An Amelia Elisabeth

[278] Landgrävin zu Hessen.


1647.


Mit mehr verdienst und wert, dan mit begir und pracht

dem dapfern Hessenland den zügel zimlich halten:

in kriegs- und fridenszeit, in freindschaft und zwitracht,

mit billichkeit und recht das regiment verwalten:

Der tugend allzeit hold, mit macht der lastern macht

verstören, daß glaub, lieb und hofnung nicht erkalten:

ohne alle hochfahrt hoch, durch hohe werk volbracht

verhindern, sein lob, ruhm und namen zu veralten:

Der bösen straf und forcht, der frommen aufenthalt,

mit gutem rat und that geschweigen des volks klagen:

ist, fürstin, eure kunst und eures geists gewalt.

Daher die weite welt muß billich von euch sagen,

daß wahre göttin ihr, in menschlicher gestalt,

könt besser, dan kein held, des Teutschlands himmel tragen.

Quelle:
Georg Rodolf Weckherlin: Gedichte, Leipzig 1873, S. 278.
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