V.

[35] Hulda war in der That betroffen über die Zähigkeit, mit der Ole in seinen Briefen immer und immer wieder von dem Glücksfall sprach, den er bei seiner Rückkehr erwarte. Worauf gründete der junge Mann diese Hoffnung? Hulda konnte es nicht errathen und es verlangte sie doch so sehr, es zu wissen. Man wird ihr eine so natürliche Neugier schon verzeihen dürfen, da dieselbe eigentlich mehr eine liebende Ungeduld zu nennen war. Das ehrsame, einfache Kind war nicht etwa ehrgeizig, noch hatten sich ihre Zukunftsträume je bis zu dem verstiegen, was man Reichthum nennt. Ihr genügte ja die Liebe Oles jetzt, und diese würde ihr stets genügen. Sollten sie einmal reich werden, nun so würde sie sich darüber recht freuen; wäre es nicht der Fall, so würde sie sich darum gewiß auch nicht grämen.

So lauteten eben die Ansichten Huldas und Joëls, die sie am Tage nach dem Eintreffen des letzten Briefes von Ole äußerten; über diese Angelegenheit hatten Beide ganz die nämlichen Gedanken, wie überhaupt über alles Andere.

Da sagte Joël jedoch noch:

»Nein, es ist unmöglich, Schwesterchen! Du mußt mir unbedingt etwas verhehlen!

– Ich, Dir verhehlen?

– Ja! Daß Ole abgereist wäre, ohne Dir wenigstens etwas von seinem Geheimniß mitzutheilen, ist ja ganz unglaublich!

– Hat er Dir ein Wort davon gesprochen, Joël? antwortete Hulda.

– Nein, Schwester; ich bin auch nicht Du.

– Doch, Du bist ich, Bruder.

– Ich bin nicht die Braut von Ole.

– Beinahe doch, erklärte das junge Mädchen, denn wenn ihm ein Unfall zustieße, wenn er von dieser Fahrt nicht zurückkehrte, würdest Du Dich davon getroffen fühlen, wie ich, und Deine Thränen würden ebenso fließen, wie die meinigen.

– Aber, Schwesterchen, nein, entgegnete Joël, solche Gedanken solltest Du Dir nicht machen! Ole nicht zurückkommen von dieser letzten Fahrt auf die Hochseefischerei! Sprichst Du wirklich im Ernst, Hulda?[35]

– Nein, gewiß nicht, Joël! Und doch... Ich weiß nicht... mich foltern gewisse Ahnungen... böse Träume!...

– Träume, liebe Hulda, sind weiter nichts als Träume.

– Ja freilich, doch woher kommen sie?

– Aus uns selbst und nicht etwa von oben. Du hast aber Angst, und diese Angst ist es, die Dich auch im Schlafe bedrückt. So geschieht es ja fast immer, wenn man etwas recht lebhaft wünscht und der Zeitpunkt herannaht, wo diese Wünsche sich verwirklichen sollen.

– Ich weiß es, Joël.

– Wahrlich, ich hätte Dich für stärker gehalten, liebe Schwester, ja, für entschlossener! Bedenke doch, Du hast kaum einen Brief erhalten, in dem Ole Dir mittheilt, daß der »Viken« im Laufe eines Monats zurück sein werde, und Du setzest Dir solche Sorgen in den Kopf!

– Nein, sie wohnen im Herzen, lieber Joël.

– Nun haben wir schon den 19. April, fuhr Joël fort. Ole muß zwischen dem 15. und 20. Mai heimkehren; da scheint es mir wirklich nicht zu zeitig, mit den Vorbereitungen zu Eurer Hochzeit zu beginnen.

– Denkst Du schon daran, Joël?

– Ob ich daran denke, Hulda! Ich meine sogar, wir kommen damit etwas zu spät. Ueberlege Dir nur! Es handelt sich um eine Hochzeit, die nicht nur Dal allein, sondern auch alle benachbarten Gaards in freudige Bewegung setzen wird. Ich erwarte, daß dieselbe sehr schön ausfällt, und werde es mir angelegen sein lassen, dazu mitzuwirken.«

Eine Feierlichkeit dieser Art ist nämlich in Norwegen im Allgemeinen und in Telemarken insbesondere keine Kleinigkeit; nein, diese geht nie ohne einiges Geräusch von Statten.

Noch denselben Tag hatte Joël über diese Frage also ein Gespräch mit seiner Mutter, und zwar sehr kurz, nachdem Frau Hansen durch das Zusammentreffen mit dem Manne, der ihr den demnächstigen Besuch Sandgoïst's von Drammen ankündigte, recht peinlich überrascht worden war. Sie hatte sich in dem bequemen Lehnstuhle in der großen Stube niedergesetzt und drehte, in Gedanken versanken, mehr mechanisch das Spinnrad. Joël erkannte sofort, daß seine Mutter ungewöhnlich bedrückt erschien, doch da sie auf jede Frage nach der Ursache ihrer Verstimmung nur mit einem : »Es ist nichts!« antwortete, so glaubte ihr Sohn wegen der Hochzeit Huldas mit ihr reden zu können.[36]

»Du weißt, liebe Mutter, begann er, daß Ole uns in seinem letzten Schreiben seine hoffentlich baldige Rückkehr nach Telemarken angemeldet hat, wo er schon nach wenigen Wochen einzutreffen gedenkt.

– Das wäre ja zu wünschen, erwiderte Frau Hansen, und möge ihm jede Verzögerung erspart bleiben!

– Hättest Du irgend etwas einzuwenden, wenn wir die Hochzeit auf den 25. Mai festsetzten?

– Wenn Hulda damit einverstanden ist, ganz und gar nichts.

– Sie hat schon ihre Zustimmung so gut wie erklärt. Und nun frage ich Dich, liebe Mutter, ob es nicht auch Deine Absicht ist, diesen Tag recht ordentlich zu feiern.

– Was verstehst Du unter recht ordentlich feiern? fragte Frau Hansen, ohne die Augen von ihrem Spinnrade zu erheben.

– Nun, ich verstehe darunter – natürlich Deine Einwilligung vorausgesetzt – daß die Ceremonie unserer Stellung im Bezirk entsprechend veranstaltet wird. Wir müssen dazu alle Bekannten einladen, und sollte unser Haus für die Gäste alle nicht ausreichen, so werden die Nachbarn gern bereit sein, diese einmal aufzunehmen.

– Wen denkst Du Dir denn als Gäste?

– O, ich meine, wir müßten doch alle unsere Freunde aus Moel, aus Tineß und Bamble einladen, und das würde ich schon besorgen. Ich bilde mir auch ein, die Anwesenheit der Gebrüder Help, der Rheder aus Bergen, könnte unserer Familie nur zur Ehre gereichen und – ich wiederhole, mit Deiner Zustimmung – würde ich Ihnen anbieten, einen Tag in Dal zuzubringen. Es sind brave Leute, welche Ole herzlich lieben, und ich bin überzeugt, daß sie die Einladung annehmen werden.

– Ist es denn nothwendig, warf Frau Hansen ein, daß wir die Hochzeit mit so großem Aufwande feiern?

– Ich glaub' es, Mutter, und es scheint mir schon allein angezeigt im Interesse unseres Gasthauses hier in Dal, das doch, so viel ich weiß, seit dem Tode des Vaters an Werth und Ansehen nicht verloren hat.

– Nein... Joël... nein!

– Ist es nicht gerade unsere Pflicht, es wenigstens in demselben Zustande zu erhalten, wie er es hinterlassen hat? Wenn das der Fall ist, halte ich es auch für nützlich, der Hochzeit meiner Schwester etwas äußeren Glanz zu verleihen.[37]

– Nun ja, Du hast Recht, Joël.

– Und ist es dann nicht Zeit, daß Hulda sich mit den nöthigen Vorbereitungen beschäftigt, damit von ihrer Seite keine Verzögerung eintritt? Was meinst Du dazu, liebe Mutter?

– Du und Hulda, Ihr mögt für Alles sorgen, was Ihr für nöthig haltet«... antwortete Frau Hansen.

Nach Obigem gewinnt es vielleicht den Anschein, als ob Joël etwas zu sehr drängte, während es richtiger gewesen wäre, erst die Heimkehr Oles abzuwarten, um den Tag der Trauung zu bestimmen und die nöthigen Vorbereitungen zu beginnen. Er meinte jedoch, was einmal gethan sei, brauche nicht erst noch gethan zu werden; ferner werde Hulda eine Zerstreuung finden, wenn sie sich mit den tausend Einzelheiten beschäftigte, die ein Vorhaben dieser Art allemal mit sich bringt. Ihm erschien es wichtig, sie von ihren schlimmen Ahnungen, die bis jetzt eben gar nichts bekräftigte, sich nicht allzu sehr einnehmen zu lassen.

Zunächst galt es nun die Wahl einer Brautjungfer, welche jedoch keine Schwierigkeiten bereiten konnte, da sie schon im Voraus getroffen war. Als solche mußte ein liebenswürdiges, junges Mädchen aus Bamble, die vertrauteste Freundin Huldas, fungiren. Ihr Vater, der Pächter Helmboë, bewirthschaftete einen der größten Gaards der ganzen Provinz. Der wackere Mann war auch nicht ohne Vermögen. Schon seit längerer Zeit hatte er den achtenswerthen Charakter Joëls kennen gelernt, und – wir dürfen es wohl aussprechen – seine Tochter schätzte den jungen Mann nicht minder auf ihre Weise. Es lag sonach die Wahrscheinlichkeit nahe, daß Hulda, nachdem Sigrid erst bei ihr als Ehrenjungfrau gedient, dieser in nicht ferner Zeit den Liebesdienst vergelten konnte. Das geschieht nämlich in Norwegen nicht selten, denn in den meisten Fällen bleibt diese angenehme Aufgabe verheirateten Frauen vorbehalten. Es lag also eine gewisse Berechnung zu Gunsten Joëls zu Grunde, wenn Sigrid Helmboë der Hulda Hansen diesen Ehrendienst leistete.

Eine sehr wichtige Frage, sowohl für die Braut, als für die Brautführerin, bildete die Toilette, welche sie für den Trauungstag anlegen würden.

Sigrid, eine reizende Blondine von achtzehn Jahren, wünschte dabei auf jeden Fall den vortheilhaftesten Eindruck zu machen. Durch eine vertrauliche Mittheilung ihrer Freundin Hulda, welche Joël ihr persönlich überbrachte, beschäftigte sie sich, ohne eine Minute zu verlieren, mit dieser Angelegenheit, die allemal etwas Kopfzerbrechen verursacht.[38]

Sie brauchte dazu nämlich ein bestimmtes Leibchen, dessen Stickereien in regelmäßigen Mustern so angeordnet waren, daß sie die Taille Sigrids wie glänzendes Email umschlossen. Ferner gehörte dazu ein Rock, der eine ganze Reihe Unterröcke bedeckte, welche letztere der Zahl nach den Vermögensverhältnissen Sigrids entsprachen, ohne daß sie dadurch an der Gefälligkeit ihrer persönlichen Erscheinung Einbuße erleiden durfte. Was den Schmuck betrifft, war es auch ein wichtig Ding, die Mittelplatte der Halskette aus Silberfiligran und Perlen zu wählen, die Brosche für das Leibchen aus vergoldetem Silber oder aus Kupfer, die Ohrgehänge in Herzform mit freibeweglichen Scheibchen; die Doppelknöpfe, welche dazu dienen, den Hals des Hemdes gleich Agraffen zu schließen, den Gürtel aus rother Wolle oder Seide, von denen vier Reihen Kettchen herabhängen, die Ringe mit kleinen Eicheln, welche mit harmonischem Klang aneinander schlagen, die Armspangen aus durchbrochenem Silber – mit einem Worte, jenen ganzen ländlichen Schmuck, bei dem freilich das Gold nur in ganz dünnen Blättchen vorkommt, das Silber durch Verzinnung ersetzt, das Geschmeide nur dünn gepreßt ist, und wo die Perlen aus geblasenem Glase und die Diamanten aus billigem Krystall bestehen. Nichtsdestoweniger mußte das Auge durch den Gesammteindruck befriedigt werden. Wenn es nothwendig wurde, besann sich Sigrid dazu gewiß keinen Augenblick, die reichen Magazine des Herrn Benett in Christiania zu besuchen, um dort ihre Einkäufe zu machen. Ihr Vater erhob dagegen sicherlich keinen Einspruch; im Gegentheil, der vortreffliche Mann ließ seine Tochter gerne gewähren. Andererseits war Sigrid vernünftig genug, die väterliche Börse nicht übermäßig in Anspruch zu nehmen. Die Hauptsache bei Allem war ihr ja nur, an dem betreffenden großen Tage Joël in bestem Lichte zu erscheinen. Für Hulda war dieselbe Frage eine nicht minder ernste. Die Mode ist einmal eine unerbittliche Tyrannin und bereitet den Bräuten bezüglich der Wahl ihrer Toilette manche heimliche Qual.

Hulda mußte nun die langen, bändergeschmückten Flechten, die sonst unter ihrem Mützchen herabfielen, anders ordnen und mußte den breiten, mit Schloß versehenen Gürtel ablegen, der gleichzeitig die Schürze über dem scharlachfarbenen Rock festhält. Sie sollte später nicht mehr das dreieckige Verlobungstuch tragen, das Ole ihr vor seiner Abreise geschenkt, noch die Schnur, an der die kleinen gestickten Ledersäckchen hingen, in denen ein silberner Löffel mit kurzem Handgriff, ein Messer, eine Gabel und ein Nadeletui aufbewahrt werden, da das Gegenstände sind, welche eine Frau in ihrem Hause jede Minute braucht.


Sigrid Helmboë. (S. 38.)
Sigrid Helmboë. (S. 38.)

Nein; gleich nach dem Hochzeitstage sollte Huldas Haar frei auf ihre Schultern herabfallen, und dieses war so reichlich, daß sie gewiß nicht nöthig hatte, falsche Haare aus Leinenfasern dazwischen zu mengen, wie das die von der Natur weniger begünstigten jun[39] gen Norwegerinnen so häufig thun. Was die eigentliche Kleidung und den Schmuck betraf, so brauchte Hulda freilich nur aus der Truhe ihrer Mutter zuzulangen. Gewisse Einzelheiten der Brauttoilette werden nämlich in ein und derselben Familie von Generation zu Generation weiter vererbt. So sieht man z. B. stets wieder das goldgestickte Leibchen, den


 »Ist das das Gasthaus der Frau Hansen?« (S. 43.)
»Ist das das Gasthaus der Frau Hansen?« (S. 43.)

[40] Sammetgürtel, den Rock aus einfarbiger oder bunter Seide, die »Wadmel«-Strümpfe, die goldene Halskette und die Brautkrone – jene berühmte skandinavische Krone, die in der besten Truhe sorgsam aufbewahrt wird, eine prächtige, vergoldete Papparbeit von ziemlicher Höhe, welche dicht mit Sternen besetzt und mit Blätterschmuck verziert ist, und die den Myrthenkranz oder ein anderes dementsprechendes Symbol in anderen Ländern Europas ersetzt. Sicherlich mußte dieser strahlende Heiligenschein mit seinen zarten Filigranarbeiten, dem tönenden Gehänge und den farbigen Glasperlen daran das hübsche Gesicht Huldas in[41] vortheilhaftester Weise einrahmen. Die »gekrönte Braut«, wie man dort zu Lande sagte, mußte dem jungen Gatten Ehre machen. Aber auch er sollte ihrer würdig erscheinen im glitzernden Hochzeitsstaate – in der kurzen Jacke mit dicht an einander stehenden Silberknöpfen, dem wohlgestärkten, gerade emporstehenden Hemdkragen, dem mit Seidenstickerei geränderten Brustlatz, den engen, an den Knien durch wollige Ballen gehaltenen Beinkleidern, den weichen Kniestrümpfen, gelblichen Stiefeln, und am Gürtel, in der Lederscheide steckend, mit dem skandinavischen Messer, dem »Dolknif«, mit dem der echte Norweger stets ausgerüstet ist.

Unter derartigen Beschäftigungen verstrichen die letzten Wochen des April und die ersten des Mai. Die Besorgung der Einladungen hatte sich Joël angelegen sein lassen, da ihm sein Geschäft als Führer in dieser Jahreszeit noch einige freie Zeit ließ. Vorzüglich in Bamble schien er sehr viele Freunde und Bekannte zu haben, denn dahin begab er sich besonders häufig; und wenn er nicht selbst nach Bergen gegangen war, um die Herren Gebrüder Help einzuladen, so hatte er diesen wenigstens geschrieben. Wie er vorausgesetzt, hatten die beiden Herren umgehend und freudig zugesagt, der Hochzeit Ole Kamp's, des jungen Steuermannes vom »Viken«, beizuwohnen.

Inzwischen war der 15. Mai herangekommen. Von Tag zu Tag konnte man also erwarten, Ole aus dem Schußkarren steigen, die Thür öffnen zu sehen und ihn rufen zu hören.

»Ich bin's!... Da bin ich!«

Es galt also, sich nur noch ein wenig zu gedulden. Uebrigens war Alles bereit. Sigrid bedurfte nur eines Winks, um in vollem Festschmuck zu erscheinen.

Der 16. und 17. verliefen ohne Aenderung der Sachlage, und das Postschiff von Neufundland hatte auch keinen weiteren Brief gebracht.

»Darüber brauchst Du Dich nicht zu wundern, Schwesterchen, wiederholte Joël häufiger. Ein Segelschiff kann zu leicht Verzögerungen erleiden. Die Fahrt von Saint Pierre Miquelon bis Bergen ist immerhin ziemlich lang. Ach, daß der »Viken« kein Dampfer ist und ich nicht an seiner Maschine stehe! Ich wollte ihn schon mit Gewalt gegen Wind und Wellen laufen lassen, und wenn mir, im Hafen angekommen, auch der Kessel platzte!«

Er führte solche Reden gern, weil er Huldas Unruhe von Tag zu Tag wachsen sah.[42]

Gerade jetzt herrschte übrigens recht schlechtes Wetter in Telemarken. Rauhe Winde jagten über die hohen Fjelds, und diese von Westen wehenden Winde kamen von Amerika her.

»Sie müßten doch eigentlich die Fahrt des »Viken« beschleunigen, sagte das junge Mädchen wiederholt.

– Ohne Zweifel, antwortete Joël, doch wenn sie gar zu heftig sind, können sie ihn auch belästigen und zwingen, sich dem Sturme gerade entgegen zu halten. Auf dem Meere thut man nicht immer, was man eben möchte.

– Du bist also nicht unruhig, Joël?

– Nein, Hulda, gewiß nicht! Solche Verzögerungen sind ja bedauerlich, aber ebenso natürlich. Nein, ich bin nicht unruhig darum, und wir haben auch gar keine Ursache, es zu sein.«

Am 19. traf in dem Gasthause ein Reisender ein, der einen Führer wünschte, um ihn auf dem Wege über's Gebirge bis nach der Grenze von Hardanger zu begleiten. Obwohl es ihm recht unangenehm war, Hulda sich selbst zu überlassen, konnte Joël das Verlangen des Fremden doch nicht abschlagen. Er gedachte dabei höchstens achtundvierzig Stunden auszubleiben und hoffte, bei der Rückkehr endlich Ole anzutreffen. In Wahrheit fing der junge Mann allerdings an, sich ernstlich zu beunruhigen; er ging also an diesem Morgen mit recht schwerem Herzen fort.

Am folgenden Tage, genau um ein Uhr Nachmittags, klopfte Jemand an die Thür des Gasthauses.

»Sollte das Ole sein?« rief Hulda.

Sie sprang auf, um zu öffnen.

Vor dem Hause zeigte sich, noch auf dem Sitze des Schußkarrens, ein Mann im Reisemantel, dessen Gesicht ihr völlig unbekannt war.

Quelle:
Jules Verne: Ein Lotterie-Los. Bekannte und unbekannte Welten. Abenteuerliche Reisen von Julius Verne, Band LI, Wien, Pest, Leipzig 1888, S. 35-43.
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