Unendliche liebspein

[297] Ich brenn aus lieb und lust, doch kan der brunst verdruß

meines haupts feuchtigkeit und thränen nicht verzehren;

ich wein aus lieb und leid, doch kan mein zeherfluß

meiner brust großen brunst und flammen gar nicht wehren.

Ja, vil mehr pfleget stets meiner brunst überfluß

den quellen meines leids die nahrung zu bescheren;

ja, vilmehr pfleget stets meines leids zeherguß

die flammen meiner lieb zu stärken und zu nähren.

Indem mein weinen nu, indem nu meine brunst

einander ihre hilf zu wechslen nicht verneinen,

so leid ich dise lieb und lieb das leid umsunst,

Da findend dan im feur, das ewiglich muß scheinen,

und in dem steten fluß der zehern keine gunst,

so muß (o schmerz!) mein herz stets brennen und stets weinen.

Quelle:
Georg Rodolf Weckherlin: Gedichte, Leipzig 1873, S. 297.
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