Fünftzigstes Exempel.

Schwehrer Streit, so ein Jüngling im Tod-Beth wider den bösen Geist ausgestanden.

[291] Um das Jahr Christi 1586. erkranckte zu Padua, einer Stadt in Welschland, ein Jüngling auf den Tod. Wie er gemerckt, daß kein Hofnung des Lebens mehr übrig, liesse er sich zeitlich mit den gewöhnlichen Sacramenten der Sterbenden versehen; damit er auf den Tods-Kampf wider den bösen Geist gerüstet wäre. Indem er nun also da liegt, laßt sich der böse Geist in abscheulicher und schröcklicher Gestalt vor ihm sehen; um hierdurch den Krancken zu schröcken, und verzagt zu machen. Kaum hatte ihn der Krancke ersehen, da schreyt er überlaut: Sehet! sehet! der böse Geist ist da. Gebt mir gschwind das Crucifix, damit ich ihn verjage. Als er solches von denen Umstehenden empfangen, bate er sie, sie wollten doch für ihn betten, damit ihm der böse Geist nicht möchte beykommen. Welches dann die Umstehende auch fleißig gethan; also, daß der Krancke eine weil ruhen konnte, es stunde aber nicht lang an, da liesse sich der böse Geist das andertemahl sehen. Weßwegen dann der Krancke die Umstehende auf ein neues um ihr Gebett ersucht, sagend, der böse Geist wolle ihm das Crucifix mit Gewalt aus denen Händen reissen. Als ein Geistlicher, der ihm beystunde, solches gehört, besprengte er den Krancken mit dem Weyh-Wasser, sprache ihm zu, er sollte den Schild des Glaubens ergreiffen, und sein Vertrauen auf die göttliche Barmhertzigkeit setzen; dann diese werde ihn nicht verlassen. Der Krancke thuts, und sihe! der böse Geist mußte wiederum abweichen. Allein er kame zum drittenmahl, und weil er mit seiner Abscheulichkeit nichts konnte ausrichten, zeigte er sich nunmehro in einer gantz poßirlichen Gestalt, und triebe allerhand Gauckler-Spihl vor dem Krancken, ihne hierdurch vom Gebet abzuhalten, oder wenigst darinn irr zu machen. Weil sich aber der Krancke nichts daran kehrte, verdrosse es den bösen Geist dergestalt, daß er ihn nicht allein mit Fäusten hart schluge, sondern ihm auch Händ und Füß also zusammen bande, daß er sich nicht mehr bewegen konnte; worauf er die Flucht genommen. Nach diesem Streit, (welcher zwey Stund lang gedauret) erfolgte bey dem Krancken ein grosse Ruhe. Wie er aber gemerckt, daß ihm Händ und Füß vom bösen Feind wären gebunden worden, verlangte er mit dem Weyhwasser besprengt zu werden. Und siehe, des bösen Feinds unsichtbahrer Gewalt wurde aufgelöset; und konnte sich der Krancke nunmehr wiederum frey bewegen, wie er wollte. Das erweckte nun in ihm ein [292] solche Freud, daß er GOtt dem HErrn für den erhaltenen Sieg ohnabläßlich Danck sagte, und in solcher Dancksagung letztlich seinen Geist in die Händ des Schöpfers aufgabe. Der Streit aber, so der Krancke mit dem bösen Feind gehabt, verursachte bey denen Umstehenden eine solche Veränderung im Gemüth, daß viel ihr Leben gebessert haben; sorgend, sie dörften einstens im Tod-Beth, gleich dem verstorbenen Jüngling mit dem bösen Geist zu streiten haben: und das villeicht mit gröster Gefahr, von ihm überwunden zu werden. Annales Venetorum, ad Annum Christi 1586.


Was wendet nicht der böse Gest für Gewalt an, den todt-krancken Menschen anzufechten, und zu schröcken, damit er ihn ins Verderben stürtze; und wie wahr ist, was der Job sagt am 41. Cap. Es ist kein Macht auf Erden, die man mit ihm vergleichen möge. Aber diese seine Macht wird gebrochen durch das Vertrauen, so der Todt-Krancke setzt auf die göttliche Barmhertzigkeit, durch Fürhaltung der Bildnus des gecreutzigten Heylands, welcher den bösen Geist am Creutz überwunden; durch Besprengung des Weyhwassers, welches von dem Gebett, so die Kirche darüber spricht, grossen Gewalt hat, den bösen Geist abzutreiben. Welche Mittel ein Tod-Krancker wohl in Acht nehmen solle, damit er wider den bösen Feind den Sieg erhalten möge.

Quelle:
Wenz, Dominicus: Lehrreiches Exempelbuch [...] ein nutzlicher Zeitvertreib als ein Haus- und Les- Buch. Augsburg 1757, S. 291-293.
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