5. Die zukünfftige Liebste, nach eines andern Erfindung

[133] 1.

Mein Liebgen sol so seyn,

Ein Kind von jungen Jahren,

Von schön und liechten Haaren,

Von etwas bleichen Wangen,

Darnach steht mein Verlangen,

So sol mein Liebgen seyn.


2.

Mein Liebgen sol so seyn,

An Augen wie die Tauben,

Am Mündgen wie die Trauben,

An Lippen wie die Rosen,

Da wünsch ich Liebzukosen,

So soll mein Liebgen seyn.


3.

Mein Liebgen sol so seyn:

Von Wollenweichen Händen,

Von wohlgefasten Lenden,

Von unbefleckten Armen,

Da möcht ich gern erwarmen,

So soll mein Liebgen seyn.


4.

Mein Liebgen sol so seyn;

Nur ehrlich vom Geblüte,

Und lustig vom Gemüthe,

Am Reden sey sie stille,

Mein Wille sey ihr Wille,

So sol mein Liebgen seyn.


5.

Mein Liebgen sol so seyn:

Ein ander frey nach Gelde,

Nach einem weiden Felde,

Nach einer welcken Rübe,

Ich liebe, die ich liebe,

So sol mein Liebgen seyn.[133]


6.

Mein Liebgen sol so seyn:

Sie darff nicht höhnisch lachen,

Und Complimenten machen,

Und gar zu prächtig gehen,

Ich wil sie doch verstehen,

So sol mein Liebgen seyn.


7.

Mein Liebgen sol so seyn:

Als wie das Mädgen siehet,

Das mich jetzund bemühet,

Das mich so weit getrieben,

Daß ich mich muß verlieben,

So sol mein Liebgen seyn.

Quelle:
Christian Weise: Der grünenden Jugend überflüssige Gedanken, Halle a.d.S. 1914, S. 133-134.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Hoffmann, E. T. A.

Seltsame Leiden eines Theaterdirektors

Seltsame Leiden eines Theaterdirektors

»Ein ganz vergebliches Mühen würd' es sein, wenn du, o lieber Leser, es unternehmen solltest, zu den Bildern, die einer längst vergangenen Zeit entnommen, die Originale in der neuesten nächsten Umgebung ausspähen zu wollen. Alle Harmlosigkeit, auf die vorzüglich gerechnet, würde über diesem Mühen zugrunde gehen müssen.« E. T. A. Hoffmann im Oktober 1818

88 Seiten, 5.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon