14. Thu recht, scheu niemand

[378] An Palemon.


Dass alles was misslingt dein König auf dich schieb',

Klagst du, ob gleich du ihm gehorsam bist in allen:

Wilst du ihm nicht,1 wenn du was recht ist thust, missfallen;

So thu' ihm niemals nicht, was unrecht ist, zu Lieb'.


Fußnoten

1 Wilst du ihm nicht etc. Man wird insgemein finden, dass diejenige die sich durch krumme Wege in ihres Herrn Gnade gesetzet, dieselbe hernachmahls gemeiniglich in einer gerechten Sache verlieren; Entweder weil grosse Herren nicht leiden können, dass ein verächtlicher Heuchler den geringsten Anspruch zur Tugend mache; oder weil sie sich einbilden, dass er unterm Schein der Tugend sie zu betrügen suche. Ein Lügner mag einst die Warheit sagen; aber einem Heuchler stehet es nicht mehr frey ehrlich zu sein.


Quelle:
Christian Wernicke: Epigramme, Berlin 1909, S. 378.
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