Scena secunda.

[263] Gott vater, Abraham.


GOTT VATER.

Abram, ich bin der almechtig Gott,

Wandel vor mir an wandel droth,

So wil ich zwischen mir und dir

Auch einen bundt aufrichten schir,

Und sihe, ich bins, hab meinen bundt

Mit dir gemacht zu dieser stundt.

Du solt auch ein vater werden

Viler völcker auff der erden,

Drumb salt nicht mehr heissen Abram,

Dein nam sol heissen Abraham.

Ich wil auffrichten einen bundt,

Der gefeldt mir aus hertzen grundt,

Einen bundt zwischen dir und mir

Und auch deinem samen noch dir,

Das es ein ewiger bundt sey,

Und sey dein Gott alzeit gantz frey

Und deines samens auch noch dir,

Wil dir und deinem samen schir

Dis landt, darin du frembde bist,

Geben, das landt Canaan es ist,

Ewig zu bsitzen also fein,

Wil darzu alzeit ihr Gott sein.

So halte meinen bundt gar schir

Du und dein same auch noch dir!

Das ist aber mein bundt so klar

Zwischen dir und mir offenbar

Und auch noch dir bey deinem Sam,

Bey ihren nachkomen mit nam:

Als, was menlich unter euch ist,

Sal beschnitten werden zu der frist;[264]

An ewrem fleisch beschneitet fein

Die vorhaut, sol das zeichen sein

Des bundes zwischen mir und dir.

Ein iglich kneblein, wenn es schir

Geworden ist acht tage alt,

Sol werden auch beschnitten baldt

Und al gesyndt desselben gleich,

Euch geporn ader erkaufft reich,

Also sal sein der bund bereidt

Zwischen dir und mir inn Ewigkeidt,

Und wer auch nicht beschnitten wirdt,

Der hat von mir so sehr geirth,

Seine seel sol hie auff erden

Von seim volg ausgerottet werden,

Das er mein bundt vorlassen hat,

Das glaub du mir gantz fru und spat.

Und du solt dein weib Saray

Nicht mehr so heissen, sag ich hy,

Sunder ihr nam sol Sara sein,

Dann ich wil sie segenen fein,

Ich wil dir bey deinem leben

Von ihr auch einen son geben,

Den wil ich segenen inn aln sachen,

Viel völcker, König aus ihm machen.

ABRAHAM.

Ach Herr, mein Gott, was sagstu doch?

Sol mir alten auch werden noch

Ein son geporn, der ich bin

Hundert jar, und Sara auch hin,

Bey neuntzig jar ist sie wol alt,

Sal noch geberen der gestalt?

Ach das Ismael solt vor dir

Leben, mein Gott, das bit ich schir.[265]

GOTT VATER.

Sara, dein weib, sol dir auch nuhn

Geperen auch den eingen son,

Isaac soll sein name sein,

Und wil mit ihm aufrichten fein

Ein ewigen bundt lobesan

Und seinem sam, sol ewig stan.

Darzu so hab ich itzt auch fordt

Umb Ismael dich schnel erhört,

Aus ihm soln geporn werden

Zwelff Fürsten hie auff erden.

Mit Isaac wil ich all stundt

Aufrichten ein ewigen bundt.

ABRAHAM.

Ich dancke dir, mein Herr und Gott,

Das du mir itzt gibts dein gebot,

Dadurch ich ken den willen dein,

Dem wil ich alzeit gehorsam sein,

Wiewols der vornunfft zuwider ist,

So gefeit dirs doch zu aller frist,

Darumb weil dirs allein gefelt,

So acht ichs nicht, das auch die welt

Voracht, vorlacht und gar vorspot.

Ist mirs genug, das dirs, mein Gott,

Gantz wol gefelt und haben wilt,

Dein wort mir alzeit viel mehr gilt,

Dann der welt spot und vorachten,

Dein wort ich thu alzeit betrachten,

Darumb ich thus von hertzen ger

Und wens auch schon geringer wehr.

Das ich mich nu beschneiden thu,

Gefelt Gott alzeit spat und fru,

Wiewol dadurch bey Gott nichts kan

Erwerben, doch so wil ers han,

Das alle welt sehe und spöre,[266]

Das ich zu Gottes reich gehöre,

Das er mein Gott und vater ist

Und ich sein kindt zu aller frist

Durch sein barmhertzigkeit so gros

Und seine zusag ane mos,

Damit er mich erhalten thut.

O Gott, halt mich alzeit inn hut!


Quelle:
Dramen von Ackermann und Voith. Tübingen 1884, S. 263-267.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Grabbe, Christian Dietrich

Hannibal

Hannibal

Grabbe zeigt Hannibal nicht als großen Helden, der im sinnhaften Verlauf der Geschichte eine höhere Bestimmung erfüllt, sondern als einfachen Menschen, der Gegenstand der Geschehnisse ist und ihnen schließlich zum Opfer fällt. »Der Dichter ist vorzugsweise verpflichtet, den wahren Geist der Geschichte zu enträtseln. Solange er diesen nicht verletzt, kommt es bei ihm auf eine wörtliche historische Treue nicht an.« C.D.G.

68 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Frühromantik

Große Erzählungen der Frühromantik

1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.

396 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon