Drey und dreyßigste Begebenheit.

Der Heil. Maclovius liset Meß auf einem ungeheur-grossen Wall-Fisch, ohne daß er es wußte.

[579] Der Heil. Maclovius Bischof zu Bretagne (einer Landschaft in Franckreich) schifte einstens über Meer, und hatte nach seiner Meinung eine Insul ersehen, auf welche er mit denen Schif-Leuten, deren über 180. waren, ausstiege, willens alldorten das Heil. Meß-Opfer zuverrichten. Aber der Heil. Mann merckte bald, daß er sich sehr geirret hätte; dann ein ungeheuer grosser Wallfisch, deren einer in dem Indianischen Meer bisweilen in der Länge 960. Schuhe hat, in der Dicke und Breite aber wohl eine Weite von 4. Jauchert einnimmt, dessen Rucken mit Moß und anderen kleinerem Gestäud überwachsen ware, hatte das Ansehen gemacht, als wann alldorten eine Insul vorhanden wäre. Der GOttes-Dienst hatte schon seinen Anfang genommen, und wurde schier über die Helfte gebracht, da fienge der Wall-Fisch an sich zu rühren, als wann er weiter schwimmen wolte. Alle wurden dardurch in höchsten Schröcken gesetzt, da sie vermerckten, was für ein grosse Gefahr ihnen zustunde, falls der Wall-Fisch sich in die Tieffe des Meers begeben solte; alsdann nemlich wurde jedermann mit ihme in den Abgrund versincken, und erbärmlich zu Grund gehen. Der Heil. Maclovius erkennte auch, wie bald er samt allen seinen Gefährten in das äusserste Unheyl könte gesetzt werden, und müßte mit ihnen zu grund gehen. Doch aber liesse der Heil. Bischof sein Vertrauen auf die göttliche Allmacht nicht sincken, sondern befahle in dem Nahmen JEsus, welchen er unter denen Gestalten der Heil. Hostie in den Händen hielte, daß der Wall-Fisch so lang solte still bleiben, bis das Heil. Meß-Opfer vollendet, und alle wiederum wurden eingeschift seyn, wie auch geschehen: dann das ungeheur grosse Thier gleich einer Insul, oder wohl-gegründeten Felsen unbeweglich verbliben. Alle konten ohne eintzige Gefahr nach geendigtem GOttes-Dienst zu Schif steigen. Alsdann erst hatten sie beyde, die Schif-Leut und der Wall-Fisch von einander geschieden: dieser ist unter das Wasser gangen, jene aber haben ihre Reise auf dem Meer fortgesetzt. Ex Vita c. 7.

Quelle:
Wenz, Dominicus: Lehrreiches Exempelbuch [...] ein nutzlicher Zeitvertreib als ein Haus- und Les- Buch. Augsburg 1757, S. 579-580.
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