Achtes Kapitel.
Ein Frauenbildnis.

[95] Ob sich Ilia Brusch nun einer vorsätzlichen Lüge schuldig gemacht oder nur aus seltsamer Laune die Wahrheit verschwiegen hatte, das stand ja noch dahin, jedenfalls waren seine Äußerungen über die Gründe zu dieser Reise offenbar unrichtig gewesen.

Am Morgen des 26. August, zwei Stunden vor Sonnenaufgang abgefahren, hielt er, seiner Ankündigung zuwider, in Preßburg doch nicht an. Zwanzig Stunden eifrigen Ruderns brachten ihn in ununterbrochener Fahrt bis fünfzehn Kilometer jenseits dieser Stadt, und er begann nach wenigen Stunden der Ruhe mit dieser übermäßigen Anstrengung von neuem.

Warum er sich mit so fieberhafter Hast bemühte, seine Reise so zu beschleunigen, darüber Jäger aufzuklären, hielt sich Ilia Brusch nicht für verpflichtet, obgleich die Interessen seines Gastes dadurch stark gefährdet wurden, und dieser selbst, treu seiner ursprünglichen Zusage, durch kein Zeichen die Enttäuschung verriet, die ihm eine solche Eile bereiten mußte.

Die Vermutungen Karl Dragochs lenkten übrigens die Aufmerksamkeit Jägers von solchen Erwägungen ab. Der kleine Schaden, der dem Zweiten vielleicht drohte, verlor ja gänzlich seine Bedeutung gegenüber den Besorgnissen des Ersten.

An diesem Morgen des 26. August hatte Karl Dragoch auch noch eine höchst merkwürdige Wahrnehmung gemacht, die, in Verbindung mit denen der früheren Tage gesetzt, anfing, ihn ernstlich zu beunruhigen.


»Der Posten wird im Notfalle den andern davon benachrichtigen...« (S. 93.)
»Der Posten wird im Notfalle den andern davon benachrichtigen...« (S. 93.)


[95] Es war gegen zehn Uhr des Vormittags. Tief in Gedanken versunken, sah Dragoch eben mehr maschinenmäßig Ilia Brusch zu, der mit der Hartnäckigkeit eines Arbeitstiers, auf dem Hinterteile der Jolle stehend, dahinruderte. Infolge des gewundenen Verlaufs des Flußbettes mußte dieser das Boot kurze Zeit nach Nordwesten steuern, wobei der Fischer die Sonne gerade im Rücken hatte. Dieser war jetzt barhäuptig, denn buchstäblich von Schweiß triefend, hatte er die gewöhnlich getragene Otterfellmütze abgeworfen, und das Sonnenlicht fiel voll auf sein dichtes, schwarzes Haar.


Ansicht von Preßburg.
Ansicht von Preßburg.

Da fiel Karl Dragoch plötzlich eine höchst merkwürdige Eigentümlichkeit ins Auge. Wenn Ilia[96] Brusch brünett war, und das sah man ja deutlich, so... war er das wenigstens nur teilweise. Seine im äußern Teile schwarzen Haare sahen nahe der Kopfhaut etwa vier Millimeter lang unleugbar blond aus.

Konnte dieser Farbenunterschied wohl ein natürlicher sein?... Vielleicht. Weit wahrscheinlicher war es aber doch, daß er die Folge einer ganz gewöhnlichen, nur nicht zeitig genug wiederholten Färbung wäre.

Hatte Karl Dragoch über die merkwürdige Erscheinung ja noch einen Zweifel gehabt, so mußte der doch bald schwinden, da die Haare Bruschs am nächsten Morgen die zweifache Farbe nicht mehr zeigten. Der Fischer hatte jedenfalls seine Nachlässigkeit bemerkt und sie in der Nacht wieder gut gemacht.

Diese Augen, die der Mann so sorgfältig hinter undurchsichtigen Gläsern verbarg, die offenbare Lüge während des Aufenthaltes in Wien, die unbegreifliche und dem angeblichen Zweck der Reise so wenig angepaßte Eile,[97] die blonden, zu schwarzen verwandelten Haare, alles das bildete eine solche Menge von Verdachtsmomenten, daß man notwendig daraus schließen mußte... Doch ja, was mußte man denn daraus schließen? Karl Dragoch wußte im Grunde eigentlich nichts. Daß das Verhalten Ilia Bruschs verdächtig war, das lag ja auf der Hand; doch welche Schlüsse konnte man daraus ableiten?

Dem Karl Dragoch drängte sich jetzt aber doch eine anfänglich hundertmal verworfene Vermutung auf und zwang ihn, über die seinem Scharfsinn gestellte Aufgabe noch mehr nachzudenken. Diese Vermutung war dieselbe, die ihm schon zweimal durch Zufall eingeflößt worden war. Hatten nicht zuerst der lustige Serbe, Michael Michaelowitsch, und dann die Tischgäste des Regensburger Hotels halb im Scherz und halb im Ernste den Gedanken hingeworfen, daß sich unter der Verkleidung des Preisträgers der Anführer der Bande verberge, die weite Landesgebiete in Schrecken setzte? Lohnte sichs aber wirklich, eine Vermutung eingehend zu prüfen, der die, die sie ausgesprochen hatten, offenbar selbst nicht den mindesten Glauben schenkten?

Ja warum denn nicht? Die beobachteten Tatsachen verbürgten freilich noch keine Gewißheit, sie verstärkten aber doch alle Verdachtsgründe. Und wenn spätere Beobachtungen ihnen nicht widersprechen sollten, wäre es wirklich ein lustiges Abenteuer, daß dasselbe Fahrzeug den Anführer der Raubgesellen und den Polizisten, der ihn verhaften sollte, so viele Kilometer weit gleichzeitig getragen hätte.

Von dieser Seite betrachtet, verwandelte sich das Drama fast zur Posse; Karl Dragoch sträubte sich jedoch, die Möglichkeit eines so merkwürdigen Zusammentreffens zuzugestehen. Der technische Aufbau einer Posse besteht aber nicht allein in der Konzentration von Verwechslungen und Überraschungen an ein und demselben Orte, von Vorgängen, die man im wirklichen Leben nicht beobachtet oder die hier doch infolge ihres Auseinanderliegens oder sozusagen, ihrer Verdünnung, weniger erheiternd wirken. Immerhin wäre es unverständig, eine Tatsache von vornherein deshalb abzuleugnen, weil sie einem abnorm und unwahrscheinlich vorkommt. Man muß da bescheiden sein und darf den unendlichen Reichtum der Spiele des Zufalls nicht außer Acht lassen. Unter der Herrschaft dieser Verdachtsgründe brachte Karl Dragoch am Morgen des 28. nach einer[98] in öder Umgebung einige Kilometer stromabwärts von Komorn verbrachten Nacht das Gespräch auf ein Thema, das bisher noch nicht angeschnitten worden war.

»Guten Morgen, Herr Brusch begann er beim Heraustreten aus der Koje, wo er sich seinen Angriffsplan in Ruhe hatte zurechtlegen können.

– Guten Morgen, Herr Jäger, erwiderte der Fischer, während er mit gewohnter Anstrengung weiterruderte.

– Haben Sie gut geschlafen, Herr Brusch?

– Ganz vortrefflich. Und Sie, Herr Jäger?

– Eh... doch nur so halb und halb.

– Wie, rief Ilia Brusch, warum haben Sie mich aber nicht geweckt, wenn Ihnen etwas fehlte?

– O, gesundheitlich hat mir nichts gefehlt, Herr Brusch, versicherte Jäger. Das hindert aber doch nicht, daß mir die Nacht etwas lang geworden ist. Ich bin, offen gestanden, froh, daß sie vorüber ist.

– Warum denn aber?

– Weil ich – ich kann's ja jetzt gestehen – etwas unruhig war.

– Unruhig? wiederholte Ilia Brusch deutlich verwunderten Tones.

– Es ist auch nicht das erste Mal, daß ich so unruhig war, erklärte Jäger. Ich habe mich nie so recht sicher gefühlt, wenn es Ihnen beliebte, die Nacht fern von jeder Stadt oder jedem Dorfe zuzubringen.

– Bah! platzte Ilia Brusch wie aus den Wolken gefallen heraus. Das hätten Sie mir nur zu sagen brauchen, da würde ich mich anders eingerichtet haben.

– Sie vergessen, daß ich mich verpflichtet habe, Ihnen unbeschränkte Freiheit in Ihren Handlungen zu lassen. Ein Mann, ein Wort, Herr Brusch! Das hindert aber doch nicht, daß ich mich zuweilen recht unsicher gefühlt habe. Bedenken Sie, ich bin Großstädter und empfinde die Stille und Einsamkeit des offnen Landes bedrückend.

– Das ist eine Sache der Gewohnheit, Herr Jäger, erwiderte Ilia Brusch heiter. Sie würden darunter gar nichts mehr finden, wenn unsre Reise länger wäre. Tatsächlich droht einem auf freiem Lande weit weniger Gefahr, als im Herzen einer großen Stadt, wo es an Einbrechern und Mördern niemals fehlt.[99]

– Sie haben vielleicht recht, Herr Brusch, gab Jäger zu, Empfindungen lassen sich nur nicht beliebig kommandieren. Im vorliegenden Falle sind meine Befürchtungen ja auch nicht so unbegründet, da wir jetzt durch eine besonders übel berüchtigte Gegend fahren.

– Eine übel berüchtigte? stieß Ilia Brusch hervor. Was verstehen Sie darunter? Ich, der ich mit Ihnen spreche, wohne selbst hier, habe aber noch niemals gehört, daß das Land in schlechtem Rufe stände!«

Jetzt war die Reihe des Erstaunens an Jäger.

»Sprechen Sie im Ernst, Herr Brusch? rief er. Da wären Sie der einzige, der das nicht wüßte, was von Bayern bis Rumänien jedem Kinde bekannt ist.

– Ja, was denn? fragte Ilia Brusch.

– Sapperment! Daß eine Bande bisher unfaßbarer Verbrecher die beiden Ufer der Donau, von Preßburg bis zu ihrer Mündung, fast regelmäßig heimsucht.

– Das ist wahrlich das erste Mal, daß ich davon reden höre, erklärte Ilia Brusch mit scheinbar aufrichtigem Stimmklang.

– Unmöglich! rief Jäger erstaunt. Man spricht ja von einem Ende des Stromes bis zum andern von keiner andern Sache.

– Ja ja, man erfährt doch alle Tage etwas neues, bemerkte Ilia Brusch lässig. Sind denn diese Räubereien schon längre Zeit vorgekommen?

– Etwa seit achtzehn Monaten, belehrte ihn Jäger. Und wenn es sich nur um Diebstähle und Räubereien handelte! Die Burschen schrecken aber auch vor einem Morde nicht zurück. In den achtzehn Monaten schreibt man ihnen wenigstens zehn Mordtaten zu, deren Urheber unbekannt geblieben sind. Gerade der letzte Mord ist kaum fünfzig Kilometer von hier begangen worden.

– Dann begreife ich allerdings Ihre Unruhe, lenkte Ilia Brusch ein. Vielleicht hätte ich sie selbst geteilt, wenn ich besser unterrichtet gewesen wäre. Zukünftig werden wir, soweit das irgend möglich ist, am Abend in der Nähe eines Dorfes oder einer Stadt Halt machen, und das soll schon heute der Fall sein, wo ich Gran zu erreichen hoffe.

– Ah, dort werden wir ruhig sein können, äußerte Jäger beifällig. Gran ist ja eine bedeutende Stadt.[100]

– Mir ist es desto lieber, fuhr Ilia Brusch fort, daß Sie sich dort in Sicherheit befinden werden, da ich Sie die nächste Nacht allein zu lassen denke.

– Sie haben die Absicht, sich zu entfernen?

– Ja, Herr Jäger, doch nur für wenige Stunden. Von Gran, wo ich zu früher Stunde einzutreffen hoffe, gedachte ich einen Abstecher nach Szalka zu machen, wohin es von da aus nicht weit ist. Dort wohne ich, wie Sie ja wissen. Ich werde übrigens vor Sonnenaufgang zurück sein und unsre Abfahrt morgen früh wird also in keiner Weise verzögert werden.

– Nun wie es Ihnen beliebt, Herr Brusch, beendete Jäger das Zwiegespräch. Ich begreife ja vollständig, daß es Sie drängt, einmal Ihr Heim aufzusuchen, und ich wiederhole: in Gran ist sicher nichts zu fürchten.«

Eine halbe Stunde lang blieb es auf der Jolle still. Nach diesem Zwischenakte aber nahm Karl Dragoch einen neuen Anlauf.

»Es ist wirklich sonderbar, begann er, daß Sie von den Verbrechen längs der Donau nichts gehört haben sollten, ja, desto merkwürdiger, als man sich wenige Tage nach dem Angelwettstreit von Sigmaringen ganz besonders mit dieser Angelegenheit beschäftigte.

– Damals? Weswegen denn? fragte Ilia Brusch.

– Wegen der Errichtung einer besondern Polizeibrigade unter dem Befehl eines Chefs, eines gewissen Karl Dragoch, der von Budapest her den Ruf eines geschickten Detektivs genießt.

– Na, der wird schwer zu tun haben, bemerkte Ilia Brusch, dem jener Name nicht aufzufallen schien. Die Donau ist lang, und leicht kanns doch nicht sein, Leute aufzuspüren, die man nicht einmal kennt.

– Da täuschen Sie sich doch etwas, wendete Jäger gegen diese Worte ein. Die Polizei wird nicht so blind vorzugehen haben. Aus den Angaben von Zeugen ist zunächst ein ziemlich vollständiges Signalement des Anführers der Bande hervorgegangen.

– So? Und wie soll der Bursche denn aussehen? fragte Ilia Brusch.

– Im großen und ganzen wie ein Mann Ihres Schlags....

– Oho... danke schön! unterbrach ihn Ilia Brusch lachend.

– Ja, fuhr Jäger fort, angeblich wäre er von Ihrer Größe und Stärke, im übrigen aber gliche er Ihnen nicht.[101]

– Das ist ja ein wahres Glück! rief Ilia Brusch mit sichtbarer, komisch angehauchter Erleichterung.

– Er soll, wie man sagt, schöne blaue Augen haben und nicht wie Sie, gezwungen sein, eine Brille zu tragen. Während Sie ferner sehr brünett und glatt rasiert sind, soll er angeblich einen blonden Vollbart haben. Bezüglich des letzten Punktes stimmen die Zeugenaussagen allerdings nicht überein.

– Das wäre ja ein Hinweis, erkannte Ilia Brusch an, aber doch nur ein sehr unsichrer. Blonde Männer gibts viele, und wenn man daraus den Rechten suchen soll...

– O, man weiß ja auch noch mehr. Den Aussagen nach wäre der Anführer Bulgare... wie Sie selbst, Herr Brusch!

– Was wollen Sie damit sagen? fragte Ilia Brusch mit unruhiger Stimme.

– Ihrem Tonfalle nach, entschuldigte sich Karl Dragoch mit harmlosester Miene, mußte ich Sie auch für einen Bulgaren halten. Doch hab' ich mich vielleicht getäuscht?

– Nein, getäuscht haben Sie sich damit nicht, gestand Ilia Brusch nach einigem Zögern.

– Jener Anführer wäre demnach ein Landsmann von Ihnen. Sein Name geht auch öffentlich von Mund zu Mund.

– Ah... freilich... wenn man seinen Namen kennt!

– Nun wohlverstanden: offiziell ist das nicht.

– Ah, offiziell oder offiziös, wie soll denn der Mann heißen?

– Die Uferbewohner schreiben, mit Recht oder Unrecht, die Schandtaten, worunter sie zu leiden haben, einem gewissen Ladko zu.

– Ladko! wiederholte Ilia Brusch, der, offenbar plötzlich betroffen, seinen Riemen ruhen ließ.

– Ja, Ladko,« versicherte Karl Dragoch, der seinen Wirt unbemerkt scharf beobachtete.

Der hatte jedoch seine Fassung bald wieder gewonnen.

»Das ist drollig, sagte er einfach, während der Riemen in seinen Händen schon wieder in die Fluten tauchte.

– Was ist daran Drolliges? fragte Karl Dragoch. Sollten Sie diesen Ladko kennen?[102]

– Ich? wehrte der Fischer ab. Keine Spur; Ladko ist aber gar kein bulgarischer Name. Das kam mir so drollig vor.«

Karl Dragoch führte dieses Frage- und Antwortspiel nicht weiter fort, das allgemach gefährlich werden konnte und dessen Ergebnis schon jetzt recht befriedigend erschien. Das Erstaunen des Fischers, als er das Signalement des Übeltäters erfuhr, seine Erregung bei Nennung der wahrscheinlichen Nationalität des Mannes, die bei der Nennung von dessen Namen noch zunahm, alles das war unverkennbar und stützte aufs neue die frühern Vermutungen, wenn es auch noch keinen handgreiflichen Beweis lieferte.

Wie Ilia Brusch vorausgesehen hatte, war es noch nicht zwei Uhr, als die Jolle in Gran eintraf. Fünfhundert Meter vor den ersten Häusern ging der Fischer hier am linken Ufer ans Land, um, wie er angab, der Belästigung durch Neugierige zu entgehen. Seinen Begleiter ersuchte er aber, die Jolle allein an das rechte Ufer zu steuern, wo er im Herzen der Stadt anlegen könnte... ein Auftrag, den sein Passagier mit großer Befriedigung annahm.

Nach dessen Ausführung verwandelte sich dieser zum Detektiv, und nach Festlegung der Jolle sprang er auf den Kai hinauf und suchte nach einem seiner Leute.

Er hatte kaum zwanzig Schritte getan, als er schon auf Friedrich Uhlmann stieß. Die beiden Polizisten kamen bald in ein eifriges Gespräch.

»Es geht doch alles gut?

– Alles.

– Wir müssen die Schlinge etwas enger zuziehen, Uhlmann. Deine Posten werden sich fortan nur einen Kilometer voneinander aufstellen.

– Aha... es ›raucht‹ wohl schon?

– Jawohl.

– Desto besser.

– Achte darauf, mich morgen nicht aus den Augen zu verlieren. Mir ahnt, es wird bald ›brennen‹.

– Desto besser.

– Und daß mir keiner einschläft. Jetzt heißt's aufpassen und zugreifen

– Rechnen Sie auf mich.

– Wenn du etwas bemerkst, ein Signal vom Ufer her, nicht wahr?

– Zu Befehl, Herr Dragoch.«[103]

Die beiden Männer schieden von einander, und Karl Dragoch begab sich auf das Fahrzeug zurück.

Sein Schlummer wurde diesmal nicht von einer vorgeschützten Unruhe gestört, die ihn angeblich gewöhnlich plagte, im Laufe der heutigen Nacht dagegen durch den Lärm der aufgeregten Elemente. Gegen Mitternacht erhob sich aus Osten ein Sturm, der von Stunde zu Stunde unter furchtbarem Platzregen noch an Heftigkeit zunahm.

Als Ilia Brusch dann gegen fünf Uhr früh wieder in der Jolle erschien, strömte der Regen noch immer herab und der Wind wehte mit voller Wut aus einer, der der Strömung gerade entgegengesetzten Richtung. Der Fischer zögerte trotzdem nicht, vom Lande abzustoßen. Nach Einholung seines Ankers steuerte er sofort nach der Mitte des Stromes und griff wieder zu dem unausbleiblichen Riemen. Es gehörte ein wirklicher Mut dazu, nach einer Nacht, die ihn gewiß erschöpft hatte, und unter den vorliegenden Umständen schon wieder an die Arbeit zu gehen.

Der Sturm zeigte in den ersten Morgenstunden noch keine Neigung abzunehmen; im Gegenteil. Die Jolle kam trotz der Unterstützung durch die Strömung nur mühsam gegen den mächtigen Wind vorwärts, und nach vier Stunden unsäglicher Anstrengung schaukelte sie höchstens zehn Kilometer von Gran entfernt. Die Mündungsstelle der Ipoly, an deren rechten Ufer Szalka liegt, konnte von hier nicht mehr fern sein.

Da verdoppelte sich aber die Wut des Sturmes so weit, daß die Lage anfing, gefährlich zu werden. Wenn die Donau auch nicht mit dem Meere zu vergleichen ist, ist sie doch breit genug, daß sich darauf tüchtige Wellen bilden können, sobald die Windgeschwindigkeit sehr groß wird. So war es auch heute, und trotz der Eile, die Ilia Brusch an den Tag legte, sah er sich doch gezwungen, nach dem linken Ufer zu flüchten.

Das sollte er aber nicht erreichen.

Fünfzig Meter trennten ihn noch davon, als sich ein erschreckender Vorgang abspielte. Nicht weit von ihm stromaufwärts wurden die am Ufer aufragenden Bäume plötzlich in den Fluß gestürzt, dicht am Boden geknickt, als wären sie von einer Riesensense abgeschnitten worden. Gleichzeitig wallte das Wasser mit ungeheurer Gewalt auf und brandete gegen das Ufer, von dem eine hohe Woge zurückprallte, die der Jolle schäumend nachschoß.[104]

Offenbar hatte sich in der Luft eine Windhose gebildet, die das Wasser unwiderstehlich ansaugend über den Strom dahinbrauste.

Ilia Brusch erkannte die Gefahr. Mit kräftigem Ruderschlage warf er die Jolle herum und steuerte sie dem rechten Ufer zu. Wenn dieses Manöver nicht ganz das erwartete Resultat hatte, so verdankten der Fischer und sein Passagier gerade diesem Umstande ihre Rettung.

Bei Seite geschleudert durch das Meteor, das seinen wütenden Lauf fortsetzte, entging die Jolle wenigstens dem Wasserberge, der sich bei dessen Vorübergang erhob. Deshalb wurde das Fahrzeug jetzt nicht versenkt, was ohne das Manöver Ilia Bruschs zweifellos der Fall gewesen wäre. Vom äußersten Rand des Wirbels gepackt wurde es nur heftig in großem Bogen herumgeschleudert.


Karl Dragoch stürzte kopfüber über Bord. (S. 108.)
Karl Dragoch stürzte kopfüber über Bord. (S. 108.)

Kaum gestreift von dem Luftgebilde, dessen Fangarme das Boot verfehlt hatten, wurde dieses mehr fortgetrieben, als in die Höhe gehoben. In wenigen Minuten war die Windhose vorüber, und die Woge stürmte donnernd stromabwärts, während der Widerstand des Wassers die Geschwindigkeit der Jolle allmählich verminderte.

Unglücklicherweise türmte sich dieser, als ihr Lauf noch nicht ganz zu beherrschen war, eine neue Schwierigkeit entgegen. Gerade vor dem Fahrzeug, das die Fluten noch mit Eilzugsschnelligkeit durchschnitt, bemerkte der Fischer plötzlich einen der umgestürzten Bäume, der, die Wurzeln in der Luft, mit der Strömung hinuntertrieb. Wenn das Boot in das Gewirr seiner Wurzeln getrieben wurde, mußte es jedenfalls kentern oder wenigstens stark beschädigt werden. Ilia Brusch stieß einen Schreckensruf aus, als er das unvorhergesehene Hindernis bemerkte.

Karl Dragoch hatte die Gefahr jedoch auch gesehen und ihre Bedeutung sofort erkannt. Ohne Zögern sprang er nach dem Vorderteile der Jolle; von hier aus packte er die auf der Wasserfläche liegenden Wurzeln, und sich dagegenstemmend, um den Druck des Bootes besser auszuhalten, bemühte er sich, dieses nach und nach aus der gefährlichen Richtung zu drängen.

Das gelang ihm auch. Die aus ihrer Richtung geworfene Jolle schoß wie ein Pfeil dahin und streifte dabei nur die Wurzeln des Baumes und darauf seine noch mit Blättern geschmückte Krone. Einen Augenblick später sollte sie die grünende, mit der Strömung gemächlich hinabgleitende Trift verlassen, als Karl Dragoch von einem der äußersten Äste mitten gegen[107] die Brust gestoßen wurde. Vergeblich suchte er sich noch zu halten; er verlor das Gleichgewicht, stürzte kopfüber über Bord und verschwand unter dem Wasser.

Seinem Falle folgte augenblicklich ein andrer, diesmal aber ein freiwilliger. Als Ilia Brusch seinen Passagier hinausstürzen sah, zauderte er keinen Augenblick, ihm zu Hilfe nachzuspringen. Es war aber nicht leicht, etwas in den schlammigen, von dem Meteor aufgewühlten Fluten zu sehen. Eine Minute lang bemühte sich Ilia Brusch vergeblich und er wollte schon daran verzweifeln, Jäger zu finden, als er endlich den Unglücklichen ergriff, der eben im Wasser bewußtlos ein wenig auftauchte.

Das war ja im Grunde recht günstig. Ein Mensch, der dem Ertrinken nahe ist, schlägt gewöhnlich um sich herum und vermehrt so, natürlich ohne es zu wollen, die Schwierigkeit seiner Rettung. Bewußtlos ist er nur eine träge Masse, deren Heil von der Geschicklichkeit des Retters abhängt.

Ilia Brusch gelang es nun bald, den Kopf Jägers über das Wasser zu heben, und mit kräftigem Arm schwamm er sofort auf die Jolle zu, die inzwischen gegen dreißig Meter hinabgetrieben war. Er erreichte sie auch mit wenigen Stößen, die für den muskulösen Schwimmer nur ein Spiel zu sein schienen, und ergriff ihren Rand, während die andre Hand den noch immer leblosen Passagier festhielt.

Jetzt galt es, Jäger in das Boot zu ziehen, und das war wirklich keine leichte Aufgabe, die aber Ilia Brusch unter größter Anstrengung schließlich gelang.

Sobald er den Halbtoten auf eine der Lagerstätten in der Koje gebracht hatte, entledigte er ihn der Kleidung, und nachdem er einer der Kisten einige Stücke Wollenstoffe entnommen hatte, begann er ihn tüchtig zu frottieren.

Jäger schlug dabei bald die Augen auf und erinnerte sich einigermaßen des gefährlichen Vorfalls. Lange war er ja nicht unter Wasser gewesen, und so war zu hoffen, daß er davon keinen ernsten Nachteil haben würde.

»He, he, Herr Jäger! rief Ilia Brusch, als er bemerkte, daß sein Kranker wieder etwas zum Bewußtsein kam, Sie verstehen sich ja, wie es scheint, aufs Tauchen!«

Jäger lächelte schwach, ohne zu antworten.[108]

»Die Geschichte wird vorübergehen, fuhr Ilia Brusch fort, während er seine energischen Abreibungen nicht unterbrach. Es gibt gar nichts gesünderes, als so ein Bad im August.

– Ich danke schön dafür, Herr Brusch, stammelte Jäger.

– Es ist wirklich nicht der Rede wert, erwiderte der Fischer lustig. Ich habe im Gegenteil Ihnen zu danken, Herr Jäger, daß Sie mir Gelegenheit zu einem so vortrefflichen Bade gegeben haben.«

Karl Dragoch kam sichtlich bald wieder mehr zu Kräften Ein Schluck Branntwein, und er wäre völlig wiederhergestellt gewesen. Vergeblich durchwühlte Ilia Brusch aber, mehr erregt, als er sich den Anschein gab, alle Kisten und Kasten. Sein Vorrat an Alkohol war erschöpft, in der Jolle fand sich davon kein Tropfen mehr.

»Das ist ja ärgerlich! rief Ilia Brusch. Kein Tröpfchen Schnaps in unsrer Kambüse!

– Das ist nicht so schlimm, Herr Brusch, sagte Karl Dragoch mit schwacher Stimme. Ich versichere Ihnen, ich werde mich auch allein erholen.«

Karl Dragoch zitterte jedoch vor Kälte trotz seiner Versicherung, und eine kleine Herzstärkung hätte ihm gewiß recht wohl getan.

»Da irren Sie sich doch, antwortete Ilia Brusch, der sich über den Zustand seines Passagiers keiner Täuschung hingab, so schnell geht das nicht. Lassen Sie mich nur machen; es soll nicht lange dauern.«

Im Handumdrehen hatte Ilia Brusch seine durchnäßte Kleidung gegen trockne vertauscht. Dann trieben einige Ruderschläge die Jolle an das linke Ufer, wo sie sorgfältig festgelegt wurde.

»Ein wenig Geduld, Herr Jäger, sagte Ilia Brusch schon ans Land springend. Hier nahe der Einmündung der Ipoly bin ich gut bekannt. Kaum fünfzehnhundert Schritte von hier liegt ein Dorf, wo ich alles nötige bekommen werde. In einer halben Stunde bin ich wieder da.«

Hiermit entfernte sich Ilia Brusch, ohne eine Antwort abzuwarten.

Allein zurückgeblieben, ließ sich Karl Dragoch auf sein Lager zurücksinken. Er war kraftloser, als ers gestehen wollte, und einen Moment schloß er vor Erschöpfung die Augen.

Das Leben erwachte jedoch schnell in ihm aufs neue; das Blut rollte kräftiger durch seine Adern. Bald öffnete er wieder die Augen und ließ seine von Minute zu Minute klareren Blicke umherschweifen.[109]

Das erste, was er, zunächst ungenau, sah, war einer der Kasten, den Ilia Brusch in der Eile seines Weggangs wieder zu schließen vergessen hatte. Durch das vergebliche Nachsuchen des Fischers durcheinander geworfen, erschien der Inhalt nur wie ein Hause der verschiedensten Gegenstände. Grabe Wäschestücke, dicke Kleider und starke Stiefel lagen hier in größter Unordnung durcheinander.

Warum leuchteten da die Augen Karl Dragochs plötzlich heller auf? Interessierte ihn das doch so wenig anziehende Bild in so hohem Grade, daß er sich nach wenigen Augenblicken des Nachdenkens auf die Ellbogen stützte, um besser in den offenstehenden Kasten hineinsehen zu können?

Sicherlich waren es nicht die Kleidungsstücke und die Leibwäsche, die die Neugier des indiskreten Passagiers so stark erregten, sein Auge hatte dagegen einen Gegenstand entdeckt, der mehr der Aufmerksamkeit wert zu sein schien. Eine Brieftasche! Papiere! Höchst wahrscheinlich eine Antwort auf die Fragen, die Karl Dragoch schon seit mehreren Tagen beschäftigten.

Der Detektiv konnte sich nicht zurückhalten. Nach kurzem Zögern und auf die Gefahr hin, die Gesetze der Gastfreundschaft zu verletzen, streckte sich seine Hand aus und griff in den Kasten, woraus sie die so verführerische Brieftasche nebst deren Inhalt hervorbrachte, der sofort einer Besichtigung unterzogen wurde.

Da waren zunächst Briefe, mit deren Durchlesung Karl Dragoch sich nicht aufhielt und deren Adresse an Herrn Ilia Brusch in Szalka lautete; ferner Empfangsbescheinigungen und Mietzinsquittungen auf denselben Namen. Das bot alles natürlich kein besondres Interesse.

Karl Tragoch wollte schon auf das weitere verzichten, als ein letztes »Dokument« ihn unwillkürlich erzittern ließ. Nichts konnte übrigens unschuldiger aussehen, und man mußte eben Geheimpolizist sein, um gegenüber einem solchen »Dokument« etwas andres als eine gewisse Teilnahme zu empfinden.

Es war ein Bild, das einer junger Frau, deren auffallende Schonheit jeden Maler entzückt hätte. Ein Polizist ist aber kein Künstler, und so war es auch nicht die Bewunderung für das bezaubernde Gesicht, die Karl Dragochs Herz schneller klopfen machte. Die Gesichtszüge hatte er überhaupt kaum betrachtet und eigentlich von dem Porträt nichts gesehen, als[110] unter der Photographie ein paar Worte in bulgarischer Sprache: »Ihrem lieben Gatten... Natscha Ladko.«

Sein Verdacht erwies sich also als richtig und als logisch seine auf die einzelnen Beobachtungen aufgebauten Schlüsse. Ladko! Also war es doch Ladko, mit dem er hier die Donau schon seit so vielen Tagen hinunterfuhr; es war der gefährliche, bisher vergeblich verfolgte Verbrecher, der sich unter der harmlosen Persönlichkeit eines Preisträgers des Donaubundes verbarg.

Wie sollte sich nun Karl Dragoch nach einer solchen Aufklärung verhalten? Er war sich darüber noch nicht klar geworden, als er wegen eines Geräusches von Schritten am Ufer die Brieftasche wieder tief in den Kasten schleuderte und dessen Deckel schnell zuschlug. Der da kam, konnte Ilia Brusch unmöglich sein, denn dieser war erst vor zehn Minuten weggegangen.

»Herr Dragoch! kam da eine Stimme von außen.

– Friedrich Uhlmann? murmelte Karl Dragoch, der sich nur mit Mühe aufrecht erhalten konnte und schwankend aus der Koje hervortrat.

»Entschuldigen Sie, daß ich Sie gerufen habe, sagte Friedrich Uhlmann, sobald er seines Chefs ansichtig wurde... Ich habe Ihren Begleiter fortgehen sehen und wußte, daß Sie allein waren.

– Was ist denn geschehen? fragte Karl Dragoch.

– Etwas neues: heute Nacht ist wieder ein Verbrechen begangen worden.

– Diese Nacht! rief Karl Dragoch, dem sogleich die Abwesenheit Ilia Bruschs in der vergangnen Nacht einfiel.

– Unweit von hier ist eine Villa ausgeplündert und deren Hausmann überfallen worden.

– Ist der Mann tot?

– Nein, aber schwer verwundet.

– Das ist gut«, erklärte Karl Dragoch, während er mit einer Handbewegung seinen Untergebenen zu schweigen aufforderte.

Er dachte reiflich nach. Was sollte er beginnen? Natürlich handeln, und dazu würde es ihm ja an Kraft nicht fehlen. Die eben erhaltene Nachricht war für ihn die beste Arznei. Jetzt spürte er schon gar nichts mehr von dem Unfall, der ihn betroffen hatte, und hatte nicht mehr nötig,[111] sich am Dache der Koje zu stützen. Bei dem Peitschenschlag, der seine Nerven aufgerüttelt hatte, strömte ihm das Blut stärker ins Gesicht.

Ja, es mußte gehandelt werden, doch wie? Sollte er die Rückkehr Ilia Bruschs oder vielmehr Ladkos abwarten, da das ja der richtige Name seines Reisegefährten war, und sollte er dem unversehens mit einem »Im Namen des Gesetzes!« die Hand auf die Schulter legen? Das erschien ja als das richtigste, da jetzt über die Schuld des angeblichen Fischers kein Zweifel mehr bestehen konnte. Die Sorgfalt, womit er seine Persönlichkeit verbarg, das Geheimnis, mit dem er sich umgab, der Name, der der seinige und gleichzeitig der war, womit die öffentliche Meinung den Anführer der Räuberbande bezeichnete, seine Abwesenheit in der vergangnen Nacht, die mit der Entdeckung eines neuen Verbrechens zusammenfiel... alles sagte dem Karl Dragoch, daß Ilia Brusch der lange gesuchte Bandit sei.

Dieser Bandit hatte ihm aber das Leben gerettet; das erschwerte seine Lage recht bedenklich.

Wie war wohl anzunehmen, daß ein Dieb, noch mehr als ein solcher, ein Mörder, sich ins Wasser gestürzt hätte, ihn zu retten? Und wenn es sich trotz aller Unwahrscheinlichkeit so verhielt, war es denkbar, daß man, dem Tode entrissen, für die Aufopferungsfähigkeit seines Retters in dieser Weise dankte? Und welche Gefahr lag denn in der Verschiebung einer Verhaftung? Jetzt, wo der falsche Ilia Brusch entlarvt, wo seine Persönlichkeit bekannt war, würde es ihm ja doch unmöglich sein, den längs des Stromes stationierten Polizeimannschaften zu entgehen, und wenn die Untersuchung wirklich die Schuld des angeblichen Fischers erwies, würde auch noch zahlreicheres Personal zur Verfügung stehen und die verzögerte Verhaftung nur um so sicherer erfolgen.

Fünf Minuten lang grübelte Karl Dragoch über die ihm aufgedrängte Gewissensfrage. Sollte er fortgehen, ohne Ilia Brusch wiederzusehen? Oder sollte er dableiben, Friedrich Uhlmann in der Koje verstecken und wenn der Fischer erschien, sich, vorbehaltlich einer spätern Erklärung, schnell über ihn stürzen? Nein, das nicht. Eine so mutige Tat durch einen Verrat zu vergelten, der Gedanke schnitt ihm ins Herz. Besser war es da doch, selbst auf die Gefahr hin, einem Schuldbeladenen Gelegenheit zur eignen Rettung gegeben zu haben, wenn er die Nachforschungen von[112] neuem begann und das vergaß, was er schon wußte. Führten ihn die Nachforschungen dann auf Ilia Brusch zurück und zwang ihn die strenge Pflicht, seinen Retter als Feind zu behandeln, so würde er ihn wenigstens Auge in Auge gegenüberstehend bekämpfen, nachdem er ihm Zeit gelassen hatte, sich auf seine Verteidigung einzurichten.

Als er sich über alle möglichen Folgen dieser Entscheidung klar geworden war, trat Karl Dragoch wieder in die Koje zurück.


 »Gleich...!« (S. 115.)
»Gleich...!« (S. 115.)

Durch eine leicht auffindbar hingelegte Zeile teilte er Ilia Brusch mit, mindestens[113] vierundzwanzig Stunden auf ihn zu warten. Dann machte er sich fertig fortzugehen.

»Wie viel Mann haben wir hier? fragte er aus der Koje hervortretend.

– Hier befinden sich nur zwei; man ist aber schon dabei, Alarm zu schlagen, so werden wir am Abend jedenfalls zehn Mann zur Verfügung haben.

– Gut. Hast du mir nicht gesagt, daß der Schauplatz des Verbrechens hier in der Nähe läge?

– Ungefähr zwei Kilometer weit, antwortete Uhlmann.

– So führe mich dahin«, sagte Karl Dragoch, indem er ans Ufer sprang.

Quelle:
Jules Verne: Der Pilot von der Donau. Bekannte und unbekannte Welten. Abenteuerliche Reisen von Julius Verne, Band XCIV, Wien, Pest, Leipzig 1909, S. 95-105,107-114.
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