Ueber einen kranz

[51] Die rosen, lieb, in deinem kranz

seind rot, wie deiner lefzen glanz;

die frischen gilgen sich vergleichen

hie deiner zart und glatten hand,

und dan das güldinklare band

muß deines krausen haars gold weichen.


Wan nu, herzlieb, dir witz gnug wär,

zu merken deiner arbeit lehr,

würd deine zeit so nicht hingehen

aus jugend und unachtsamkeit,

sondern mit mehr fürsichtigkeit

würd dein herz seinen nachtheil sehen.


Der rosen gibt ein tag den gang,

die gilgen blühen auch nicht lang,

und deine blum ohn widerkehren

veraltet und verwelket sich;

so solt auch diser goldfad dich

alsbald dein brüchigs leben lehren.


Warum dan bist du so feindlich?

warum redst du so unfreindlich?

warum thust du mich stets betrüben?

erbarmst du dich nicht über mich,

mein, so erbarm dich über dich

und laß uns nu einander lieben!

Quelle:
Georg Rodolf Weckherlin: Gedichte, Leipzig 1873, S. 51-52.
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