Dritter Auftritt

[15] Die Vorigen, ohne Kunigunde.


EMERIKE für sich. Gottlob, daß sie geht.

GEHRMANN zu August. Wirst du Sprache bekommen? Zu Emerike. Das ist mein Neffe, liebes Kind.

EMERIKE. So – nun, der könnte mir schon gefallen!

AUGUST für sich. Wirklich?

GEHRMANN unwillig. So begrüße sie doch.[15]

AUGUST wendet sich zu ihr. Es ist mir eine Ehre –

EMERIKE verneigt sich, und sagt schnell. Die Ehre ist auf meiner Seite.

AUGUST wendet sich ab. Gott steh mir bey!

GEHRMANN der das Gespräch einleiten will. Wie waren die Wege, liebes Kind? wie war das Wetter? wie geht es der Frau Muhme? wie geht es Ihnen?

EMERIKE. Danke der Nachfrage, mir geht es gut, aber – zwey Hühner sind unter Wegs darauf gegangen.

GEHRMANN. Thut nichts, hier legen und brüten die Hühner auch.

EMERIKE. Ja – aber solche – 12 Küchelchen, alle weiß! die Nachbarn sagten, Auf einmal verschämt. ich weiß nicht, ob ich das hier wieder sagen darf?

GEHRMANN. Nur heraus damit, unsre Nachbarn sagen hier auch mancherley. Wie lassen Sie sich denn bey Ihnen vernehmen?

EMERIKE. Weil die Brut eben ausfiel, als ich Braut wurde,[16] so sagten sie – Verschämt. ich kann es doch nicht herausbringen.

GEHRMANN. Sie sagten wohl, daß die zwölf Küchelchen eine eben so zahlreiche Nachkommenschaft bedeuten?

EMERIKE. Ach ja!

GEHRMANN zu August. O Unschuld!

AUGUST zu ihm. O Einfalt!

GEHRMANN zu ihm, die Hände reibend. Ganz nach deinem Sinn, ganz nach deinem Sinn. Zu Emerike. Wie geht es der Muhme?

EMERIKE als ob sie sich darüber freue. Recht gut.

GEHRMANN. Ist sie noch so regsam wie sonst?

EMERIKE. Sie regt sich gar nicht mehr.

GEHRMANN. Ist sie todt?

EMERIKE. Ach nein – nur kontrakt ist sie.

GEHRMANN. So? ja – die Jahre kommen.

AUGUST spöttisch zu Gehrmann. Aber es geht ihr recht gut.[17]

EMERIKE. Das war ja die Unpäßlichkeit, von der ich schrieb.

GEHRMANN. Das hätte man wohl eine Krankheit nennen können.

EMERIKE lacht. Ach nein – krank ist sie nicht.

GEHRMANN. Nun, ich denke denn doch –

EMERIKE. Der mit gutem Appetit ißt, trinkt und schläft, ist ja nicht krank zu nennen?

GEHRMANN stutzt, und sagt zu August. Das war eine feine Bemerkung! siehst du, sie hat Mutterwitz.

AUGUST. Aber sie hat –

GEHRMANN zu ihm. Die Sybillischen Bücher nicht geschrieben, aber für den Hausbedarf ist sie klug genug. Sprich mit ihr.

AUGUST. Nie werde ich der Dummheit meine Hand geben.

GEHRMANN. Sie ist nicht dumm, und wenn auch, an der Krankheit ist noch niemand gestorben.

AUGUST. Aber –[18]

GEHRMANN in ihn hinein redend. Aber deine Superklugheit weiß selbst nicht was sie will. Du bist ja der Vernunft bey Frauen immer aus dem Wege gegangen; bald zu wenig, bald zu viel; abwägen läßt sich die liebe Gottesgabe nicht. Laut. Verzeihen Sie, liebes Kind! hatte da mit meinem Neffen einen Wortwechsel – es betrifft unser Kommerz, und die Jugend will immer klüger seyn als das Alter.

EMERIKE. Das sagt die Muhme auch.

GEHRMANN. Sagt sie? Ja, sie war immer eine kluge Frau. Rückt einander näher, macht Bekanntschaft –

AUGUST. Aber lieber Onkel, wenn –

GEHRMANN. Keine wenn und keine aber. Leise zu ihm. 300,000 Gulden! solche Werke fangen an selten zu werden, und sollen in keinen andern Buchladen in Verlag kommen. Er setzt zwey Stühle. Platz genommen liebes Kind. Er führt sie zu dem einen Stuhl, führt August zu dem zweyten, und setzt ihn unsanft nieder. Niedergesetzt, junger Herr! erst ein höfliches, dann ein freundliches, dann ein vertrauliches Wort gesprochen. Leise zu Emerike. Der junge Mensch ist etwas scheu, Sie müssen ihm Muth machen. Zu August. Sieh sie doch an! gar nicht übel, und das viele Geld! Laut zu Beyden. Ich bin euch überlästig! ihr brennt vor Begierde, euch einander kennen[19] zu lernen. Lernt euch kennen, lernt euch lieben – ich lade Gäste, und in acht Tagen seyd ihr schon Mann und Frau.


Schnell durch die Mitte ab.


Quelle:
Johanna Franul von Weißenthurn: Neue Schauspiele. Band 13, Wien 1834, S. 15-20.
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