Scena tercia.

[267] Sara, Abraham, Gott vater.


SARA.

Mein lieber hauswirdt und herr,

Wolt ihr etwas, das thu ich ger

Alzeit noch ewrem willen fein,

Sunst wolt ich itzt auch ghen hinnein.

ABRAHAM.

Mein liebe fraw, das soltu thun,

Ich wil hie sitzen warten nun,

Ab uns kem ein gast oder zwen,

Das ich die hies herreiner ghen.

Sich do, drey menner komen dar,

Die müssen mit uns al vorwar

Essen und rügen zu der stundt.


Herr, ich bitt sehr aus hertzen grundt,

Hab ich genadt funden bey dir,

Gang nicht vor über, kehr rein zu mir!

Ich wil euch bringen wasser frisch,

Die füs euch lassen waschen risch,

Und brenge euch ein bissen brodt,

Das ihr euch nidder leget droth,

Und labet euch zu dieser zeit,

Bis auch die hitz wenig vorgeit,

Dann darumb seid ihr auch komen[267]

Zu eurem knecht, habs vernomen.

GOTT VATER.

Ach Abraham, du bittest fast,

Thu baldt, wie du gesaget hast.

ABRAHAM.

Sara, kom her behendt und risch,

Eil, knete und backe uns frisch

Brodt und kuchen behendt und baldt!

Wil holn ein kalp zertlich gestalt,

Das sol gar baldt bereitet sein

Den lieben gesten also fein.

GOTTVATER.

Abraham, kom her baldt und schir!

Wur ist Sara, dein weip? sag mir.

ABRAHAM.

Inn der hütten ist sie, mein Herr.

GOTT VATER.

Uber ein jar, wenn ich kom her,

Noch der zeit die frucht leben kohn,

Sara sol haben einen sohn.

SARA.

He, he, he, was sol ich sagen?

Sol ich inn mein alten tagen

Auch noch des fleisches lüste pflegen?

Ist doch mein leib gantz vorlegen,

Alt, darzu auch unfruchtbar gar!

GOTT VATER.

Abraham, worumb lachet dar

Sara, dein weib, und sprach zu dir:

Solt es auch sein müglich mir,

Im alter gepern einen son?[268]

Ich sage dir, das sie sol hon

Auch einen son, das sey bericht!

SARA.

Ach herr, ich hab gelachet nicht.

GOTT VATER.

Du hast gelacht zu dieser stundt,

Das uberzeuget dich dein mundt.

SARA.

Das het ich auch hievor vorwar

Gantz nicht gegleubt, ichs sagen dar,

Das ich auch noch solt geperen,

So ichs itzt nicht von dem Heren

Selbest gehört zu dieser stundt.

Ach Herr, ich bit aus hertzen grundt,

Las deinen wiln geschen an mir,

Das ist alzeit meins hertzen gir.


Quelle:
Dramen von Ackermann und Voith. Tübingen 1884, S. 267-269.
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