An meinen brudern Ludwig Weckerlin

[288] Indem dein gröste sorg durch deiner zungen ton

der wilden wüsten welt stolz, torheit und mutwillen

(gleichwie in Griechenland der Calliopen sohn

thier, bäum und stein bezwang) zu zähmen und zu stillen;

Indem, mein bruder, du, ein wahrer Amphion,

bemühest, selig, dich nach gottes gutem willen

sein himmelische stat, alda er seinen thron,

mit lebendigem zeug zu größen und zu füllen;

Ich, sehend wie die leut allein geld, ehr und pracht,

des kriegs geschenk und raub, hochachten und begehren,

haß solche narretei und klag des Teutschlands nacht;

Doch wie ich seufz, daß auch die wölf die kirch zerstören,

also erfreu ich mich ab guter lehrer wacht

und glaub, daß uns die son werd noch des tags gewehren.

Quelle:
Georg Rodolf Weckherlin: Gedichte, Leipzig 1873, S. 288.
Lizenz:
Kategorien: