4.

Wie sich Leufrid zůr schlacht rüstet, seinen gesellen harnasch von rinden ab den baumen machet; wie er auch hart gegen seinem schůlmeister verklagt ward, um das er ein knaben so hart straffen und mit růten schlagen ließ.

[275] Lewfrid berůfft zusamen all seine underthanen, ermanet sie gemeyn, das sie unverzagt die sach angreiffen wolten; damit sie aber baß dann ir widertheil gerüst und verwart weren, so solt im ein jeder rucken und krebs von rinden, so sie von[275] beumen abschelen solten, machen. Des rahtschlags waren sie allesammen willig; ein jeder schauwet ihm heymlichen umb gemeldte rinden, machten ihn darauß armzug, rucken unnd krebs, damit sie vor stöß unnd streichen zimlichen versehen waren. Diß aber nam der gemelt edel knab gar fleißig war; sobald er platz haben mocht, zeigt er das dem andren könig auch an. Derselbig rüstet sich auch gleicher gestalt mit harnasch und anderer wer.

Uff bestimpten sontag kamen sie zusammen an das ort, dohin ir bescheyd war. Lewfrid aber als ein fürsichtiger junger was selber seiner gesellen fürer und hauptman; er nam bald einen bühel für seinen vortheyl ihn, darauff wolt er seines feinds erwarten. Als sie nun zu beider seiten zů feld kamen, begert Lewfrid inn ein gespräch zů kommen mit dem andren künig, seinem gegentheil. Daß bewilliget er im zůhand. Also underredten sie sich mitnander, das sie kein schadliche wehr, so von eisen oder stahel gemacht, brauchen solten, kein kolben noch spitzig stecken, sonder hültzine schwerdter; es solt auch zů beider seiten kein stein geworffen werden, aber mit leymen oder weicher erden solt einem jeden erlaubt sein zu werffen. Also griffen sie zu beyder seiten einander an. Der ander knabenkünig understůnd zům offtern mal Lewfriden auß seinem vortheil zu treiben; das aber kond er in keinerley weg volbringen. Dann seine gesellen hatten die höhe deß bühels ihn, die wurffen mit erdschollen starck zu; dann ihre gesellen hielten mit ihren hültzin schwerdten unden ihren finden den anlauff gwaltig vor, so lang das Lewfrids gegentheyl so matt und müd wurden, so das sie weder werffen noch schlagen mehr kondten, wolten also den bühel verlassen unnd die flucht geben. Das mercket Lewfrid, eilet ihn mit seinen gesellen nach. Die aber begerten der stangen unnd bekandten sich überwunden. Lewfrid nam den andren könig gefangen, der můst im und seiner gesellschafft friden zusagen. Demnach ward ihm gesagt von dem jungen, so allweg seine heimlichen anschleg;[276] geöffnet hatt; den ließ er für sich bringen und mit růten übel schlagen.

Das verschmahet ihn gar übel, klaget die schmach seiner můter, die bracht das für den vater. Der erzürnet sich dermassen über Lewfriden, verklagt ihn vor seinem schůlmeister, sagt ihm darbey, wo er ihn nit darumb strieff, so wolt er ihn selber straffen. Der schůlmeister sagt ihm das zů, unnd damit er seinen fleiß spüren möcht, wolt er nach im senden, damit er in gegenwertigkeyt sein gestrafft würt. Diß vernam einer auß Lewfriden gesellschafft, saumpt sich nit lang, er kam und zeiget im alle ding an.

Davon der gůt arm könig gar übel erschrack, wißt nit, weß er sich halten solt; so was er jetzund nit gar zwölff jar alt. Jedoch besan er sich kurtz, fügte sich heim zu hauß, satzte sich heimlich in ein schreibstuben und schrib seinem herren einen brieff auff solche form lautend:

Wiewol mir, allerliebster herr und pfetter, vil gůthat von euch widerfaren, darzů meinem vatter unnd můter noch teglichen widerfaret, so můß ich mich doch von wegen grosser forcht unnd scham jetzund von euch scheiden. Das macht, dieweil mich meine mitgesellen und schůler zu einem künig erwölt unnd mir aber jetz zumal so gar hart getrawen von meinem schůlmeister und einem edelman, umb das ich seinen son hab straffen lassen, müßt ich mich gar hart vor meinem gegentheil schamen, dieweil ich sie mit meinen gesellen dapffer überwunden hab, wirde sich mein widerpart größlichen erfrewen, wan sie vernemen mich, der meiner gesellen künig gewesen, so übel mit růten solt abgefertigt und von seinem reich kommen sein. Darumb, lieber herr und vatter, bitt ich euch, wöllend mir durch gott vergeben. Hergegen versprich ich euch, dieweil mir got mein leben fristet, will ich euwer gůten und vätterlichen leer nicht in vergeß stellen, sunder mich zů aller zeit darnach richten und all mein sachen schicken; bitt auch, wöllend euch meinen armen vatter und můtter lassen befolhen sein und sie mein torheit nit entgelten lassen. Ich armer Lewfrid far dahin. Gott spar euch und die eüwern in langwiriger gesundtheit!

Als nun der gůt Lewfrid seinen brieff geschriben und mit[277] wachs vermacht, ist er gantz trawrig zů dem nachtmal gangen. Des Herman der kauffman bald wargenummen; und als er in befragt, waß im manglet, hat er mit schwach und gar trauriger stim seinem hern geantwort, im mangle gar nichts, dann allein er wolt gern einmol seinen vatter heimsůchen. Das erlaubt ihm sein herr mit gůten willen. Lewfrid hatt nit im sinn, zů seim vatter oder můtter zů kummen, allein sagt er das, damit er dest minder von seinem herren verarckwont würd. Er besan sich nit lang, nachdem im sein herr erlaubt hat, legt an seine schlechtisten kleider, fůr sein straß, aber nit des willens widerzůkummen. Er stieß sein brieff in sein schůlersack, fůr davon.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 2, Tübingen 1903, S. 275-278.
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