Bestätigung der lieb

[54] Daß ihr von vilen seid geehret,

daß ihr von vilen werd begehret,

mag wol wahr sein;

daß aber ihr der andern seelen

könt so sehr, als die meine, quälen,

hat keinen schein.
[54]

Daß vil schönheiten hie auf erden

gelobet und verwundert werden,

mag wol wahr sein;

daß aber eine auch aus allen

den göttern mög, wie ihr, gefallen,

hat keinen schein.


Daß einer, der euch nur ersehen,

wöll euern dienst stracks undergehen,

mag wol wahr sein;

daß aber ihr möcht einen finden,

den ihr so hart, als mich, könt binden,

hat keinen schein.


Daß auch durch eure süße sitten

ich nicht allein vil müh erlitten,

mag wol wahr sein;

daß aber darum andre herzen

dem meinen leiden gleiche schmerzen,

hat keinen schein.


Daß, endlich solche pein zu fliehen,

sich meine vernunft wöll bemühen,

mag wol wahr sein;

daß aber von so schönen händen

ich mich zu andrer dienst könd wenden,

hat keinen schein.


Daß der tod allein meine klagen

und euern hochmut werd ertragen,

mag wol wahr sein;

daß aber sich durch das beleiden

mein herz wöll und könd von euch scheiden,

hat keinen schein.

Quelle:
Georg Rodolf Weckherlin: Gedichte, Leipzig 1873, S. 54-55.
Lizenz:
Kategorien: