Das siebende Capitel.

Ein andere Weibs-Person, wird auch wegen Verschweigung ihrer Sünden verdammet, und ihr Cörper von höllischen Geistern hinweg geführet.

[912] Voriger Author führet ein andere Geschicht ein, welche von P. Francisco Rodriquez beschrieben worden, und sich mit einem Ehrwürdigen Ordens-Mann und Priestern zugetragen, dieser war aus dem Löblichen Orden des Heil. Francisci in dem berühmten Closter St. Jacob zu Alcaca von Henares im Jahr 1589. Dieser fromme Mann, als er nun den herzunahenden Tod vermercket, bittet er die älteste Ordens-Vätter, sie wollen zu ihme kommen: es geschiehet, sie kommen bey dem Krancken zusammen, darunter auch P. Frater Alphonsus Ponze ein vornehmer Mann, der diese Aussag darnach ausgebreitet. In Gegenwart dieser, erkläret er sich mit folgenden Worten.


Ehrwürdige Vätter, da ich nun spühre, daß die Täg meines Lebens sich erfüllen, vor meinem Hintritt in die Ewigkeit, finde ich nutzlich vielen irrenden Seelen, daß ich euch erzähle, was sich mit mir zugetragen in einem Closter unsers Ordens. Einsmahls, da ich wolte Meß lesen, mich darzu bekleydet und gerichtet, im Antritt des Altars werd ich ermahnet, [912] etlich kleine Hostien für etlich Communicanten aufzulegen, welches ich gethan, und hab diese im Verlauf der Heil. Meß verwandlet, mit solchen etliche Personen zu speisen, dann da es Zeit war, wendete ich mich um, und wolte das Hochwürdige Sacrament darreichen, aber ein an dem Geländer unter andern knyende Weibs-Person winckte, und rufte mir, bittet auch, bevor als ich sie communicire, sie Beicht zu hören, weilen sie in voriger Beicht etwas vergessen hätte: ich antwortete ihr, daß es der Zeit nicht seyn kan, sie soll nur das Hochwürdige Sacrament geniessen, darnach werde ich sie gutwillig anhören. Sie folget meinem Rath, empfangt das Hochwürdige Sacrament des Altars, alsobalden, da sie vom Knyen wolte aufstehen, sincket sie wiederum auf die Seiten nieder, und stirbt also dahin in Ansehen des Volcks. Glückseelig schätzten viel aus denen Umstehenden einen solchen Tod, gleich dazumahlen die Schuld der Natur bezahlen, wann der gröste Werth empfangen worden. Ich aber war bis in Tod bekümmert, weilen ich sie vor der Communion nicht Beicht gehört, indeme sie es doch von mir begehrt. In unser Closter Kirchen, in ein gewisse Capellen ist diese verstorbene Weibs-Person zur Erden bestättiget worden. Bald darnach triebe mir mein betrübtes Hertz bittere Zäher aus den Augen, ich verfügte mich in mein Cellen, GOtt für ihre und meine Missethaten Gnad und Verzeyhung zu erbitten. Es war das Zeichen zum Schweigen gegeben, da nahm ich in folgender Nacht die Geisel zu handen, und wolte mein Leib casteyen, und kaum fieng ich an, da erscheinet vor mir ein helles Liecht, darfür ich mich entsetzte: mitten heraus erschallet ein Stimm, welche mich also angeredet. Bekümmere dich nicht, das verstorbene Weib wolte dir nichts wichtiges beichten, laß ab für sie GOtt zu bitten, dann der gerechte Ausspruch ist über sie unwiderruflich ergangen, sie ist ewiglich verdammet, nicht zwar aus Ursach jener Sünd, welche sie dir vor der Communion zu offenbaren verlanget, sondern weilen sie durch viel Jahr etlich Todsünden in der Beicht schamhaftiger Weiß verschwiegen, und also ohne Vorsatz diese zu beichten, ist sie verschyden. Dahero ist von GOtt ihr langwürige Vermessenheit gestraft worden, daß sie alsobalden nach Empfangung des Hochwürdigen Sacraments, welches sie doch, aus Verhängnuß GOttes nicht konte verschlünden, gähen Tods gestorben. Das Urtheil ist nunmehr ergangen, daß sie an Leib und Seel in Abgrund der Höllen gepeyniget werde: diese Peyn ist allein verschoben so lang als nicht die Heil. Hostia aus dero Mund genommen wird, deswegen befihlt dir GOtt, solche heraus zunehmen.


Unterdessen wird das Grab eröfnet, und mir in die Hand ein Schauffel geben, mit welcher ich ohne grosse Mühe der Verstorbnen Lieb entdecket, [913] dero Angesicht glantzte aus Ursach der im Mund ligenden Heil. Hosti: diese erhebte ich, und alsobalden verstellet sich das Angesicht in erschröckliches Abscheuen. Obbemeldtes Liecht leuchtet mir vor, als ich die erhebte Heil. Hosti in gewöhnlichen Sacrament-Kasten getragen, und alldorten bewahret: nach dieser meiner Verrichtung liessen sich zwey groß- und grimmige Hund sehen, die faßten den Toden-Cörper, und entführten ihn durch die Luft hinweg. Dieses alles hat sich mit mir zugetragen, welches ich zu Unterrichtung vieler hab offenbaren wollen. Nach dieser Abred bittet er die Umstehende, sie wollen sein Seel in die grundlose Barmhertzigkeit GOttes befehlen, er aber hat bald darauf seinen Geist in die Händ seines Schöpfers aufgeben.

Wolte GOtt! es spieglete sich alle Jugend in dergleichen Begebenheiten, weilen es die gröste Nothwendigkeit ist, rechtschaffen und vollkommentlich beichten. Viel seynd gute Werck, als vielmahlen Mariam begrüssen, und sie mit dem Rosenkrantz crönen: nohtleydenden Armen Hülf leisten, und mit Darreichung eines Allmosen erfreuen; mit Abbruch und Fasten den muthigen Leib in die Dienstbarkeit, und in den tugendlichen Gehorsam bringen: doch sollen alle diese, und andere fromme Werck (gleichwie das zeitliche Geschmeltzwerck gegründet wird auf das Gold) auf wahre Buß und Beicht gegründet werden.

Quelle:
Wenz, Dominicus: Lehrreiches Exempelbuch [...] ein nutzlicher Zeitvertreib als ein Haus- und Les- Buch. Augsburg 1757, S. 912-914.
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