer Krankheit beschäftigten – womit noch keine Garantie gegeben ist, daß sie dieselbe besser kannten.

Der Bau von Piroguen stand nur den Vornehmen zu; sie gestatteten höchstens den Halb-Vornehmen, sie bei der Arbeit zu unterstützen, welche für sie von großer Wichtigkeit und eines ihrer theuersten Privilegien war. Was die Sprache betrifft, so ähnelt sie zwar dem Malayischen oder Tagalischen, das auf den Philippinen üblich ist, besitzt aber doch ihren eigenen Charakter. Freycinet's[293] Bericht enthält auch noch eine Menge Angaben über die eigenthümlichen Gebräuche der früheren Bewohner der Mariannen, es würde aber zu weit führen, die betreffenden Abschnitte hier wiederzugeben, so viel des Interessanten sie auch für den Philosophen und den Geschichtsschreiber bieten.

Zwei Monate schon lag die »Uranie« still im Hafen; es wurde Zeit, die Fahrt und die weiteren Forschungen wieder aufzunehmen. Freycinet und seine Officiere benützten also die letzten Tage zu verschiedenen Besuchen, um für den ihnen bereiteten, überaus herzlichen Empfang gebührend zu danken.

Der Gouverneur wollte aber nicht nur keinen Dank für die Aufmerksamkeiten annehmen, mit denen er die Franzosen seit zwei Monaten geradezu überhäuft hatte, sondern schlug auch jede Bezahlung für Alles, was zur Wiederausrüstung der Corvette geliefert worden war, von vornherein aus. Er entschuldigte sich sogar in einem höchst liebenswürdigen Briefe, daß es ihm nicht möglich gewesen sei, ihnen mehr zu liefern, da wegen der seit sechs Monaten herrschenden Dürre auf Guaham jetzt an Verschiedenem Mangel sei.

Vor der Stadt Agagna wurde Abschied genommen.

»Nicht ohne herzliche Rührung, sagt Freycinet, schieden wir von dem liebenswürdigen Manne, der uns sein Wohlwollen auf jede erdenkliche Art erwiesen hatte. Ich war zu bewegt, um den Gefühlen, die meine Seele erfüllten, Ausdruck zu verleihen; die Thränen aber, die sich mir aus den Augen drängten, werden ihm überzeugender als Worte meine Erregung und Betrübniß bewiesen haben.«

Vom 5. bis 16. Juni setzte die »Uranie« die Untersuchung des nördlichen Theiles der Mariannen fort und widmete sich den schon oben erwähnten Beobachtungen.

Um die Fahrt nach den Sandwichs-Inseln zu beschleunigen, benutzte der Kapitän eine eben aufspringende Brise, die ihn nach höheren Breiten führte, wo er günstigere Winde aufsuchen konnte. Je weiter die Seefahrer in diesem Theile des Pacifischen Oceans vordrangen, desto dichtere und kältere Nebel herrichten daselbst, welche die Fahrzeuge mit einer ebenso unangenehmen, als der Gesundheit schädlichen Feuchtigkeit erfüllten. Außer einem tüchtigen Schnupfen kam die Mannschaft jedoch ohne weitere gefährliche Erkrankungen davon. Nachdem sie so lange Zeit der glühenden Tropenhitze ausgesetzt gewesen war, gewährte ihr diese Witterung sogar eine gewisse Erleichterung. Am 6. August wurde die Südspitze von Hawaï umschifft, um nach der Westküste zu gelangen, wo Freycinet[294] einen bequemen und sicheren Ankerplatz zu finden hoffte. Die an diesem und dem folgenden Tage herrschende vollständige Windstille benutzte man, um sich mit den Einwohnern in Verbindung zu setzen, deren in großer Anzahl herbeigeströmte Frauen sofort das Schiff besteigen wollten, um ihren gewohnten Handel zu beginnen; der Commandant verbot ihnen aber, das Deck zu betreten.

Einer der »Arii« beeilte sich, dem Kapitän als Neuigkeit mitzutheilen, daß der König Kamehameha gestorben und dessen junger Sohn Riorio die Regierung angetreten habe.

Als sich wieder einiger Wind erhob, segelte die »Uranie« nach der Bai von Karakakua weiter, und Freycinet wollte eben einen Officier zur Sondirung des Ankerplatzes absenden, als eine Pirogue vom Ufer stieß, welche den Gouverneur der Insel an Bord brachte. Fürst Kouakini, mit dem Beinamen John Adams (so hieß derselbe), versicherte dem Kapitän, daß er Alles finden werde, um sein Schiff nach Bedarf zu verproviantiren.

Dieser junge Mann von etwa neunundzwanzig Jahren und von riesigem, aber proportionirtem Körperbau überraschte den Kapitän durch seine ausgebreiteten Kenntnisse. Als er gehört, daß die»Uranie« auf einer Entdeckungsreise begriffen sei, fragte er:

»Habt Ihr das Cap Horn umschifft oder seid Ihr um das Cap der Guten Hoffnung gekommen?«

Dann erkundigte er sich nach Napoleon und ob es wahr sei, daß die Insel St. Helena mit der ganzen Bevölkerung untergegangen sei. Es war das jedenfalls ein Scherz eines lustigen Walfischfahrers gewesen, den jener schon nur halb geglaubt hatte.

Kouakini theilte Freycinet ferner mit, daß, wenn nach Kamehameha's Tode auch der Friede nicht eigentlich zerstört worden wäre, doch die Einheit der Monarchie durch einige Häuptlinge, welche nach Unabhängigkeit strebten, etwas bedroht gewesen sei. In den Regierungskreisen herrschte in Folge dessen noch eine gewisse Unsicherheit, doch hoffte man, dieselbe bald verschwinden zu sehen, vorzüglich wenn der Commandant sich herbeiließe, eine Freundschaftserklärung zu Gunsten des jungen Fürsten abzugeben.

Freycinet ging mit dem Fürsten an's Land, um ihm einen Besuch abzustatten, und kam in dessen Wohnung, wo seine Gattin, eine große, wohlbeleibte Frau, auf einem mit Matten bedeckten europäischen Bettgestell lag. Hierauf wollten Beide die Schwestern Kouakini's, Kamehameha's Witwen, aufsuchen,[295] trafen diese aber nicht an und begaben sich nun nach den Werften und Werkstätten des verstorbenen Königs.

Hier waren vier Schuppen, bestimmt zum Bau von Kriegspiroguen; unter anderen standen europäische Boote; ferner lag daselbst Schiffsbauholz aufgespeichert neben Kupferzainen und einer Menge Netzen; außerdem fanden sich eine Schmiede-, eine Faßbinderwerkstätte, und in den, dem ersten Minister Kraïmokou gehörigen Räumen vielfache Instrumente, wie Compasse, Sextanten, Barometer, Uhren und sogar ein Seechronometer.

Man verwehrte den Fremden den Eintritt in zwei andere Magazine, in denen Pulver, Munition, starke Branntweine, Eisen und Stoffe verschiedener Art aufbewahrt wurden.

Uebrigens lagen diese Etablissements jetzt ziemlich öde, da der neue König seinen Sitz in der Bai von Koaïhaï aufgeschlagen hatte.

Freycinet segelte auf dessen Einladung dorthin und wurde von einem Lootsen geführt, der sich sehr aufmerksam erwies und den Eintritt von Witterungswechseln ziemlich sicher vorherzubestimmen wußte.

»Der Monarch, berichtet der Commandant, erwartete uns am Strande in der Parade-Uniform eines englischen Schiffskapitäns und umgeben von seinem ganzen Hofe. Trotz der entsetzlichen Dürre und Unfruchtbarkeit dieses Theiles der Insel bot die wunderliche Versammlung von Männern und Frauen ein wirklich großartiges und pittoreskes Bild. Der König stand vorn allein, seine ersten Officiere in einiger Entfernung hinter ihm; die Einen trugen prächtige Mäntel aus rothen und gelben Federn oder aus scharlachfarbenem Tuche, Andere einfache Kragen von denselben Stoffen, in denen zwischen den beiden, grell von ein ander abstechenden Farben schwarze Streifen sichtbar waren; Einige derselben trugen eine Art Helme.


Alte Pfeiler-Ruinen zu Tinian. [Facsimile. Alter Kupferstich.]
Alte Pfeiler-Ruinen zu Tinian. [Facsimile. Alter Kupferstich.]

Eine ziemlich große Anzahl an verschiedenen Stellen aufmarschirter Soldaten verliehen dem Bilde durch ihr buntes, aber keineswegs gleichmäßiges Costüm große Abwechslung und einen eigenthümlichen Reiz.«

Es war derselbe Fürst, der später mit seiner jungen, hübschen Frau nach England kam, wo Beide starben, und von wo deren sterbliche Ueberreste vom Kapitän Byron auf der Fregatte »la Blonde« nach Hawaï überführt wurden.

Freycinet erneuerte sein Gesuch um Proviant, und der König versicherte ihm, daß nicht zwei Tage vergehen sollten, bis alle seine Wünsche erfüllt wären. Wenn an dem guten Willen des jungen Fürsten gewiß nicht zu zweifeln war, so mußte der Befehlshaber leider die Erfahrung machen, daß die obersten Beamten sich nicht im mindesten beeilten, ihm zu gehorchen.[296]

Bald nachher statteten die Officiere den Witwen Kamehameha's einen Besuch ab. Quoy entwirft von dem ergötzlichen Empfange folgendes pikante Bild.

»Es war, sagt er, ein wirklich fremdartiges Schauspiel, in einem beschränkten Gemach acht oder zehn Massen halbnackten menschlichen Fleisches zu sehen, von denen die kleinste wenigstens dreihundert Pfund wog, und die auf dem Erdboden auf dem Bauche lagen. Nur mit Mühe fanden wir ein Plätzchen, wo[297] wir uns in derselben Weise hinstreckten, um nicht gegen die übliche Sitte zu verstoßen. Mehrere Diener waren fortwährend beschäftigt, entweder mit einem Federwedel Kühlung zuzufächeln oder eine angezündete Pfeife herumzureichen, welche von Mund zu Mund ging und aus der Jeder einige Züge that; andere Diener massirten die Fürstinnen... Es ist leicht erklärlich, daß unsere Unterhaltung nicht eine gar zu lebhafte wurde, doch halfen uns wenigstens ausgezeichnete Wassermelonen, welche man Allen angeboten, die Langweile zu verheimlichen.«

Freycinet besuchte später auch den bekannten John Young, der so lange Zeit der treue Freund und weise Rathgeber des Königs Kamehameha gewesen war. Obwohl jetzt alt und kränklich, machte er Freycinet doch vielfache schätzenswerthe Mittheilungen über diesen Archipel, in dem er seit dreißig Jahren lebte und mit dessen Geschichte sein Name eng verknüpft war.

Der Minister Kraïmokou hatte bei einem Besuche der »Uranie« auch den Schiffsgeistlichen, Abbé de Quelen, gesehen, dessen Tracht ihm offenbar auffiel. Als er hörte, daß das ein Priester sei, äußerte er gegen den Commandanten den Wunsch, getauft zu werden. Seine Mutter, sagte er, habe noch auf dem Sterbebette das Sacrament empfangen und ihm das Versprechen abgenommen, sich, sobald er Gelegenheit fände, derselben Ceremonie zu unterwerfen.

Freycinet gab seine Zustimmung und traf Veranstaltung, dem Acte eine gewisse Feierlichkeit zu verleihen, vorzüglich, weil Riorio demselben mit seinem ganzen Hofstaate beiwohnen wollte.

Während der Ceremonie beobachteten Alle wirklich eine ehrfurchtsvolle Haltung; gleich nach Beendigung derselben stürzte sich der ganze Hof aber auf den Imbiß, den der Commandant hatte auftischen lassen.

Es war wirklich erstaunlich, die Wein-, Rum- und Branntweinflaschen sich leeren und die Speisen aller Art, welche aufgetragen waren, verschwinden zu sehen. Zum Glück kam die Nacht bald heran, sonst hätten Riorio und die meisten seiner Höflinge und Officiere wohl kaum wieder an's Land geschafft werden können. Zuletzt mußte man ihm noch zwei Flaschen Branntwein mitgeben, um, sagte er, auf die Gesundheit des Commandanten und auf dessen glückliche Weiterreise zu trinken. Seine Begleiter hielten sich für verpflichtet, dasselbe Verlangen zu stellen.

»Es ist nicht zuviel gesagt, erzählt Freycinet, daß diese königliche Gesellschaft binnen zwei Stunden so viel trank, aufzehrte und mitnahm, als hingereicht hätte, zehn Personen drei Monate lang zu beköstigen.«[298]

Zwischen dem Königspaare und dem Commandanten wurden verschiedene Geschenke gewechselt. Unter den von der jungen Königin dargebotenen Gaben befand sich auch ein Federmantel, ein auf den Sandwichs-Inseln damals schon recht seltenes Kleidungsstück.

Freycinet lichtete sofort die Anker, als er vernahm, daß bei der Insel Mowi ein Handelsschiff mit großen Vorräthen von Schiffszwieback und Reis liege, aus dem er seinen Bedarf leicht decken zu können hoffte. Er beschloß also, vor Raheina anzulegen, an welchem Orte Kraïmokou übrigens die zur Verproviantirung des Fahrzeuges erforderlichen Schweine abliefern sollte. Der Minister erwies sich bei diesem Geschäfte aber so wenig zuvorkommend, forderte so hohe Preise und lieferte so magere Schweine, daß man selbst zu Drohungen schreiten mußte, um ihn anderen Sinnes zu machen. Kraïmokou war hier offenbar durch einen Engländer, einen aus Port Jackson entwichenen Sträfling, beeinflußt; sich selbst überlassen, würde er gewiß anders gehandelt und sich gegen die Fremden mit gewohnter Freundlichkeit benommen haben.

An der Insel Waihou lag Freycinet bei Honolulu vor Anker. Der herzliche Empfang, den er hier von Seiten einiger daselbst wohnenden Europäer fand, ließ ihn nur bedauern, daß er sich nicht gleich zuerst hierher gewandt hatte, wo er Alles fand und bequem erlangen konnte, während er auf den beiden anderen Inseln trotz guten Willens doch manchen Schwierigkeiten begegnete.

Der Gouverneur dieser Insel, Boki, ließ sich ebenfalls durch den Schiffsgeistlichen taufen, wozu ihn freilich nur der Umstand veranlaßte, daß sein Bruder dasselbe gethan hatte. An intelligentem Aussehen stand er den Sandwichern von den anderen Inseln bedeutend nach.

Einige Bemerkungen über die Eingebornen sind interessant genug, um hier auszugsweise wiedergegeben zu werden.

Alle Reisenden stimmen überein, daß die Fürsten und Häuptlinge eine den anderen Bewohnern an Körpergröße und Intelligenz überlegene Race bilden. Fettsucht findet man bei ihnen sehr häufig, vorzüglich aber bei den Frauen, welche sogar schon in sehr jungen Jahren oft einen wirklich monströsen Embonpoint zeigen.

Der allgemeine Typus ist nicht unangenehm und die Frauen sind manchmal wirklich hübsch zu nennen. Die Lebensdauer ist kurz, und nur selten sieht man einen Greis von siebzig Jahren. Der schnelle Verfall der Körperkraft und das vorzeitige Ende dürften wohl der allgemein herrschenden Ausschweifung zuzuschreiben sein.[299]

Nachdem er den Sandwichs-Archipel verlassen, studirte Freycinet in diesem Theile des Oceans die starken Abweichungen des magnetischen Aequators unter niedrigen Breiten. Er segelte dabei nach Osten zu weiter.

Am 7. October gelangte die »Uranie« auf die südliche Halbkugel und befand sich am 19. desselben Monats in Sicht der Gefährlichen Inseln. Oestlich vom Archipel der Schiffer-Inseln wurde ein auf den Karten noch nicht verzeichnetes Eiland entdeckt, das nach dem Namen der Gattin Freycinet's Insel Rosa getauft wurde. Das blieb indeß die einzige neue Entdeckung während der Fahrt.

Die Lage der Inseln Pylstaart und Howe wurde berichtigt, und am 13. November endlich bekam man die Hafenlichter von Port Jackson oder Sidney zu Gesichte.

Freycinet erwartete wohl, die Stadt, welche er seit sechzehn Jahren nicht gesehen, gewachsen zu finden, erstaunte aber gewaltig über den Anblick einer völlig europäischen Großstadt, die hier in ihrer fast wilden Umgebung wunderbar gedieh. Verschiedene Ausflüge in die Umgebungen belehrten die Franzosen über die schnellen Fortschritte der Kolonie. Schöne, sorgfältig unterhaltene Straßen, besetzt mit Eukalypten, welche Péron als die »Riesen der australischen Forste« bezeichnet, gut gebaute Brücken, Wegsteine, welche die Entfernung angaben, Alles wies auf eine gut organisirte Straßenpolizei hin. Hübsche Landhäuser, zahlreiche Büffelheerden, sehr gut bearbeitete Felder legten für den Fleiß und die Ausdauer der Ansiedler ein rühmliches Zeugniß ab.

Der Gouverneur Macquarie und die ersten Behörden des Landes wetteiferten in Zuvorkommenheit gegen die Officiere, welche manche Einladung ablehnen mußten, um ihre Arbeiten nicht zu sehr zu vernachlässigen. So brachte man sie in Begleitung von Militärmusik zur See nach Paramatta, dem Wohnsitze des Gouverneurs. Mehrere Officiere besuchten die in freundlicher Gegend am Ufer des George-Flusses gelegene kleine Stadt Liverpool, sowie die Flecken Windsor und Richmond, die sich in der Nähe des Hawkesbury-Flusses erhoben. Inzwischen wohnte ein Theil des Stabes einer Känguruhjagd bei und gelangte unter Ueberschreitung der Blauen Berge bis nach der Niederlassung Bathurst.

Den freundlichen Beziehungen, welche sich bei seinem zweimaligen Aufenthalte entwickelt und befestigt hatten, verdankte Freycinet eine Menge interessanter Nachrichten über die australische Kolonie. Auch das Capitel, in dem er Neu-Süd-Galles bespricht und die wunderbaren und raschen Fortschritte der[300] Kolonie schildert, erregte in Frankreich ein lebhaftes Interesse, da man hier die Entwicklung und den zunehmenden Wohlstand Australiens nur sehr unvollkommen kannte. Seinen Aufzeichnungen kommt jetzt ein desto höherer Werth zu, weil sie ein verläßliches Bild der Kolonie aus dem Jahre 1825 geben.

Die unter dem Namen: die australischen Alpen bekannte Gebirgskette trennt Neu-Süd-Galles in einiger Entfernung von der Küste von dem Innern des australischen Festlandes. Fünfundzwanzig Jahre hindurch bildete dieselbe ein ernsthaftes Hinderniß des Verkehrs mit dem Binnenlande, das unter Macquarie's Verwaltung beseitigt wurde. Jetzt war eine, in vielfachen Windungen durch die Felsen verlaufende Straße angelegt, welche den Zugang zu ungeheueren, von mächtigen Wasserläufen durchzogenen Ebenen bildete.

Die höchsten, auch mitten im Sommer mit Schnee bedeckten Gipfel dieser Bergkette erreichen wohl dreitausend Meter Höhe.

Bei der Messung der bedeutendsten Pics, wie des Exmouth, Cunningham und anderer, überzeugte man sich auch, daß Australien, das nur Einen großen Wasserlauf, den Schwanenfluß, haben sollte, deren weit mehr besaß; in erster Linie ist hier der aus der Vereinigung der Nepean und der Grose entstehende Hawkesbury-Fluß und der Brisbane zu nennen, da der Murray damals noch nicht bekannt war.

Zu jener Zeit hatte man schon mit der Ausbeutung vieler Kohlen- und Schieferlager, einiger Eisengruben, und mit dem Abbau von Kalk- und Sandstein, Porphyr und Jaspis begonnen; dagegen kannte noch Niemand den Reichthum des Bodens an Gold, der die Verhältnisse der jungen Kolonie später so schnell umgestalten sollte.

Der Erdboden erscheint an der Küste unfruchtbar und ernährt hier nur wenig magere Büsche. Beim weiteren Vordringen in das Innere findet man dagegen reiche Feldmarken, ungeheuere Weideplätze oder Wälder mit gigantischen Bäumen, welche, durch ein Gewirr von Lianen verbunden, ganz unwegsame Dickichte bilden.

Eine bemerkenswerthe Erscheinung ist auch die Gleichheit der Race auf diesem ausgedehnten Continent. Ob man Eingeborne aus der Bai der Seehunde, dem Endrachts-Lande, vom Schwanenflusse oder aus Port Jackson vor sich hat, stets ließen die Farbe der Haut, der Haare, die Gesichtszüge, kurz die ganze äußere Erscheinung keinen Zweifel über den gemeinschaftlichen Ursprung derselben aufkommen.[301]

Fische und Muschelthiere bilden die Grundlage der Nahrung der Bevölkerung an den Küsten oder den Flußufern. Die Bewohner des Binnenlandes leben von den Ergebnissen der Jagd und essen Opossum- und Känguruhfleisch, verzehren auch Eidechsen, Schlangen, Würmer und Ameisen, die sie mit Eiern und Farrenkrautwurzeln zu einem Teige verarbeiten.

Die Eingebornen gehen überall vollständig nackt, doch verschmähen sie es nicht, beliebige europäische Kleidungsstücke, deren sie habhaft werden können, anzulegen. Im Jahre 1820 sah man z. B. in Port Jackson eine alte Negerin, eingehüllt in die Ueberreste einer alten wollenen Decke, und mit einem kleinen grünseidenen Frauenhute auf dem Kopfe, eine unglaublich lächerliche Erscheinung, umherwandeln.

Manche Eingeborne fertigen sich jedoch Mäntel aus Opossum- und Känguruh-Fellen, die sie mit Sehnen des Kasuars zusammennähen; doch ist diese Art Kleidung noch selten.

Die von Natur schlichten Haare werden stark eingefettet und zu Strähnen geflochten. Durch Anbringung eines Büschels Gras in deren Mitte thürmt man sie unmäßig in die Höhe und verziert diesen Wulst mit einigen Kakadufedern oder klebt mittelst Harz wohl auch Menschenzähne, Holzstücke, Hundeschwänze oder Fischgräten daran.

Obwohl das Tätowiren in Neu-Holland nicht gerade gebräuchlich ist, so sieht man doch zuweilen Eingeborne, die sich in symmetrischen Linien mit grellen, stark von einander abstechenden Farben das Gesicht bemalt haben. Ebenso pflegt man manchmal den ganzen Körper mit rothen und weißen Strichen und eigenthümlichen Figuren zu bedecken, was der schwarzen Haut ein wirklich diabolisches Aussehen verleiht.

Diese Wilden hegten früher die Ueberzeugung, daß sie nach dem Tode in die Wolken oder auf die Gipfel der höchsten Bäume versetzt würden, wo sie in Gestalt kleiner Kinder im Ueberflusse schwelgten. Seit der Einwanderung der Europäer aber hat ihr Glaube sich geändert, und jetzt hoffen sie nach dem Tode weiß zu werden und in fernen Ländern zu wohnen. In ihrer Meinung sind die Weißen Vorfahren von ihnen, welche im Kampfe fielen und jene neue Gestalt erhielten.

Bei der Zählung von 1819, für jene Zeit die sorgsamste, die bisher angestellt wurde, ergab für die Kolonialbevölkerung, das Militär nicht eingerechnet, 25.425 Seelen. Die auffallende Minderzahl der Frauen gegenüber den[302] Männern hatte zu mancherlei Ungelegenheiten geführt, denen man durch Absendung vieler jungen Mädchen abzuhelfen suchte, die sich hier schnell verheirateten und Familien bildeten, wodurch sich auch die Moral der Sträflinge erfreulich hob.

In Freycinet's Berichte ist ein sehr langes Capitel allen Angelegenheiten gewidmet, welche zu der politischen Oekonomie in Beziehung stehen. Die verschiedenen Arten des Bodens und die für denselben passenden Sämereien, die Industrie, Thierzucht, der Landbau, die Fabriken, der Handel, die Verkehrsmittel, die Verwaltung – alle diese Fragen finden sich, auf Grund der damals neuesten Unterlagen, sehr eingehend und mit einem Verständniß behandelt, das man von einem Manne, dem diese Fächer eigentlich ferne lagen, gewiß kaum erwartet hätte. Man findet hier auch eine Darstellung der Vorschriften, nach denen die Sträflinge der Kolonie sich vom ersten Tage ab zu richten hatten, über die Strafen, welche sie bedrohten, wie über die Erleichterungen und Belohnungen, welche man ihnen gerne gewährte, wenn ihre Aufführung zu keinem Tadel Veranlassung gab. Gleichzeitig enthielt der Bericht sehr scharfsinnige, begründete Bemerkungen über die Zukunft der australischen Kolonie.

Nach langem und fruchtbringendem Aufenthalte setzte die »Uranie« am 25. December 1819 ihre Fahrt fort und steuerte einen südlichen Kurs, um unter Neu-Seeland und der Campbell-Insel hinweg den Weg nach dem Cap Horn einzuschlagen. Einige Tage später entdeckte man an Bord ein Dutzend entflohener Sträflinge, war von Neu-Holland aber schon zu weit entfernt, um diese dahin zurückschaffen zu können.

Die Küste von Feuerland wurde erreicht, ohne daß ein bemerkenswerther Zwischenfall die von aushaltenden Westwinden begünstigte Fahrt unterbrochen hätte. Am 5. Februar kam das Cap Desolation in Sicht. Das Cap Horn wurde ohne Unfall umschifft, und die »Uranie« ging im Hafen des Guten Fortgangs vor Anker, dessen mit hochaufstrebenden Bäumen bedeckte und von vielen Wasserfällen benetzte Ufer jene trostlose Dürre nicht zeigten, welche sonst die Länder dieses Theiles von Südamerika kennzeichnet.

Der Aufenthalt hierselbst währte nur kurze Zeit, und die Corvette segelte auf der Weiterreise unter dichtem Nebel in die Lemaire-Straße ein. Hier war die See sehr unruhig, es herrschte ein heftiger Wind und so dicker Nebel, daß man Land, Meer und Himmel gar nicht mehr zu unterscheiden vermochte.


Australische Meierei bei den Blauen Bergen. [Facsimile. Alter Kupferstich.]
Australische Meierei bei den Blauen Bergen. [Facsimile. Alter Kupferstich.]

Der Regen und die vom Winde getriebenen Dunstmassen nöthigten die »Uranie«, wegen der einbrechenden Nacht nur das Schönfahrsegel und das ein[303] geraffte große Marssegel beizubehalten, wobei sie dem Seegang recht gut Widerstand leistete. Man hatte den Wind im Rücken und beglückwünschte sich schon, von demselben weit von der Küste weggeführt zu sein, als plötzlich der Ruf »Land vor dem Bug und ganz in der Nähe!« allgemeinen Schrecken verbreitete, da unter diesen Umständen ein Schiffbruch unvermeidlich schien.


Australischer Eingeborner. (S. 301.)
Australischer Eingeborner. (S. 301.)


[304] Nur Freycinet gewann nach einem Augenblick des Zögerns seine Selbstbeherrschung wieder. Vor dem Schiffe konnte unmöglich Land sein; er ließ also mit geringer Abweichung nach Osten den nördlichen Kurs weiter einhalten, und es zeigte sich sehr bald, daß seine Annahme die richtige war.

Am zweitfolgenden Tage klärte sich das Wetter auf, das Besteck wurde gemacht, und da dasselbe zeigte, daß man sich nicht weit von der Bai des guten Fortgangs befand, blieb dem Commandanten die Wahl, die Küste Amerikas oder eine der Malouinen anzulaufen. Er entschied sich für das letztere.

Unter anhaltendem Nebel passirte man die Insel Conti, die Marville-Bai und das Cap Duras, während eine günstige Brise das Schiff nach der Bai[305] der Franzosen trieb, wo demnächst angehalten werden sollte. Schon beglückwünschte man sich gegenseitig, so schweren Gefahren entronnen zu sein und eine so anstrengende Reise ohne ernsteren Unfall zurückgelegt zu haben. Für die Matrosen, wie Byron sagt:

The worst was over, and the rest seemed sure.2

Noch stand den Seefahrern aber eine harte Prüfung bevor.

Beim Einsegeln in die Bai der Franzosen waren alle Hände bereit zur Thätigkeit. Ueberall standen Wachen und fortwährend sondirte man den Grund, als erst bei zwanzig, bald darauf bei achtzehn Faden Tiefe Felsen gefunden wurden. Das Schiff lag nur noch eine halbe Meile vom Lande.

Freycinet ließ aus Vorsicht um zwei Viertelstriche schwenken, doch eben diese Maßregel sollte verderblich werden. Die Korvette stieß plötzlich sehr heftig gegen einen Felsen unter Wasser, während die Sonde auf jeder Seite desselben zwölf bis fünfzehn Faden Tiefe anzeigte. Das Riff, auf welches das Fahrzeug lief, konnte also nicht breiter sein als die Korvette selbst. Wirklich erwies es sich später nur als die hervorspringende Spitze einer größeren Felsenmasse.

Zerbrochene Holzstücke, welche auf die Oberfläche des Wassers kamen, verriethen die Schwere der erlittenen Beschädigung. Alles eilte an die Pumpen, Freycinet befahl sofort, ein Stück Segelzeug unter dem Kiel wegzuziehen, das sich mit dem einströmenden Wasser dabei in das Leck eindrängt und dessen Oeffnung wenigstens verkleinert. Auch das genügte nicht. Obwohl alle Mann, Officiere und Matrosen, an den Pumpen arbeiteten, erreichte man doch nichts Anderes, als daß man das Schiff an der Stelle hielt. Es blieb nun kein anderer Ausweg übrig, als dasselbe auf den Strand zu setzen.

Mit diesem Beschlusse war aber noch nichts geschehen, es galt auch, so schwierig es sein mochte, denselben auszuführen. Ueberall nämlich rahmten steile Felsenmassen das Ufer ein, und nur im Grunde der Bai entdeckte man eine seichte Stelle, welche sich zum Stranden eignete. Der Wind war inzwischen umgesprungen, allmählich brach die Nacht herein und das Schiff stand schon halb voll Wasser.

Man kann sich wohl leicht vorstellen, welche Seelenangst der Commandant erleiden mochte. Zum Glücke gelang es jedoch, am Strande der Pinguin-Insel aufzulaufen.[306]

»Jetzt hatte die Erschöpfung meiner Leute, sagt Freycinet, einen solchen Grad erreicht, daß an keinerlei Arbeit zu denken war und ich ihnen eine längere Ruhe bewilligen mußte, da unsere gegenwärtige Lage später gewiß noch manche Anstrengung nöthig machte. Ich selbst freilich konnte keine Ruhe finden. Von tausend quälenden Gedanken bestürmt, erschien mein ganzes Leben mir nur noch wie ein Traum. Dieser plötzliche Uebergang aus Verhältnissen, wo sich Alles zum Besten zu wenden schien, in die, in welchen ich mich augenblicklich befand, bedrückte mich wie ein lästiger Alp; es war mir wirr und wüst im Kopfe, und nur schwierig konnte ich die nöthige Sammlung gewinnen, welche die jetzige Lage vor allen Dingen erheischte. Meine Reisegefährten alle hatten bei dem Unglück, dem wir beinahe zum Opfer fielen, nach Kräften ihre Schuldigkeit gethan, und es ist mir ein Bedürfniß, ihnen öffentlich dieses Lob zu ertheilen.«

Als es wieder Tag wurde, bemächtigte sich der Schiffbrüchigen beim Anblicke der Umgebung eine düstere Traurigkeit.

Auf dem unfruchtbaren Strande grünte kein Baum, kein Hälmchen Gras. Rings herrschte das Schweigen der Einöde, ganz ähnlich wie in der Bai der Seehunde.

Jetzt war aber keine Zeit, den Kopf hängen zu lassen. Es galt, die Journale, das Beobachtungsmaterial, Alles, was unter so vielen Gefahren und Mühen gesammelt worden war, vor dem Untergange zu retten.

Wenn dies auch nach Wunsch gelang, so erlitt die Sammlung doch manchen Schaden. Einzelne Kästen mit reichlichem Inhalt, die im untersten Raume verstaut waren, gingen ganz verloren, andere wurden wenigstens durch Meerwasser arg beschädigt. Am meisten zu leiden hatten von diesem Unfall die naturgeschichtlichen Sammlungen und das große Herbarium, auf dessen Erwerbung Gaudichaud so unendliche Mühe verwendet hatte. Die Merinoschafe, welche man der Freigebigkeit des Herrn Mac Arthur in Sidney verdankte und deren Einführung in Frankreich versucht werden sollte, sowie die übrigen lebenden Thiere wurden an's Land geschafft.

Zunächst errichtete man nun Zelte, sowohl für die Kranken des Schiffes, als auch für die Officiere und Matrosen. Lebensmittel, Schießbedarf holte man aus dem Wrack und brachte sie geschützt vor der Unbill des Wetters unter. Die Branntweinvorräthe wurden bis zu der Zeit zurückgestellt, wo man von hier wieder abreisen würde, und es verdient rühmlich hervorgehoben zu werden, daß während des dreimonatlichen Aufenthaltes der Franzosen an diesem Platze nicht[307] ein einziger Rum- oder Branntweindiebstahl vorkam, obwohl sich Alle nur mit Wasser begnügen mußten.

Ein Theil der Mannschaft bemühte sich nun nach Kräften, die größeren Beschädigungen der »Uranie« auszubessern, ein anderer Theil erhielt den Auftrag, durch Jagd und Fischfang den Unterhalt der Schiffbrüchigen zu sichern. Seelöwen, Möven, Enten, Sarcellen und Bekassinen gab es zwar in großer Menge; es hätte aber zu viel Pulver gekostet, von diesen Thieren so viel zu erlegen, als man täglich zur Nahrung brauchte. Zum Glück fand man da auch zahlreiche, sehr stumpfsinnige Plattfische, welche mit Stöcken erschlagen werden konnten, und diese in so überreicher Menge, daß sich fünfundzwanzig Mann vier bis fünf Monate bequem davon ernähren konnten. Endlich gelang es, einige Pferde zu tödten, die seit der Niederlassung der hier von Bougainville gegründeten Kolonie in Wildheit lebten.

Am 28. Februar kam man zu der Ueberzeugung, daß die geringen Hilfsmittel, über welche man gebot, unzureichend seien, die Havarien der Korvette auszubessern, zumal da die wiederholten Stöße des Schiffes auf den Grund jene eher noch verschlimmert hatten.

Was war da zu thun?

Sollte man warten, bis zufällig ein Schiff in die Bai der Franzosen einlief?

Das hieß, die Matrosen dem Müßiggange überlassen und der Unordnung Thür und Thor öffnen.

Erschien es nicht vortheilhafter, aus den Trümmern der »Uranie« ein kleineres Fahrzeug zu erbauen?

Man besaß auch noch eine große Schaluppe. Sollte diese, wenn sie höher gebaut und mit einem Deck versehen wurde, nicht Montevideo erreichen und von da ein Schiff holen zu können, um das Personal und das Material der Expedition fortzuschaffen?

Freycinet beschloß diesen Weg einzuschlagen, und von diesem Augenblicke an wurde keine Minute verloren. Die Matrosen schienen Alle neues Leben und neue Kraft zu gewinnen, so daß die Arbeit rasch vorwärts ging. Jetzt wünschte der Commandant sich Glück dazu, seinerzeit in Toulon in den verschiedensten Gewerben erfahrene Seeleute angeworben zu haben. Schmiede, Segelmacher, Seiler, Zimmerer – Alle widmeten sich mit größtem Eifer der Aufgabe, die ihnen oblag.[308]

Ueber die auszuführende Reise machte man sich keinerlei Gedanken. Nur dreihundertfünfzig Meilen trennten die Malouinen von Montevideo, und die zu dieser Jahreszeit vorherrschenden Winde mußten es der »Espérance« – so taufte man die verwandelte Schaluppe – ermöglichen, diese Strecke binnen wenigen Tagen zurückzulegen.

Immerhin mußte man darauf Rücksicht nehmen, daß es dem gebrechlichen Fahrzeuge vielleicht nicht gelingen könne, den La Plata zu erreichen. Deshalb beschloß Freycinet, sogleich nach der Abfahrt desselben noch den Bau einer Goëlette von hundert Tonnen beginnen zu lassen.

Obwohl diese verschiedenartigen und vielfachen Arbeiten fast alle Kräfte in Anspruch nahmen, wurden doch auch die gewöhnlichen astronomischen, physikalischen, naturgeschichtlichen und hydrographischen Beobachtungen nicht vernachlässigt, als ob man hier nur ruhig vor Anker läge.

Endlich war das Schiffchen fertig und wurde vom Stapel gelassen. Die Instructionen für seinen Befehlshaber, Kapitän Duperrey, wurden aufgesetzt, die Leute zur Besatzung desselben ausgewählt, die Lebensmittel eingeschifft, und schon war die Abreise für den zweitfolgenden Tag, den 19. März 1820, festgesetzt, als der Ruf: »Ein Schiff! Ein Schiff in Sicht!« erscholl. Eine Slup unter vollen Segeln fuhr eben in die Bai ein.

Man feuerte mehrere Kanonenschüsse ab, um deren Aufmerksamkeit zu erregen, und der Führer derselben beeilte sich in Folge dessen, an's Land zu kommen.

Mit kurzen Worten theilte Freycinet jenem mit, auf welche Weise er mit seinen Leuten an diesen Strand verschlagen worden war.

Der Führer der Slup erklärte, daß er zu einem größeren amerikanischen Schiffe, der Brigg »General Knox«, gehöre, welche bei der Insel West, der westlichsten Spitze der Malouinen, mit dem Robbenfange beschäftigt sei.

Darauf hin wurde ein Officier beordert, sich mit dem Befehlshaber des genannten Schiffes in's Einvernehmen zu setzen, inwieweit jener im Stande sei, den Franzosen Hilfe leisten zu können. Dieser verlangte aber nicht weniger als 135.750 Francs für die Ueberführung der Schiffbrüchigen nach Rio; das war denn doch eine etwas zu unverschämte Forderung. Der französische Officier wollte ohne Zustimmung seines Vorgesetzten keinen bindenden Vertrag mit dem Amerikaner eingehen und ersuchte deshalb denselben, sich nach der »Bai der Franzosen« zu begeben.[309]

Während dieser Unterhandlungen erschien noch ein anderes Fahrzeug, die »Mercury«, Kapitän Galvin, in der Bai. Dasselbe hatte auf der Fahrt von Buenos-Ayres nach Valparaiso mit einer Ladung Kanonen, im Begriff, das Cap Horn zu doubliren, ein bedeutendes Leck bekommen und sich gezwungen gesehen, die Malouinen betreffs Ausbesserung desselben anzulaufen. Für die Franzosen war das ein glücklicher Zufall, da die Concurrenz der beiden Schiffe nur zu ihrem Vortheile dienen konnte.

Freycinet bot sofort dem Kapitän Galvin an, ihm zur Reparatur der Havarien seine Leute und Matrosen zur Verfügung zu stellen, mit dem Bemerken, daß, wenn seine Zimmerleute im Stande wären, den Schiffsrumpf wieder auszubessern, er jenen ersuche, ihn selbst und seine Leute nach Rio de Janeiro zu befördern.

Nach Verlauf von vierzehn Tagen waren die Reparaturen beendigt. Die Unterhandlungen mit »General Knox« zerschlugen sich wegen der ungeheueren Forderung des amerikanischen Kapitäns, welche Freycinet nicht bewilligen wollte. Auch mit Kapitän Galvin bedurfte es mehrerer Tage, um handelseinig zu werden, und diesen zu folgendem Vertrage zu bestimmen:

1. Der Kapitän Galvin übernimmt es, die Schiffbrüchigen, ihre Papiere, Sammlungen und Instrumente, ebenso wie Alles, was von Ueberresten der »Uranie« unterzubringen ist, nach Rio zu schaffen.

2. Die Schiffbrüchigen haben sich unterwegs vom eigenen Proviant zu verköstigen.

3. Am Bestimmungsorte angelangt, bezahlen die Franzosen binnen zehn Tagen die Summe von 97.740 Francs.

So endete die beschwerliche Verhandlung, wie man sieht, immer noch unter sehr drückenden Bedingungen.

Vor der Abfahrt von den Malouinen bereicherte der Naturforscher Gaudichaud das elende Land noch mit mehreren Pflanzenarten, die ihm für spätere, hier verweilende Seefahrer nützlich werden zu können schienen.

Einige Details über diesen Archipel dürften nicht ganz ohne Interesse sein. Aus einer großen Anzahl Eilande und zwei Hauptinseln, Conti und Maidenland, bestehend, liegt diese Gruppe zwischen 50°57' und 52°45' südlicher Breite, 60°4' und 63°48' westlicher Länge von Paris verstreut. Die Bai der Franzosen am Ostende der Insel Conti bildet eine ausgedehnte, mehr tiefe als breite Bucht mit steilen felsigen Ufern.[310]

Die Temperatur ist trotz der hohen Breite der Inseln eine ziemlich milde. Schnee fällt nicht viel und bleibt auch auf den höchsten Bergspitzen nicht über zwei Monate lang liegen. Fließende Gewässer frieren niemals zu, und auch auf Seen und Sümpfen erlangt das Eis höchstens einmal einen Tag über genügende Festigkeit, um einen Menschen zu tragen. Nach den Beobachtungen Weddells, der von 1822 bis 1824 dieselbe Gegend besuchte, sollte sich die Lufttemperatur seit vierzig Jahren bemerkbar gehoben haben, wofür er als Ursache die veränderte Richtung der großen Eisfelder angiebt, die jetzt mehr nach der Mitte des Atlantischen Oceans treiben und dort zum Schmelzen kommen.

Nach der Meinung des Naturforschers Quoy scheint es, daß die Malouinen, in Anbetracht der geringen Tiefe des Meeres, das sie von Amerika trennt, und der Uebereinstimmung der Grasebenen hier mit den Pampas bei Buenos-Ayres, ehemals einen Theil des Festlandes gebildet haben.

Diese Ebenen sind niedrig, sumpfig, mit hohem Grase bedeckt und stehen im Winter unter Wasser. Man findet hier ausgedehnte Lager von schwarzem Torf, der ein vortreffliches Brennmaterial abgiebt.

Diese eigenthümliche Natur des Erdbodens verhinderte das Gedeihen der Bäume, welche Bougainville hier acclimatisiren wollte und von denen zur Zeit des Aufenthaltes Freycinet's keine Spur mehr zu entdecken war. Die größte und hier am meisten vorkommende Pflanze ist eine Art Schwertlilie – ein ausgezeichnetes Viehfutter – unter der sich viele Seehunde und unzählige Plattfische aufzuhalten pflegen. Diese war es, welche die ersten Reisenden von der Ferne aus für großes Buschwerk angesehen hatten.

Sellerie, Küchenschelle, Kresse, Löwenzahn, Orseille und Pimpinelle sind die einzigen Nutzpflanzen, welche auf dem Archipel vorkommen.

Bezüglich der Thiere hatten sich die von den französischen und spanischen Kolonisten eingeführten Büffel, Schweine und Pferde auf der Insel Conti zwar stark vermehrt, ihre Zahl war aber, da die Walfischfänger denselben eifrig nachstellten, bald merklich herabgegangen.


Die Bai Française in den Malouinen. [Facsimile. Alter Kupferstich.] (S. 306.)
Die Bai Française in den Malouinen. [Facsimile. Alter Kupferstich.] (S. 306.)

Das einzige auf den Malouinen wirklich einheimische Thier ist der antarktische Hund, dessen Schnauze ganz und gar an die des Fuchses erinnert. Von den Walfischjägern wird er auch nicht anders als Fuchs- oder Wolfshund genannt. Früher sollen diese Thiere sehr bösartig gewesen sein; so erzählt man zum Beispiel, daß sie sogar in's Wasser gesprungen wären, um Byron's Leute anzufallen.


Die »Mercury« vor Anker in der Bai Française. (S. 310.)
Die »Mercury« vor Anker in der Bai Française. (S. 310.)

[311] Jetzt begnügen sie sich mit Kaninchen – die es hier in Menge giebt – wenn die Robben, auf welche sie gern Jagd machen, ihnen entschlüpfen.

Am 28. April 1820 ging die »Mercury« mit Freycinet und seinen Begleitern nach Rio de Janeiro in See. Kapitän Galvin aber hatte Eines vergessen, den Umstand nämlich, daß sein Schiff unter der Flagge von Buenos-Ayres, welches mit den Portugiesen im Kriege lag, in Rio mit Beschlag belegt und er nebst seinen Leuten als Gefangene behandelt würden.[312] Er wünschte also den mit Freycinet eingegangenen Vertrag wieder zu lösen und bemühte sich, dessen Zustimmung zu einer Landung in Montevideo zu erhalten. Der französische Befehlshaber gab aber nicht nach, und so wurde an Stelle des ersteren ein anderer Contract aufgesetzt.

Durch denselben wurde Freycinet für Rechnung der französischen Marine Eigenthümer der »Mercury«, die er um die früher stipulirte Summe erwarb.

Am 8 Mai gelangte man nach Montevideo, wo Freycinet das Commando des Schiffes übernahm, dem er den Namen »Physicienne« beilegte. Der Aufenthalt hierselbst wurde zur besseren Ausrüstung, zur ordentlichen Verstauung[313] der Fracht und zur Revision der Takelage benützt, während man gleichzeitig den nöthigen Wasser- und Mundvorrath für die Fahrt nach Rio einnahm, welches die »Physicienne«, nicht ohne mannigfache Beschädigung zu erleiden erreichte.

Das Fahrzeug hatte ein so wenig kriegerisches Aussehen, trotz des Kriegswimpels, der am Top des Großmastes flatterte, daß es die Zollbeamten hier wie jedes andere Handelsschiff untersuchen wollten.

Wegen unabweislicher und umfassender Reparaturen mußte Freycinet bis zum 18. September in Rio de Janeiro verweilen. Dann endlich schlug er den Weg nach Frankreich ein und ging am 13. November 1820 in Havre nach einer Reise von drei Jahren und zwei Monaten vor Anker, bei welcher er nicht weniger als 18.862 Seemeilen, gleich 23.577 französischen Lieues, zurückgelegt hatte.

Wenige Tage später kam Freycinet, ziemlich schwer erkrankt, nach Paris und übergab dem Secretariat der Akademie der Wissenschaften die Tagebücher von der Reise, welche nicht weniger als einunddreißig Quartbände füllten. Gleichzeitig überreichten die Naturforscher der Expedition, Quoy, Gaimard und Gaudichaud, die von ihnen zusammengestellten Sammlungen. Darunter befanden sich vier neue Arten von Säugethieren, fünfundvierzig von Fischen, dreißig von Reptilien, Mollusken, Spinnen, Polypen u. s. w.

Freycinet wurde, gemäß der strengen Gesetze, vor ein Kriegsgericht gestellt, um sich wegen des Verlustes seines Schiffes zu verantworten. Dasselbe sprach ihn aber nicht allein vollständig frei, sondern er erntete noch für seine Energie, seine Geschicklichkeit und die zweckmäßigen Maßnahmen unter den geschilderten traurigen Umständen die Lobsprüche aller Richter. Kurz darauf empfing ihn selbst Ludwig XVIII. persönlich, und ihn beim Verlassen des königlichen Cabinets begleitend, sagte er: »Sie sind als Fregatten-Kapitän hier eingetreten und gehen als Linienschiffs-Kapitän wieder fort! Danken Sie mir nicht, sondern sagen Sie einfach, wie jener Jean Bart seinerzeit zu Ludwig XIV.: ›Sir, daran haben Sie recht gethan!‹«

Seitdem widmete sich Freycinet mit allem Fleiße der Publication der Resultate seiner Expedition. Schon das Wenige, was wir von derselben mittheilten, läßt erkennen, wie groß diese waren. Der bis zum Exceß gewissenhafte Forscher wollte auch nichts erscheinen lassen, wogegen irgend ein Einwand erhoben werden könnte, und hielt darauf, daß seine Arbeiten nach allen Seiten auf der Höhe der Wissenschaft standen. Es ist leicht zu begreifen, wie viel Zeit[314] er zum Ordnen des überreichlich mitgebrachten Materials verwenden mußte. Als ihn am 18. August 1842 der Tod ereilte, hatte er gerade an den merkwürdigsten und interessantesten Theil seiner Arbeit, der die Volkssprache in Oceanien und auf den Mariannen behandelt, noch nicht einmal die letzte Hand angelegt.

Gegen Ende des Jahres 1821 erhielt der Marineminister, Marquis de Clermont-Tonnere, von zwei jungen Officieren, Duperrey und Dumont d'Urville, den Plan zu einer neuen Reise vorgelegt. Der Erstgenannte war seit kaum einem Jahre nach Frankreich zurückgekehrt; als zweiter Officier Freycinet's auf der»Uranie« hatte er der Expedition durch seine allgemeinen wissenschaftlichen und hydrographischen Kenntnisse sehr wichtige Dienste geleistet. Der Zweite, ein Mitarbeiter des Kapitän Gauttier, zeichnete sich bei einer zu hydrographischen Zwecken unternommenen Fahrt im Mittelländischen und Schwarzen Meere rühmlichst aus. Er beschäftigte sich vorzüglich mit Botanik und alterthümlicher Kunst, und war der Erste, welcher auf den hohen künstlerischen Werth der eben aufgefundenen Venus von Milo aufmerksam machte.

Die jungen Gelehrten wollten die Naturgeschichte in ihrem ganzen Umfange, den Magnetismus, die Meteorologie und die Bestimmung der Erdgestalt zu Gegenständen ihrer Beobachtungen machen.

»Was die Geographie betrifft, sagt Duperrey, so beabsichtigen wir, theils durch directe Beobachtung, theils durch Zeitvergleichung, die Position einer großen Anzahl Punkte, vorzüglich in den dichtgesäeten Archipelen des Großen Oceans, festzustellen, welche bisher zu so vielen Schiffbrüchen Veranlassung gaben und durch die Natur und Gestalt der niedrigen Inseln, Korallenbänke und Klippen so merkwürdig sind. Ferner wollen wir neue Fahrstraßen durch den Gefährlichen Archipel und die Gesellschaftsinseln neben den von Quiros, Wallis, Bougainville und Cook eingeschlagenen Wegen aufsuchen; unsere hydrographischen Aufnahmen womöglich mit den von den Fahrten d'Entrecasteaux' und Freycinet's nach Polynesien, Neu-Holland und den Molukken her bekannten verknüpfen; wir gedachten, eingehend die von Magellan entdeckten Carolinen zu untersuchen, über welche man, mit Ausnahme der neuerdings von Kotzebue erforschten östlichen Theile, nur sehr unbestimmte Kenntnisse besaß, welche meist von Missionären nach den Erzählungen verschiedener, in ihren Piroguen verirrter und von Winden nach den Mariannen verschlagener Wilden herrührten. Ebenso sollten Sprache, Charakter, Sitten und die äußere Erscheinung der Inselbewohner zum[315] Gegenstande genauer und voraussichtlich interessanter Beobachtungen gemacht werden.«

Die Marine-Aerzte Garnot und Lesson wurden mit den naturgeschichtlichen Arbeiten betraut, während man zum Stabe des Schiffes die unterrichtetsten Officiere heranzog. Zu den letzteren gehörten unter Anderen Lesage, Jacquinot, Bérard, Lottin, de Blois und de Blosseville.

Hocherfreut über das von den Veranstaltern dieser Reise vorgeschlagene Programm, übermittelte die Akademie der Wissenschaften diesen eingehende Instructionen, in welchen die Desiderata der Wissenschaft niedergelegt waren. Gleichzeitig stellte man den Reisenden die besten Instrumente aller Art zur Verfügung.

Das für die Fahrt bestimmte Schiff war ein kleiner Dreimaster von nur zwölf bis dreizehn Fuß Tiefgang, die »Coquille«, ein Reserveschiff aus dem Hafen von Toulon.

Die zur Instandsetzung, Befrachtung und Ausrüstung nothwendigen Arbeiten verzögerten die Abfahrt der Expedition bis zum 11. August 1822. Sie kam am 28. desselben Monats in Teneriffa an, wo die Officiere und Gelehrten nach den reichen Ernten, welche ihre Vorgänger hier eingeheimst, doch noch auf eine nicht ganz fruchtlose Nachlese hofften; da dem Sanitätsrathe der Insel aber Nachrichten über den Ausbruch des gelben Fiebers auf Mittelmeer-Schiffen zugegangen waren, wurde die »Coquille« einer vierzehntägigen Quarantaine unterworfen.

Zu jener Zeit waren gerade die politischen Anschauungen so erregte und herrschte auf Teneriffa eine solche Gährung, daß die Einwohner Tag für Tag nahe daran waren, von Worten zu Thätlichkeiten überzugehen. Unter diesen Verhältnissen bedauerten die Franzosen die Vereitelung ihrer Absichten natürlich weniger, als es sonst der Fall gewesen wäre. Die acht Tage, welche sie an diesem Platze zubrachten, wurden denn auch nur zur Verproviantirung der Korvette und zu astronomischen und magnetischen Beobachtungen verwendet.

Am 1. September lichtete man die Anker und unternahm am 6. October eine Untersuchung der Inseln Martin Vaz und Trinidad. Die ersteren bestehen aus hohen Felsen von wirklich abschreckender Kahlheit; Trinidad ist ein hohes felsiges Land und fast ebenso unfruchtbar, doch krönen wenigstens einige Bäume den südlichen Theil der Insel. Diese ist übrigens keine andere als die oft erwähnte Insel Ascension, welche drei Jahrhunderte das Ziel so vieler Forscher war.[316]

Der berühmte Halley hatte im Jahre 1700 von dem Eilande für seine Regierung Besitz genommen, die es den Portugiesen abtrat, als diese eine Niederlassung an der Stelle gegründet, wo sie La Pérouse noch 1785 antraf. Die nutzlose und kostspielige Kolonie wurde später wieder aufgelassen, und jetzt hat die Insel keine anderen ständigen Bewohner als Hunde, Schweine und Ziegen. die Nachkömmlinge der früher eingeführten Thiere.

Von Trinidad aus hatte Duperrey die Absicht, sich direct nach den Malouinen zu begeben; er erlitt aber auf dem Wege sehr bald verschiedene Unfälle, die ihn an der Insel Katharina anzulegen zwangen. Nur an diesem Platze konnte er hoffen, das zum Ersatz des verloren gegangenen Takelwerks nothwendige Holz und auch Lebensmittel zu finden, die bei dem hier herrschenden Ueberflusse leicht zu beschaffen sein mußten.

Wenn man sich der genannten Insel nähert, fühlt man sich angenehm überrascht, von dem großartigen und pittoresken Anblick ihrer dichten Wälder in denen Sassafras- und Lorbeerbäume, Cedern, Orangen und verschiedene Wurzelträger sich mit Bananen und Palmen mischen, die ihre zierlichen Wipfel bei der sanften Brise wiegen.

Als die Korvette Anker warf, waren nur vier Tage verflossen, seitdem Brasilien das Joch der Hauptstadt (Lissabon) abgeschüttelt, seine Unabhängigkeit erklärt und den Prinzen Dom Pedro d'Alcantara zum Kaiser ausgerufen hatte. Der Commandant sendete in Folge dessen, um verläßliche Nachrichten über diese politische Wandlung zu erhalten und um zu erfahren, wie sich die neuen Machthaber seiner Expedition gegenüber verhalten würden, eine aus den Herren d'Urville, de Blosseville, Gabert und Garnot bestehende Mission nach Nossa Senhora del Desterro, der Hauptstadt der Insel, ab.

Die Verwaltung der Provinz lag in den Händen einer Junta, welche die Franzosen sofort ermächtigte, sich ihren Holzbedarf fällen zu lassen, und den Befehlshaber des Forts von Santa Cruz anwies, deren wissenschaftliche Arbeiten mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln zu unterstützen. Lebensmittel waren freilich nur mit Mühe zu erhalten, da die Händler, aus Furcht vor unerwarteten Ereignissen, ihre Vorräthe nach Rio geschafft hatten. Hierdurch erklären sich die Schwierigkeiten, denen der Commandant der »Coquille« in einem Hafen begegnete, der von den Kapitänen Krusenstern und Kotzebue so warm empfohlen worden war.

»Die Einwohner, heißt es in dem Berichte, lebten in der Ueberzeugung, daß bald feindliche Truppen landen würden, um sie wieder zu unterwerfen, das[317] hieß ihrer Anschauung nach, sie wieder zu Sklaven zu machen. Das am 1. August 1822 erlassene Decret, welches alle Brasilianer zur Vertheidigung der Küsten zu den Waffen rief und ihnen befahl, auf jeden Fall bei einer Ueberrumpelung Widerstand zu leisten, hatte diese Befürchtungen erweckt. Die eben so wohlwollenden als energischen Anschauungen, welche Prinz Dom Pedro entwickelte, hatten eine hohe Vorstellung von dessen Charakter und Emancipations-Projecten erweckt. Voller Vertrauen zu seinen Plänen, entzündete sich bei den zahlreichen Parteigängern für die Sache der Unabhängigkeit ein Enthusiasmus, der um so geräuschvoller zum Durchbruch kam, als die Geister so lange Zeit unter knechtischem Drucke gehalten worden waren. In ihrer ausgelassenen Freude hatten sie die Städte Nossa Senhora del Desterro, Laguna und San Francisco auf's reichste illuminirt und zogen, Lobgesänge zu Ehren Dom Pedro's anstimmend, durch die Straßen.«

Dieser Enthusiasmus, der in allen Städten aufloderte, wurde dagegen von den friedliebenden, allen politischen Umwälzungen abholden Landbewohnern keineswegs getheilt; und wenn Portugal in der Lage gewesen wäre, seine Einsprüche mit der Absendung eines Geschwaders zu unterstützen, unterliegt es keinem Zweifel, daß diese Provinz bald wieder zur Botmäßigkeit gebracht worden wäre.

Am 30. October ging die »Coquille« wieder unter Segel. Oestlich vom Rio de la Plata von einem plötzlichen Sturme, den man dort »Pampero« nennt, überfallen, entging sie diesem jedoch ohne Beschädigung.

Duperrey machte hier recht interessante Beobachtungen über die Strömung des La Plata. Schon Freycinet hatte gefunden, daß das Wasser dieses Flusses noch hundert Meilen östlich von Montevideo eine Stromgeschwindigkeit von zwei und einhalb Meilen in der Stunde besaß. Der Befehlshaber der »Coquille« überzeugte sich aber, daß die Strömung selbst in noch weit größerer Entfernung nachweisbar war; er wies auch nach, daß das durch den Ocean zurückgestaute Wasser sich in zwei Arme theilte, welche längs der Küsten auf beiden Seiten seiner Mündung hinflossen; endlich leitete er von den erdigen Bestandtheilen, die der La Plata, wo er schnell fließt, mit sich führt, die sich aber, wenn die Stromgeschwindigkeit nachläßt, jahraus jahrein an der Küste Amerikas niederschlagen, die geringe Tiefe des Meeres zwischen diesen Gegenden und den Magellan-Ländern her.

Vor der Einfahrt in die Bai der Franzosen segelte die von günstigem Winde getriebene »Coquille« quer durch ungeheuere Schaaren von Walfischen und[318] Delphinen, Plattfischen und schwärmenden Phaëtons, die sich gewöhnlich in dieser oft von Stürmen heimgesuchten Gegend aufhalten.

Duperrey und einige seiner Begleiter kehrten nicht ohne ein gewisses Gefühl von Genugthuung jetzt nach den Malouinen zurück, dem Lande, das ihnen nach dem Scheitern der »Uranie« drei Monate lang als Zufluchtsort gedient hatte Sie besichtigten das Gestade, wo ihr Lagerplatz gewesen war; die Reste der Korvette bedeckte schon der Sand, und was man davon wahrnahm, zeigte überall die Spuren der Plünderung durch habgierige Walfänger, welche von Zeit zu Zeit hierher kommen. Im Ganzen fanden sie nichts als Trümmer aller Art, zerbrochene Caronaden (kurze Schiffskanonen), Fragmente von der Takelage, Fetzen von Kleidungsstücken, Reste von Segeln und andere kaum noch erkennbare Gegenstände, vermischt mit Knochen von den Thieren, welche einst den Schiffbrüchigen als Nahrung dienten.

»Dieser Schauplatz eines noch verhältnißmäßig neuen Unfalls, so lautet der Bericht, machte einen trostlosen Eindruck, den in unseren Augen die Dürre und Unfruchtbarkeit des Bodens und der Zustand des Himmels, welcher zur Zeit unseres Besuches bedeckt und regnerisch war, nur noch verschlimmern konnten. Immerhin übte er auf uns eine unwiderstehliche Anziehungskraft aus und hinterließ in unserer Seele eine unbestimmte melancholische Stimmung, die auch lange nach der Abreise von den Malouinen nicht weichen wollte.«

Duperrey's Aufenthalt auf den Malouinen verlängerte sich bis zum 17. December. Man hatte sich inmitten der Ruinen der von Bougainville gegründeten Niederlassung so gut als möglich eingerichtet, um die verschiedenen Reparaturen vorzunehmen, welche der Zustand der Korvette erheischte. Jagd und Fischfang deckten reichlich die Bedürfnisse der Mannschaft; außer Früchten und Gemüsen fand sich Alles in großer Menge, und so bereiteten sich die Leute im Schoße des Ueberflusses vor, den Gefahren der Meere um das Cap Horn zu trotzen.

Anfangs hatte man gegen heftige Nordwestwinde und starke Strömungen anzukämpfen; dann folgten sich stürmische Böen und dichte Nebel, bis die Seefahrer am 19. Januar 1823 endlich die Insel Mocha erreichten, welche wir schon kurz zu erwähnen Gelegenheit hatten.

Duperrey verlegt sie unter 38°20' 30'' südlicher Breite und 76°21' 55'' westlicher Länge und schätzt ihren Umfang auf vierundzwanzig Meilen. Die Insel, welche eine Kette mittelhoher Berge bildet, die bis zum Meere hin abfallen, hat oft zum Stelldichein der ersten Erforscher des Pacifischen Oceans gedient.


Im Ganzen fanden sie nichts als Trümmer. (S. 319.)
Im Ganzen fanden sie nichts als Trümmer. (S. 319.)

[319] Hier fanden Freibeuter und Kauffahrer wilde Pferde und Schweine, deren Fleisch einen sprichwörtlich gewordenen Leckerbissen lieferte.


Wasserfall von Port Praslin. [Facsimile. Alter Kupferstich.]
Wasserfall von Port Praslin. [Facsimile. Alter Kupferstich.]

Man traf hier auch frisches klares Wasser, ebenso wie europäische Früchte, Aepfel, Pfirsiche und Kirschen von Bäumen, welche die Eroberer angepflanzt hatten. Im Jahre 1823 freilich war davon fast Alles verschwunden oder von kurzsichtigen Walfängern zerstört.[320]

Etwas weiter hin kamen die beiden »Mamelles«, welche die Mündung des Biobio bezeichnen, das Eiland Quebra-Ollas und die Insel Quiriquina in Sicht, dann öffnete sich vor den Blicken der Reisenden die Bai Conception, wo nur ein einziger englischer Walfänger vor Anker lag, der sich zur Rückreise um das Cap Horn anschickte, und dem man Briefe und einen vorläufigen Bericht über die erzielten Resultate übergab.

Am Tage nach der Ankunft, als die Sonne die Bai beleuchtete, erschien das Bild von Traurigkeit und Oede, das die Seefahrer schon Tags zuvor erschreckt hatte, noch auffallender. Die Häuser in Trümmern, die Straßen der Stadt ohne Leben, am Strande ein paar erbärmliche halbversenkte Piroguen,[321] neben denen wenige Fischer in schmutziger Kleidung umherirrten. Hütten ohne Thüren und Läden, vor denen einige zerlumpte Frauen saßen und sich gegenseitig kämmten, das war das beklagenswerthe Bild, welches der Flecken Taleahnana bot.

Um den Contrast mit dem Elend der Einwohner noch greller erscheinen zu lassen, hatte die Natur Hügel und Wälder, Gärten und Weinberge mit ihrem reichsten Schmucke bekleidet; überall leuchteten prächtige Blumen und lockten saftige Früchte, deren satte Farbe ihre Reise verrieth. Eine unausstehliche Sonnengluth, ein Himmel ohne jedes Wölkchen machten das ganze Bild noch ergreifender.

Diese Trümmer, diese Zerstörung, dieses Elend waren die unzweifelhaften Folgen der Revolutionen, welche hier eine auf die andere folgten.

In St. Katharina waren die Franzosen Zeugen der Unabhängigkeitserklärung Brasiliens gewesen; hier wohnten sie nun dem Sturze des Präsidenten O'Higgins bei. Dadurch, daß dieser die Einberufung des Congresses umging, die Pflanzer den Kaufleuten durch Erhöhung der directen Steuern und Herabsetzung der Zölle opferte, hatte O'Higgins, den man daneben noch der Unterschlagung öffentlicher Gelder beschuldigte, den größten Theil der Bevölkerung gegen sich eingenommen.

An der Spitze der Bewegung, die sich gegen ihn vorbereitete, stand der General Don Ramon Freire y Serrano, der den Seefahrern ausdrücklich zusicherte, daß die kommenden Ereignisse der Verproviantirung der »Coquille« in keiner Weise hinderlich sein sollten.

Am 26. Januar trafen zwei Korvetten bei Conception ein; sie hatten einen Franzosen, Oberst Beauchef, an Bord, der zu dem General Freire mit einem von ihm organisirten Regiment stieß, das durch Haltung, Disciplin und Ausbildung entschieden das vorzüglichste in der chilenischen Armee bildete.

Am 2. Februar statteten die Officiere der »Coquille« dem General Freire in Conception einen Besuch ab. Je mehr man sich der Stadt näherte, desto zahlreicher wurden die verwüsteten Felder, die niedergebrannten Häuser, desto seltener die nur noch mit Lumpen bedeckten Einwohner. Am Eingange von Conception war auf einem Mast der Kopf eines berüchtigten Räubers aufgesteckt, eines wahrhaften wilden Thieres, Benavidez mit Namen, der alle nur erdenkbaren Verbrechen begangen hatte und den man in Chile noch lange Zeit nach seinem Tode verwünschte.

Der Anblick der Stadt selbst war womöglich noch trauriger. Conception, das von den siegreichen Parteien abwechselnd eingeäschert wurde, bestand nur[322] noch aus Schutthaufen, zwischen denen da und dort halbnackte Einwohner umherirrten, die Reste einer früheren reichen Bevölkerung. In den Straßen wuchs jetzt Gras, der Palast des Bischofs und die Kathedrale, fast die einzigen noch aufrechtstehenden Gebäude, waren doch der Unbill jeder Witterung preisgegeben und, wenn nicht bald eine Aenderung eintrat, ebenfalls vom Untergange bedroht.

General Freire hatte, bevor er offen gegen O'Higgins auftrat, Frieden geschlossen mit den Araucaniern, kraftvollen Wilden, welche ihre Unabhängigkeit zu bewahren gewußt haben und immer bereit waren, in das spanische Gebiet selbst einzufallen. Einzelne Abtheilungen derselben wurden sogar unter die chilenischen Truppen eingereiht. Duperrey, der sie selbst sah und von dem General Freire oder dem Oberst Beauchef weitere verläßliche Auskunft über dieselben erhielt, entwirft von ihnen ein nicht besonders schmeichelhaftes Bild.

In Besitz schneller Pferde, tragen die Araucanier eine lange Lanze, ein mächtiges, fast säbelartiges Jagdmesser, das bei ihnen »Machete« heißt, und den Lasso, den sie sehr geschickt zu handhaben verstehen.

Von nicht außergewöhnlicher Gestalt und kupferfarbenem Teint, geben ihnen die kleinen, schwarzen, lebhaften Augen, die abgeplattete Nase und die dicken Lippen einen thierischen Ausdruck. Sie zerfallen in verschiedene Einzelstämme, sind sehr raublustig und liegen in Folge dessen fast stets untereinander im Kriege.

»Wenn man sie in ihren »Toldos« zuweilen Besiegte aufnehmen und diese selbst vertheidigen gesehen haben will, heißt es in dem Berichte, so treibt sie zu solchen scheinbar edelmüthigen Handlungen doch nur der Geist der Rache. So z. B. wenn sich unter den Feinden ein Stamm befand, den sie auszurotten wünschten. Bei ihnen beherrscht der Haß alle anderen Leidenschaften, und dieser allein bietet eine gewisse Garantie für ihre Treue. Sie sind Alle von erprobter Tapferkeit, heftig, ja ungestüm und erbarmungslos gegen ihre Feinde, die sie mit entsetzlichem Gleichmuthe niedermetzeln. Bei ihrer Herrschsucht und Rachbegierde mißtrauen sie stets jedem Unbekannten, sind aber gastfreundlich und freigebig gegen Die, welche sie als Freunde betrachten. Heftig in allen Leidenschaften, bewachen sie ihre Freiheit mit glühender Eifersucht und sind jeden Augenblick entschlossen, ihre Rechte mit den Waffen in der Hand zu vertheidigen. Auch die geringste Beleidigung vergessen sie niemals, das Wort Verzeihung kennen sie nicht und es erfüllt sie ein unersättlicher Durst nach dem Blute ihrer Feinde.«[323]

Das ist das Bild, welches Duperrey unter Garantie der Aehnlichkeit von diesen wilden Kindern der Anden entwirft, die wenigstens das Lob verdienen, seit dem 16. Jahrhundert schon allen Anstrengungen fremder Eroberer getrotzt und ihre Unabhängigkeit voll und ganz bewahrt zu haben.

Nach dem Abmarsch des General Freire mit seinen Truppen machte sich Duperrey die günstigeren Umstände zunutze, sein Schiff, so gut es anging, zu verproviantiren. Wasser und Schiffszwieback waren bald an Bord geschafft; dagegen forderte die Zuführung von Steinkohle einige Zeit, obwohl man diese, welche in einem Tagebau einfach gesammelt wurde, fast kostenlos erhielt, da nur die Mauleseltreiber und der Transport derselben bis zum Meere bezahlt werden mußten.

Gestalteten sich die Verhältnisse während des Aufenthaltes der »Coquille« in Conception auch keineswegs günstig, so vermochte der allgemeine Jammer doch nicht, die traditionellen Lustbarkeiten des Carnevals ganz zu unterdrücken. Diners, Gesellschaften und Bälle kamen wieder auf die Tagesordnung und man bemerkte den Abmarsch der Truppen eigentlich nur daran, daß es etwas an Herren fehlte. Die französischen Officiere veranstalteten aus Dankbarkeit für den ihnen zu theil gewordenen ausgezeichneten Empfang in Talcahuana zwei Bälle, und mehrere Familien aus Conception scheuten selbst die Reise dahin nicht, um denselben beizuwohnen.

Leider schließt der Bericht Duperrey's mit dem Zeitpunkte, wo er Chili verließ, und wir besitzen kein officielles Document, um die Einzelheiten dieser interessanten und erfolgreichen Fahrt zu schildern. Außer Stande, dem Originale Schritt für Schritt folgen zu können, wie das bezüglich der anderen Reisenden der Fall war, sind wir gezwungen, uns mit einem Auszuge aus den uns zugänglichen Auszügen zu begnügen, eine undankbare, für den Leser ebenso unangenehme, wie für den Schriftsteller schwierige Aufgabe, der sich nur an dürre Thatsachen halten kann und seine Arbeit nicht mit persönlichen Beobachtungen und mancherlei fesselnden Anekdoten der Reisenden zu würzen vermag.

Zum Glück sind einige Briefe des Seefahrers an den Marineminister veröffentlicht worden, und wir entnehmen diesen die hier folgenden Details.

Am 15. Februar 1823 segelte die »Coquille« von Conception nach Payta ab, von wo aus sich im Jahre 1595 Alvarez de Mendana und Fernandez de Quiros zu der Entdeckungsreise eingeschifft hatten, die ihre Namen so berühmt machen sollte; vierzehn Tage später überfiel die Korvette aber in der Nähe der[324] Insel Laurenzo eine Windstille, welche Duperrey veranlaßte, in Callao zur Einnahme frischer Nahrungsmittel Halt zu machen.

Bekanntlich bildet Callao den Hafen von Lima. Die Officiere benutzten also die Gelegenheit, auch der Hauptstadt von Peru einen Besuch abzustatten. Sie trafen es hiermit nicht gerade glücklich. Die Damen der besseren Gesellschaft befanden sich in den Seebädern von Miraflores und die hervorragendsten Männer waren ihnen dahin gefolgt. Jene mußten sich also darauf beschränken, die Wohnstätten und bedeutendsten öffentlichen Bauwerke der Stadt in Augenschein zu nehmen, worauf sie am 4. März nach Callao zurückkehrten. Am 9. desselben Monats warf die Korvette schon in Payta Anker.

Die Lage dieses Ortes zwischen dem terrestrischen und dem magnetischen Aequator machte ihn vorzüglich geeignet zur Beobachtung der täglichen Schwankungen der Magnetnadel. Die Naturforscher unternahmen gleichzeitig wiederholte Ausflüge nach der Wüste von Piura; sie sammelten daselbst interessante Muschelpetrefacte in tertiärem Boden, der mit den Erdschichten in der Nähe von Paris vollkommen übereinstimmte. Nach Sammlung alles Dessen, was irgend ein wissenschaftliches Interesse bieten konnte, nahm die »Coquille« ihren Weg wieder auf und segelte auf Tahiti zu.

Bei dieser Fahrt ereignete sich ein Zwischenfall, der vielleicht den Untergang der Expedition herbeiführen, jedenfalls aber schwere Hindernisse für die Fortsetzung derselben mit sich bringen konnte. In der Nacht zum 22. April befand sich die »Coquille« in der Nähe des Gefährlichen Archipels, als der wachthabende Officier plötzlich das Geräusch von an Rissen sich brechenden Wellen vernahm. Er ließ sofort beilegen, und am Tage darauf überzeugte man sich, daß das Schiff damit einer großen Gefahr entgangen war.

Kaum anderthalb Meilen trennte die Korvette von einer niedrigen, dichtbewaldeten und rings mit Felsen umgebenen Insel. Diese ernährte einige Bewohner und es kam auch eine Pirogue in die Nähe des Fahrzeugs; die Besatzung derselben weigerte sich aber, an Bord zu kommen; Duperrey mußte davon absehen, dieses Land zu besuchen, das den Namen Clermont Tonnerre erhielt; überall donnerte die Brandung heftig an den Felsenriffen und er vermochte nur, der Küste vorsichtig in kurzer Entfernung zu folgen.

Am nächsten Tage und an den darauffolgenden wurden einige unwichtige Eilande entdeckt, denen man die Namen Augier's, Freycinet's und Lostanges' beilegte.[325]

Am 3. Mai mit Sonnenaufgang bekam man endlich den grünen Strand und die bewaldeten Höhen von Tahiti in Sicht. Wie seine Vorgänger, fand auch Duperrey die totale Umänderung der Sitten und Gebräuche der Einzelnen bestätigt.

Keine Pirogue ruderte der »Coquille« entgegen. Es war gerade die Stunde des Gebets, als sie in die Bai von Matavaï einfuhr, und die Missionäre hatten die gesammte Bevölkerung der Insel, gegen siebentausend Individuen, nach der Hauptkirche von Papahoa zusammengerufen, um über ein neues Gesetzbuch zu verhandeln. Die tahitischen Redner gaben, wie es scheint, den unsrigen nichts nach. Eine große Anzahl derselben besaß ein ausgesprochenes Talent, mehrere Stunden zu predigen, um nichts zu sagen und die schönsten Projecte unter den Blumen ihrer Beredtsamkeit zu begraben.

D'Urville berichtet über eine dieser Sitzungen wie folgt:

»Der Maler der Expedition, Lejeune, wohnte allein der Sitzung des nächsten Tages bei, wo der Volksversammlung verschiedene politische Fragen unterbreitet wurden. Diese währte mehrere Stunden, während der viele angesehene Männer der Reihe nach das Wort ergriffen. Der glänzendste Redner der Versammlung war der Häuptling Tati. Die Hauptfrage, welche zur Verhandlung kam, betraf eine jährliche Steuer, welche jeder Mann mit fünf Bambus3 Oel erlegen sollte. Weiter debattirte man über gewisse Zölle, welche theils für Rechnung des Königs, theils für die Missionäre erhoben werden sollten.

Wir erfuhren später, daß der erste Theil dieser Vorlage angenommen worden war, während der zweite, die Missionäre betreffend, von diesen selbst, in Erwartung eines Mißerfolges, zurückgezogen wurde. Etwa viertausend Personen nahmen an dieser Art Nationalversammlung theil.«

Seit etwa zwei Monaten hatte Tahiti die früher geführte englische Flagge abgeschafft und eine eigene angenommen, doch beeinträchtigte diese friedliche Revolution in keiner Weise das Vertrauen zu den Missionären. Letztere nahmen die Franzosen sehr zuvorkommend auf und lieferten ihnen zu den gewöhnlichen Preisen Alles, was sie bedurften.

Die auffallendste und eigenthümlichste Umwandlung bei diesen Leuten zeigte sich in dem Auftreten der Frauen. Früher von unerhörter Leichtfertigkeit, wie Cook, Bougainville und andere Forscher jener Zeit bezeugen, trugen sie jetzt[326] die größte Bescheidenheit, Zurückhaltung und Decenz zur Schau, so daß die Insel wirklich den ergötzlichen und doch offenbar unwahren Anblick eines einzigen großen Klosters darbot.

Von Tahiti aus lief die »Coquille« die Nachbarinsel Borabora an, die zu derselben Gruppe gehört und gleichfalls europäische Gewohnheiten adoptirt hatte.

Vom 9. Juni ab steuerte die Korvette nach Westen, kam nach und nach an den Inseln Salvage, Eoa, Santa Cruz, Bougainville und Bouka vorbei und ging endlich in dem, durch seinen prächtigen Wasserfall an der Küste Neu-Irlands bekannten Hafen Praslin vor Anker.

»Die freundschaftlichen Beziehungen, welche sich hier zu den Eingebornen entwickelten, lieferten uns verschiedene Aufschlüsse über die Geschichte der Ureinwohner, welche frühere Reisende offenbar nicht zu erlangen im Stande gewesen waren.«

Wir beklagen umsomehr die Nichtveröffentlichung des ganzen Berichtes dieser Reise, als der vorstehende Satz, der sich in einer kurzen Notiz in den »Annalen der Reisenden« findet, nur die Neugierde reizt, ohne sie zu befriedigen.

Der Fähnrich Poret de Blosseville – derselbe, der später mit der »Lilloise« im Eise des Pols verschollen ist – begab sich trotz aller Einreden der Wilden einmal nach einem nahen Dorfe. Hier zeigten ihm diese eine Art Tempel, wo sich auf einer mit Mauern umschlossenen Plattform mehrere ungestaltete und merkwürdige Götzenbilder erhoben.

Von dem Kanal St. Georges wurde eine genaue Karte aufgenommen; dann besuchte Duperrey die früher von Schouten im Nordosten von Neu-Guinea entdeckten Inseln, zu deren Erforschung er die drei Tage vom 26. bis 28. August verwendete. Vergeblich bemühte sich der Forscher dann, die Inseln Stephens und Carteret aufzufinden, und kam bei Vergleichung seines Kurses mit dem d'Entrecasteaux', im Jahre 1792, zu dem Schlusse, daß diese Gruppe mit dem vor langer Zeit von Dampier entdeckten Providence-Archipel identisch sein werde.

Am 3. September kam die Nordspitze Neu-Guineas in Sicht. Drei Tage später lief die Korvette in den beschränkten und felsigen Hafen von Offak, an der Nordwestküste von Waigion, einer der Papua-Inseln, ein. Forest ist der einzige Reisende, der dieses Hafens Erwähnung that.

Duperrey gereichte es auch zu hoher Genugthuung, diesen fast noch jungfräulichen Erdwinkel, den kaum der Fuß eines Europäers betrat, untersuchen zu können. Von geographischem Standpunkte erschien es von besonderem Interesse, das Vorhandensein einer mehr südlich gelegenen Bai zu constatiren, die nur eine schmale Landzunge von Offak trennte.


Eingeborne von Neu-Guinea. [Facsimile. Alter Kupferstich.]
Eingeborne von Neu-Guinea. [Facsimile. Alter Kupferstich.]

Zwei Officiere, d'Urville und de Blosseville, be[327] schäftigten sich mit dieser Aufnahme, welche Bérard, Lottin und de Blois de la Calande mit der verknüpften, welche Duperrey bei der Fahrt der »Uranie« an dieser Küste vorzunehmen Gelegenheit gehabt hatte.


Zwei Häuptlinge nahmen die Reisenden bei der Hand. (S. 333.)
Zwei Häuptlinge nahmen die Reisenden bei der Hand. (S. 333.)

Das Land erwies sich außerordentlich reich an Erzeugnissen der Pflanzenwelt, und d'Urville brachte hier eine Sammlung zu Stande, welche wegen der Neuheit ihrer Typen ebenso kostbar erscheint, wie wegen der auffallenden Schönheit derselben.[328] D'Urville und Lesson hatten sich, begierig, die Einwohner der Insel, welche zur Race der Papuas gehören, kennen zu lernen, auf einem mit sieben Mann besetzten Boote eingeschifft.

Schon waren sie unter strömendem Regen eine große Strecke weit gefahren, als sie plötzlich eine auf Pfählen errichtete und mit Latanenblättern bedeckte Hütte wahrnahmen. Unsern davon kauerte, in einem dichten Gebüsche halb versteckt, ein junger Wilder; nicht weit von ihm lagen etwa ein Dutzend frisch gepflückter Cocosnüsse offen da, welche die Seeleute geradezu einluden, sich an[329] denselben zu erquicken. Die Franzosen begriffen, daß dieselben eine von dem jungen Wilden dargebrachte Gabe seien, und ließen sich ein solches, recht wünschenswerthes Geschenk nicht zweimal anbieten. Bald trat der durch die friedliche Haltung der Seeleute beruhigte Eingeborne selbst hervor, während er das Wort »Bongous« (gut!) wiederholte und zu verstehen gab, daß diese Cocosnüsse von ihm herrührten. Seine zarte Aufmerksamkeit wurde mit dem Geschenke eines Halsbandes und eines Paares Ohrgehänge gelohnt. Als d'Urville nach seinem Boote zurückkam, sah er daselbst ein Dutzend Papuas, die mit den Ruderern scherzten, schmausten und es sich überhaupt wohl sein ließen.

»Sie hatten mich bald umringt, sagt er, indem sie fortwährend: »Kapitän, bongous!« riefen und mich mit Freundschafts-Bezeugungen überhäuften. Die Leute sind im Allgemeinen von kleinerer Statur, von schlankem und schwächlichem Körperbau und leiden von der Lepra; ihre Züge erscheinen nicht gerade unangenehm; ihre Stimme ist sanft, ihr Auftreten ernst, höflich und in ihrer Erscheinung spricht sich deutlich eine gewisse angeborne Melancholie aus.«

Unter den antiken Statuen, an denen das Louvre so reich ist, befindet sich eine, die Polyhymnia vorstellend, welche wegen des Ausdrucks melancholischer Schwärmerei, dem man an antiken Statuen sonst nicht zu begegnen pflegt, weit berühmt ist. Es erscheint wunderbar, daß d'Urville bei den Papuas diese an der antiken Statue so unverkennbar charakterisirten Züge wiedergefunden haben will.

An Bord benahm sich eine andere Gesellschaft Eingeborner sehr ruhig und zurückhaltend, wodurch sie sich auffallend von den meisten Urbewohnern Oceaniens unterschied.

Denselben Eindruck empfingen die Franzosen durch einen Besuch bei dem Rajah der Insel und auch durch den, welchen dieser an Bord der »Coquille« abstattete. In einem der Dörfer der südlichen Bai fand man eine Art Tempel mit grob gearbeiteten, buntbemalten und mit Federn und Matten geschmückten Bildsäulen. Es gelang aber nicht, über den Gottesdienst der Eingebornen und inwieweit jene Götzenbilder dabei in Frage kommen, nur das Geringste zu erfahren.

Am 16. September ging die »Coquille« wieder unter Segel, folgte dem Nordrande der zwischen Een und Yang gelegenen Inseln, machte einen kurzen Halt bei Cayeli und erreichte Amboine, wo der Gouverneur der Molukken Merkus, sie besonders wohlwollend aufnahm, und die Seefahrer von den schweren Strapazen der Reise einmal sorglos ausruhten.[330]

Am 27. October erst segelte die Korvette wieder ab und steuerte westlich von den Inseln Turtle und Lucepara auf Timor zu. Dann bestimmte Duperrey die Lage der Vulcaninsel, bekam die Inseln Wetter, Babé, Dog, Cambing in Sicht und stellte, in die Ombaystraße einfahrend, längs der Inselkette, die sich von Ombay und Panter aus bis Java erstreckte, vielfache Messungen an.

Nachdem er eine Karte von Java entworfen und die Trials vergeblich an der ihnen zugeschriebenen Stelle gesucht hatte, begab sich Duperrey nach Neu-Holland, an dessen Westküste er wegen widriger Winde nicht hinabsegeln konnte. Am 10. Januar 1824 umschiffte er endlich die Insel Van Diemen. Sechs Tage später sah er die Leuchtfeuer von Port Jackson und ließ am folgenden Tage die Anker vor der Stadt Sydney fallen.

Der von dem Eintreffen der Expedition schon vorher unterrichtete Gouverneur Sir Thomas Brisbane bereitete derselben einen ausgezeichneten Empfang, unterstützte die Verproviantirung, that sein Möglichstes, um die Reparatur der vielfachen Beschädigungen der Korvette zu beschleunigen, und gewährte d'Urville und Lesson die Mittel, eine fruchtbringende Excursion jenseits der Blauen Berge nach der Ebene von Bathurst zu unternehmen, deren Naturschätze die Europäer bisher nur sehr mangelhaft kannten.

Erst am 20. März verließ Duperrey Australien wieder. Jetzt schlug er den Kurs nach Neu-Seeland ein, das von seinen Vorgängern immer etwas vernachlässigt worden war, und rastete in der Bai von Manawa, im Grunde der weit ausgedehnten Bai der Inseln. Physikalische und geographische Beobachtungen, sowie wissenschaftliche Untersuchungen nahmen hier die Zeit der Officiere in Anspruch. Gleichzeitig lieferte das häufige Zusammentreffen von Leuten aus der Mannschaft mit Eingebornen neue Aufschlüsse über die Sitten, die religiösen Vorstellungen und die Sprache eines Volkes, das bisher alle Bemühungen der Missionäre vereitelt hatte. Die einzige Anerkennung, welche diese Wilden der fortgeschrittenen Civilisation zollten, bestand in der Annahme der verbesserten Waffen, mit deren Hilfe sie ihre kriegerischen blutigen Gelüste leichter befriedigen konnten und welche sie schon in großer Menge besaßen.

Am 17. April verließ die »Coquille« ihren Ankerplatz und segelte nach der Linie hinauf bis Rotuma, das Kapitän Wilson im Jahre 1797 entdeckt, aber nicht besucht hatte. Die sanftmüthigen und gastfreundlichen Eingebornen hier ließen es sich angelegen sein, den Seefahrern Alles zu liefern, was sie an Nahrungsmitteln bedurften. Es dauerte jedoch nicht lange, da überzeugte man[331] sich, daß die Eingebornen sich das Vertrauen, das sie einzuflößen verstanden, zunutze machten, um allerlei Gegenstände zu stehlen, zu deren Wiederherausgabe man sie nur mit Mühe bewegen konnte. Es wurden nun strenge Befehle gegeben und auf der That ertappte Diebe in Gegenwart ihrer Stammesgenossen durchgepeitscht, worüber die Zuschauer freilich nur etwas lauter lachten als die Bestraften selbst. Unter den Wilden befanden sich auch vier Europäer, welche einige Zeit vorher von dem Walfahrer »Rochester« desertirt waren. Ebenso wenig bekleidet wie die Eingebornen, tätowirt und ganz wie sie mit gelbem Pulver bedeckt, waren dieselben nur an der etwas helleren Hautfarbe und den geweckteren Zügen erkenntlich. Zufrieden mit ihrem Schicksale, hatten sie sich in Rotuma einen häuslichen Herd gegründet und hofften hier, ganz frei von den Sorgen, Beunruhigungen und Schwierigkeiten des civilisirten Lebens, auch ihre Tage zu beschließen. Nur einer von ihnen wünschte auf der »Coquille« zu bleiben, was ihm von Duperrey bewilligt wurde, wogegen der Häuptling der Insel aber so lange Einspruch erhob, bis er erfuhr, daß zwei Deportirte aus Port Jackson auf der Insel zurückzubleiben wünschten.

Trotz des Interesses, welches dieses nur wenig bekannte Volk den Naturforschern bot, mußte man doch weiterreisen. Die »Coquille« nahm nun zunächst die von Maurelle im Jahre 1781 entdeckten Inseln Coral und St. Augustin auf. Darauf lief sie die Insel Drummond an, deren sehr dunkel gefärbte Einwohner mit schwächlichem Gliederbau und wenig intelligenter Physiognomie einige sogenannte Weihkesselmuscheln gegen Messer und Angeln vertauschten; ferner die Inseln Sydenham und Henderville, mit völlig nackt einhergehenden Bewohnern, und später die Inseln Woolde, Hupper, Hall, Knox, Charlotte und Matthews, welche den Gilbert-Archipel bilden, endlich die Mulgraves- und Marshalls-Archipele.

Am 3. Juni sah Duperrey die im Jahre 1804 von dem amerikanischen Kapitän Croser aufgefundene Insel Ualan. Da dieselbe auf der Seekarte noch nicht verzeichnet stand, beschloß der Commandant, sie eingehender zu untersuchen. Kaum hatte der Anker in den Grund eingegriffen, als Duperrey nebst einigen Officieren schon an's Land ging. Sie fanden daselbst ein sanftmüthiges freundliches Völkchen, das ihnen Cocosnüsse und Brotbaumfrüchte anbot und sie durch eine herrliche Landschaft bis zur Wohnung des ersten Häuptlings, des »Uroß tôn«, wie sie ihn nannten, geleitete. Duperrey schildert die Landschaften, durch welche sie kamen, bevor sie jene hohe Person fanden, in folgender Weise:[332]

»Wir glitten friedlich quer über ein geräumiges Bassin, das grünende Uferwälder einrahmten. Hinter uns strebten die hohen Berggipfel der Insel, bedeckt mit üppigem Grün, empor, aus dem die schlanken biegsamen Schafte der Cocospalme emporragten. Vor uns erhob sich, inmitten der Wasserfläche, die kleine Insel Leilei, eingefaßt von hübschen Cabanen der Einwohner und von einem freundlichen Hügel bekrönt... Rechnet man hierzu noch einen herrlichen Tag und eine höchst angenehme Temperatur, so wird man sich leicht unser Entzücken bei dieser Art Triumphzug in Begleitung eines einfachen, friedlichen und zuvorkommenden Volkes vorstellen können.«

Eine von d'Urville auf achthundert Köpfe geschätzte Volksmenge erwartete die Boote und Piroguen vor einem sauberen, hübschen Dorfe mit wohlgepflasterten Straßen. Die ganze Gesellschaft, die Männer auf der einen, die Frauen auf der anderen Seite, beobachtete ein durch keinen Laut unterbrochenes Schweigen. Zwei Häuptlinge nahmen die Reisenden bei der Hand and führten sie nach der Wohnung des Uroß tôn. Die fortwährend schweigende Menge blieb draußen stehen, während die Franzosen in die geräumige Hütte eintraten.

Bald erschien der Uroß tôn, ein abgezehrter, schwächlicher Greis, den die Last seiner Jahre – er mochte mindestens achtzig zählen – offenbar drückte. Aus Höflichkeit erhoben sich die Franzosen bei seinem Eintritt, ein Gemurmel der Umstehenden bedeutete ihnen jedoch, daß sie damit gegen die Sitte verstießen.

Sie sahen sich jetzt um. Alle Anwesenden lagen mit der Stirne auf dem Boden. Selbst die Häuptlinge machten von dieser kriechenden Ehrerbietung keine Ausnahme. Der Greis, den die Kühnheit der ruhig stehen gebliebenen Fremden anfangs überraschte, gebot seinen Unterthanen Ruhe und setzte sich zu jenen. Er klopfte ihnen auf die Wangen, Schultern und Schenkel als Freundschaftsbeweis für die kleinen Geschenke, die man ihm und seiner Frau überlassen hatte. Die Erkenntlichkeit des Fürstenpaares fand ihren Ausdruck in dem Geschenke von sieben »Tots«, von denen fünf aus den feinsten Geweben bestanden.

Nach der Audienz besuchten die Franzosen das Dorf und erstaunten nicht wenig, hier zwei kolossale Mauern aus Korallen zu finden, von denen einzelne Blöcke gewiß mehrere tausend Pfund wogen.

Trotz einiger Diebereien der Häuptlinge verlief der zehntägige Aufenthalt ganz friedlich, und das gute Einvernehmen, das zwischen den Ualanern und den Franzosen von dem ersten Augenblick an herrschte, wurde in keiner Weise gestört.[333]

»Man erkennt leicht, sagt Duperrey, welche Wichtigkeit die Insel Ualan dereinst noch erlangen kann. In der Mitte der Carolinen gelegen, bietet sie den Schiffen, welche von Neu-Holland nach China segeln, sichere Häfen zur etwaigen Ausbesserung von Schäden, aber auch Wasser und verschiedene Nahrungsmittel im Ueberflusse. Die Bevölkerung ist zugänglich und friedfertig und dürfte bald im Stande sein, Seefahrern ein auf dem Meere unentbehrliches Nahrungsmittel zu liefern, da wir ihnen zwei tragende Zuchtsauen überlassen haben, die sie mit großer Erkenntlichkeit annahmen.«

Duperrey's Voraussetzungen sind nicht in Erfüllung gegangen, und die Insel Ualan hat, obschon eine Fahrstraße von Europa nach China, südlich von Van-Diemen, hier vorüberführt, auch heute noch keine höhere Bedeutung erlangt als vor fünfzig Jahren. Der Dampf hat die gesammte Schifffahrt so sehr umgestaltet und so radicale Veränderungen hervorgerufen, wie sie die Seefahrer zu Anfang des Jahrhunderts nimmermehr vorhersehen konnten.

Die »Coquille« hatte Ualan kaum zwei Tage verlassen, als sie am 17., 18. und 23. Juni schon wieder andere Eilande auffand, welche die Eingebornen mit den Namen Pelelap, Takai, Aoura, Ougai und Mongoul bezeichneten. Es sind das die Mac Askyll und Duperrey-Gruppen, deren Bewohner den Ualanern ähneln und welche ebenso, wie die auf den Radaks-Inseln, ihre Häuptlinge »Tamons« nennen.

Am 24. desselben Monats segelte die »Coquille« durch die Hogelen-Gruppe, welche Kotzebue unter zu hoher Breite gesucht hatte, und die der Commandant aus einigen von den Eingebornen ausgesprochenen Namen erkannte, die sich auf der Karte des Pater Cantova wiederfinden. Die hydrographische Aufnahme dieser Inselgruppe, welche gegen dreißig Meilen Umfang hat, vollendete de Blois vom 24. bis 27. Juni.

Diese Inseln sind meist hoch und von vulcanischen Bergkuppen bekrönt; andere verriethen durch die Form ihrer Lagunen den madreporischen Ursprung.

Die Einwohner sind klein, häßlich und leiden an widerlichen Krankheiten. Wenn das Sprichwort: »Mens sana in corpore sano« jemals seine Anwendung per Antiphrasin finden kann, so ist es hier, denn die Eingebornen scheinen geistig sehr wenig entwickelt und stehen entschieden tief unter den Ualanern. Auch hier scheinen sich schon fremdartige Moden eingebürgert zu haben. Verschiedene Eingeborne trugen z. B. spitzige Hüte, ähnlich denen der Chinesen; Andere waren mit geflochtenen Matten bekleidet, welche ein Loch hatten, um[334] den Kopf hindurch zu stecken, etwa wie der Poncho in Südamerika; Alle legten aber keinen Werth auf Spiegel, Halsbänder und Schellen; sie verlangten nach Aexten und Eisen, was auf ihre häufigere Berührung mit Europäern hindeutete.

Nachdem sie die Inseln Tamatan, Fanendik und Ollap, das heißt die Martyrer-Inseln der alten Karten, angelaufen und rings um die, ihnen von Arrowsmith und Malaspina zugeschriebene Position vergeblich nach den Inseln Namourek und Iselouk gesucht, lief die »Coquille«, die noch längs des nördlichen Theiles von Neu-Guinea hingesegelt war, am 26. Juli an der Südostküste im Hafen Doreï ein und verweilte daselbst bis zum 8. August.

Der Aufenthalt hier lieferte ungemein reichhaltige Ergebnisse bezüglich der Naturgeschichte, Geographie, Astronomie und Physik. Die Eingebornen dieser Insel gehören zu den Papuas reinster Race. Ihre Wohnungen bestehen aus ziemlich großen, auf Pfählen errichteten Hütten, nach denen man auf einem Stück eingekerbten Holz oder Brett emporsteigt, das jeden Abend hereingezogen wird. Die Eingebornen der Küste liegen, so scheint es, mit denen aus dem Innern, den Harfou-Negern oder Arfakis, in fortwährender Fehde. Unter Führung eines jungen Papua gelang es d'Urville, bis zu den Wohnstätten der Letzteren zu gelangen. Er fand hier sanfte, gastfreundliche und höfliche Leute, welche keineswegs dem Bilde entsprachen, das ihre Feinde von ihnen entworfen hatten.

Von dieser Station aus durchsegelte die »Coquille« nochmals die Molukken, rastete nur sehr kurze Zeit bei Surabaya an der Küste von Java und erreichte am 30. October Isle de France und Bourbon. Nach einem letzten Halt bei St. Helena, wo die französischen Officiere das Grab Napoleon's besuchten, und bei Ascension, wo sich seit 1815 eine englische Kolonie angesiedelt hatte, lief die Korvette am 27. April 1825 in Marseille ein, nach einer Reise von einunddreißig Monaten und dreizehn Tagen, während welcher ohne Verlust eines Mannes, ohne einen Kranken und ohne Havarien 24.894 Lieues zurückgelegt worden waren.

Der höchst bemerkenswerthe Erfolg dieser Expedition gereichte dem jungen Befehlshaber ebenso zur hohen Ehre wie allen Officieren, die sich mit unermüdlichem Eifer wissenschaftlichen Beobachtungen aller Art gewidmet hatten.

Es waren zweiundfünfzig Karten und Pläne gezeichnet und nicht nur an Exemplaren reiche, sondern auch durch deren Neuheit werthvolle Sammlungen aus den drei Naturreichen zusammengebracht worden. Wörterverzeichnisse sehr verschiedener Sprachen, mit deren Hilfe man die Geschichte der Wanderungen[335] der oceanischen Volksracen reconstruiren zu können hoffte, merkwürdige Aufschlüsse über die Erzeugnisse der besuchten Plätze, über den Zustand des Handels und der Industrie der Bewohner, Beobachtungen betreffs der Gestalt der Erde, magnetische, meteorologische und botanische Untersuchungen – das war die reiche wissenschaftliche Fracht, welche die »Coquille« heimbrachte und deren Veröffentlichung die gelehrte Welt mit erklärlicher Ungeduld entgegensah.

Fußnoten

1 Jacques Arago, der Bruder des berühmten Astronomen.


2 ... war das Schlimmste gethan und das Uebrige schien gesichert.


3 Ein gebräuchliches Maß auf Tahiti.


Quelle:
Jules Verne: Der Triumph des 19. Jahrhunderts. Bekannte und unbekannte Welten. Abenteuerliche Reisen von Julius Verne, Band XXXVII– XXXVIII, Wien, Pest, Leipzig 1882.
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