Eilffter Auffzug.


[133] Berthold, ein Zittauischer Bürger. Rudolf, Wentzels junger Graff.


RUDOLF. So viel ich sehe / so lebt ihr hier an einem PLAISIRlichen Orte.

BERTHOLD. GOttlob und Danck / es ist gut genung / wir leben hier am Wasser / und am Gebürge / und was uns der liebe GOtt giebt / dafür müssen wir ihm dancken.

RUDOLF. Der Wiesewachs / und der Acker-Bau zeugen von einer fruchtbaren Landes-Art.

BERTHOLD. Es ist wohl nicht so köstlich / wie an manchen Ort in Böhmen / aber wir sind doch gar wohl zu frieden.

RUDOLF. Die Häuser sind meistentheils gar neu gebaut.[133]

BERTHOLD. Der König OTTOCARUS hat erst die Stadt-Mauern bauen lassen / und das ist dort die Mandauische Pforte / denn sie heist nach dem Wasser / das harte vorbey gehet.

RUDOLF. Was ist es vor ein Wasser?

BERTHOLD. Mit dem rechten Nahmen heist es die Mandau. Die Bleicher und Vorstädter heissen es immer das alte Wasser.

RUDOLF. Je es mag älter seyn / als wir alle mit ein ander. Doch es ist schade / daß die Stadt-Mauern nicht etwas grösser sollen angeleget seyn.

BERTHOLD. Die Bürgerschaft nimmt sehr zu / es wird wohl geschehen müssen / daß wir die Stadt in die Höhe nauff rücken.

RUDOLF. Es ist uns gar wohl drinne gangen / GOtt helffe / daß ihr alles gute mit euren Kindern zu gemessen habet.

BERTHOLD. Ja das müssen wir hoffen / vielleicht wird der liebe Herr König der armen Stadt auch besser eingedenck seyn.

RUDOLF. Daran dürfft ihr nicht zweifeln / eure Nachkommen sollen es ewig rühmen / daß ein König hier was guts genossen hat.

BERTHOLD. Wir haben zu GOtt das Vertrauen / daß er in diesem Lande Ruhe und Friede wolle erhalten lassen.

RUDOLF. Wo hat aber der Ort den Nahmen herbekommen?

BERTHOLD. Die Hebe Princeßin / die das erste Closter hieher gebauet hat / die hat ZITTAVIA geheissen / derselben zu ehren nennte man den Ort / da sich etliche Leute umb das Closter[134] niederliessen. Darnach als König OTTOCARUS eine Stadt bauen wolte / ließ er sich den Nahmen gefallen / und machte eine gute Außlegung dazu. Denn er sagte: Es hiesse billig Sitta / weil man wegen der angenehmen Gegend wieder die neuen Einwohner wohl sprechen könte: Sitze da.

RUDOLF. Ich habe allezeit gedacht / der Nähme sey aus der böhmischen Sprache kommen?

BERTHOLD. So viel ich von meinen Vorfahren Nachricht habe / so kömmt der Nähme wohl unstreitig von der alten Printzeßin ZITTAVIA: Doch hernach haben die Leute viel Auslegungen über den Nahmen gemacht / und es kan seyn / daß OTTOCARUS einmahl gesagt hat / die Stad hieß billig nach dem böhmischen / Zittawa / das ist Kornreich.

RUDOLF. GOtt bestätige die Muthmassung / und helffe / daß es diesem lieben Orte niemahls an Korn und Brodte / auch niemahls an andern Sachen ermangele / die man zu dem täglichen Brode / und in die vierdte Bitte zu rechnen pfleget. Doch wir vergessen unsern König. Denn ich stehe nun in Sorgen / die Feinde werden uns bald auskundschaffen / und da möchte dieser Ort einen trefflichen Schandfleck davon bekommen / wenn er so einen lieben Herren wolte verrathen lassen.

BERTHOLD. Wir wollen das unsrige thun / nur der Kerle / der INSPECTOR seyn soll / der siehet mir was wilde um den Schnabel.

RUDOLF. Gestern ward er ein bißgen schichtern gemacht / er wird sich wohl besser in acht nehmen.

BERTHOLD. Nun wir wollen das Beste hoffen. Gehen ab.


Quelle:
Christian Weise: Sämtliche Werke. Berlin und New York 1971 ff., S. 133-135.
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