Psalm. 19. Cœli enarrant

[652] Lob vnd weissagung von herlicheyt des Euangelij in aller welt.


1.

Gott lob, daß vns ietz wirdt verkundt

die Euangelisch lehre!

Himel vnd erdt mit vollem mundt

erzelen Gottes ehre[652]

Bei tag vnd nacht

mit grossem pracht

an allem ort auff erden,

Ein iede sprach

gibts selber nach,

daß mög gepredigt werden

on hindern vnd geferden.


2.

Die Apostolisch leer her bricht,

reycht biß an der welt ende;

Ir richtschnur hats dahin gericht,

laufft wie die Sonn behende,

Die sich entprent

in Orient

vnd geht den Abend nider,

Mit jrem glantz

erleuchtet gantz,

jr hitz erfrewets wider,

machts fromb, gerecht vnd bider.


3.

So thut das Euangeli auch,

wanns die Seelen erquicket:

Wo sein zeugniß geht recht im brauch

vnd mann sich sein drein schicket,

Machts weiß vnd klug

mit gutem fug

die albern vnd elenden,

Erfrewt das hertz

vnd brengts fürwertz,

erleucht an allen enden

all die sich zu jm wenden.


4.

Dann wer recht hat des HERREN forcht,

der wirdt wol ewig bleiben,

Vnd seinem heilgen Wort gehorcht

welchs er jm läßt fürschreiben.

Das han wir hold

besser dann gold,

gar süß wie honig schmecket,

Macht all sein knecht

fromb vnd gerecht,

auch von dem todt erwecket,

mit gnad all sünd bedecket.


5.

Der menschen fehl sind manigfalt,

die wölst vns, HERR, verzeihen!

Vns an der rechten leer erhalt,

vnd gnad darzu verleihen,

Von falschem rath

vnd missethat

vnschuldig mögen leben!

Laß gfallen dir

Wort, Werck vnd bgir,

deinn segen da zu geben,

daß wir dich hoch erheben.


6.

Wir dancken dir, Got vatter werdt,

vnd wölln dich immer loben,

Der du vns armen hie auff erd

gar reichlich thust begaben

Durch Jesum Christ,

der selber ist

für vnser sünd gestorben

Vnd durch sein blut

vns alln zu gut

den himel hat erworben,

sunst wern wir all verdorben.


Quelle:
Philipp Wackernagel: Das deutsche Kirchenlied von der ältesten Zeit bis zu Anfang des XVII. Jahrhunderts, Band 3, Leipzig 1874, S. 652-653.
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