54.

Wie der graff sein gantzen hoff zůsamenrüffen ließ, inen sein vorgenomen reyß zů wissen thůt, dabey in allen gar befilcht, sich auffs förderlichst zů rüsten, und wie Angliana dem Lewfriden ein lybery gibt.

[403] Deß andern tags gab der graff befelch, das man alles sein hoffgesind, sie weren gleich vom adel oder nicht, zůsammenberüffen solt. Das ward nach seinem willen eillens volnzogen. Als sie nun gemeinlich beynander waren, ließ er den küniglichen brieff vor ihn allensammen lesen, sie demnach auff das früntlichest ermanet, damit sich ein jeder nach dem[403] besten gerüst machet, damit er bey dem künig nit als ein hinleßiger möcht angesehen werden. Sagt auch darbey, welichen am roß, harnasch oder anderem zeüg abgangen wer, der solt das dem rüstmeister anzeigen, damit er nach dem besten möcht versehen werden.

Dise bottschafft vernamen sie allzůmal mit grossen freuden; dann ir jeder meynet ehr und gůt in disem zug zů bekommen. Der graff ließ alles sein hoffgesind von fůß auff new kleyden mit einer gleichen farben und lyberey. Angliana aber sticket ihrem vatter, desgleichen Lewfriden einem yeden ein schöne libery von perlen und gold seer künstlich.

Als die nun gearbeit was, schicket sie nach Lewfriden, gab im die beiden libereyen und sagt: ›Nimm hin, mein theurer jüngling, von mir dise liberey, die eine für dich, die ander für meinen lieben herren und vatter. Du aber wöllest bey der deinen mein zů aller stund und zeiten eingedenck sein, dich desto mannlicher und ritterlicher beweisen, darneben auch gewarsamlich handlen, keinen kleinen feind verachten; dann zů vilmalen geschicht, das ein kleiner einen grossen und gewaltigen überwindet, wie ich das in vilen alten historien find. Ich bit dich auch, liebster Lewfrid, wöllest ein getrewes uffsehens auff meinen herren und vatter haben, damit im nichts args widerfaren thü. Dir ist sein alter und schwacheit unverborgen, darumb wöllest dir in befolhen lassen sein. Ich wünsch auch nicht mer, dann das ich meinen vatter in diser libery unnd kleidung widersehen mög, und das du, mein liebster Lewfrid, den orden der ritterschafft in der deinen erlangest und mir die als ein strenger ritter wider zů gesicht bringest. Ach, wie möcht mir inn disem zeitlichen leben mehr freud und glücks zůhanden gon!‹

›Allerliebste junckfraw,‹ sagt Lewfrid, ›mit grossen freuden hab ich dise ewere gab von euch empfangen, versprich euch auch bey der hertzlichen und grossen liebe, so ich nun lang zů euch getragen habe, euch nit mehr under augen zů kommen, so mir anders verreiten, als ich guter hoffnung bin, ich habe dann des gůte unnd warhafftige zeugnüß, das ich eine[404] oder mehr dapfferer unnd ritterlicher stuck begangen hab. Hoff mich auch bey euwerem vatter dermassen verdient zů machen, das er mir selb bey dem künig umb den orden der ritterschafft werben sol.‹ – ›Das wöll gott,‹ sagt Angliana, ›dann also was auch unser erst fürnemen und unser letster abscheidt.‹

Nachdem sie nun etlich stund mit seer früntlichem gesprech bei einander verharret hatten, Leuwfriden zeit daucht, nam er ein früntlich urlob von seiner liebsten junckfrauwen, damit er sich auch nach notdurfft versehen möcht. Kam also zů seinem herren, dem graffen, bracht ihm die libery von seiner tochter. Davon der graff nit wenig freud nam; er schicket auch nach seinem rüstmeister, befalhe im, Leuwfriden in aller maß mit roß, harnasch und wehr zů versehen, wie er in eigner person reitten wolt. Diß alles ward nach deß graffen befelch außgericht. Also macht sich alles sein volck in wenig tagen gar wol gerüst, so das kein fürst sollicher maß mit wolgerüstem unnd baß geordnetem volck an des künigs hoff erschinen thet. Davon er dann von andren graffen und herren hoch geprisen ward; sie günneten im auch wol der ehren, das er ein oberster über die reysigen sein solt.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 2, Tübingen 1903, S. 403-405.
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