Von der katholischen Lig

[289] Die wahrheit und ihr herd ist götlich, standhaft, rund,

schlecht, freindlich, fridlich, recht, mit gottes ehr vernüget;

die falschheit und ihr hauf ist menschlich, arg, ohn grund,

ehrgeizig, greulich, stolz, die wen sie kan betrieget.

Darum dem schweren schwarm, als dessen herz, hand, mund,

für seinen eignen sack betrieget, krieget, lieget,

wird mit der welt abgot und seinem stolzen bund

der allgemeinen Lig titul wol zugefüget.

Doch wan die wahrheit ja, wie immer schwach ihr schein,

wie immer auch ihr hauf verachtet, arm und klein,

soll noch zuletzt durch got, von got geliebet, sigen:

Muß nicht, o werte herd, der falschheit stolzer freind

dem, wie die wahrheit er, got, die wahrheit selbs feind,

und dise Lügen-Lig zuletzt noch unden ligen?

Quelle:
Georg Rodolf Weckherlin: Gedichte, Leipzig 1873, S. 289-290.
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