29.
Wie Gabriotten der krantz geben ward, so er auff dem turnier erlangt hat, wie der künig Gabriotten den vordantz mit Philomena gab unnd zů red stalt seines gesellen halben.

[268] Ir hand gehört, wie der ritter sich so mannlichen auff dem stechen gehalten hat. auch wie im von frawen unnd junckfrawen der preiß gemeynglich geben und zůgetheilt ward, des nun Philomena grosse freüd in irem hertzen bringen thet. Der künig verschůff durch seinen trummeter und herolten, das sie in der statt umbritten unnd alle frembden herren, ritter und knecht an den küniglichen hoff zů dem nachtymbiß laden solten: das dann alsbald nach dem küniglichen befelch geschach.

Da nun die zeit kam, das menglich zů hoff erscheyn, da ward mancherley seytenspil gehůrt, so lang biß man zů tisch saß. Der künig verschůff, das der ritter Gabriotto an den nechsten tisch bei seinem tisch gesetzt ward deßgleichen Reinhart und Gernier, Gabriotten vater, welcher sich den tag auch weydlich gedummelt hat. Der künig dem ritter Gabriotten vor allem seinem hoffgesind den preyß gab. Als nun der nacht ymbiß vollbracht ward und man yetz die tisch auffhaben wolt, der künig zů seiner schwester Philomena sprach: ›Schwester, nun sag an. wem meynest du, das du den krantz geben wöllest? Dann es noch bei disem abendt geschehen soll. Deshalben bedenck du dich! Welchem du ihn under allen herren geben würst, der soll und můß den ersten dantz mit dir haben.‹ Die junckfraw Philomena sprach: ›Allerliebster herr[268] und brůder, wem wolt ich in billicher geben dann dem, so von frawen und junckfrawen der preiß geben würt?‹ – ›Recht unnd wol hast du geredt‹, sprach der künig, ›verschaff, das der krantz bracht werd! Dann man würt zůhand den dantz anfahen.‹

Die junckfraw ir kammermeysterin nach dem krantz schicket, die der junckfrawen gebott gehorsam was. Als sie in nun bracht hatt, der künig in zů seinen handen nam. ›Sicher‹, sprach der künig, ›dem krantz an köstlichheyt nit vil manglet. Wol dem, so ein solcher zů theil würft.‹ In dem ward der dantz angehaben. Philomena den schönen wolgemachten krantz nam, mit grossen freüden zů Gabriotten kam, also sprach: ›Junger ritter, nemendt hin den krantz, so euch von frawen und junckfrawen gemeynlich zůgesprochen ist von wegen ewers dapffern und adelichen gemüts!‹ Der ritter von grossen freüden aller in seim angesicht entferben thet, die gab von seiner allerliebsten junckfrawen nam, sie freündtlichen umbfahen ward, das in dann zů beyden seiten unmeßliche freüd bringen thet. Demnach den dantz mit züchten anfiengen. Alle, die da zůgegen stunden, sich der beyder schöne nicht gnůgsam verwundren mochten. Die andren herren, frawen unnd junckfrawen auch anhůben zů dantzen, also der dantzpalast mit einem schönen dantz erfüllt was.

Als nun der erst dantz ein end nam, der künig dem jüngling ritter Gabriotto befalch, die andren nachgonden dåntz nach seinem gefallen außzůtheylen, das er nach des künigs befelch nach allem seinem vormögen vollstrecket. Als nun die hoffspileüt den andren dantz auffmachten, der ritter die junckfraw Rosamunda nam mitsampt einer andren edlen junckfrawen, die Rosamunda Reinharten, seinem gesellen, befahl, die andren einem jungen graffen.

Nun hat der künig sunder acht genummen, wem der ritter Rosamunda zůfüren wolt. Als er nun sah, das er sie Reinharten bracht ward, noch mer in argwon gegen inen beyden fallen thet, zůhand dem ritter Gabriotten wincket, zů im sprach: ›Ritter, ich bitt dich, mir des, so ich dich fragen will, ein rechten waren bescheyd geben wöllest. Sag mir, ist dir ettwas von der liebe wissen, so Reinhart zů der junckfrawen Rosamunda[269] tragen thůt, so zeyg mirs an! Dann ich ein groß gefallen in dem ritter hab; unnd so ich sein liebe recht erkannt, verhoff, ich wolt zůwegen bringen, das under in ein rechte ehe beschlossen werden solt.‹ Der künig aber solche wort auß lauterem falschen hertzen redt; dann er wußt die beiden ritter einander so liebhaben, das ir keiner wider den andren reden mocht, wo er gedencken mocht, dem andren ettwas args darauß zů erwachsen. Darumb der künig also gegen dem ritter gleiset; es was aber sein fürnemen, wo er erfaren möcht das Rosamunda von Reinharten liebgehabt würd; er er wol in seines hoffs unnd gantzen künigreichs verwisen haben.

Der ritter Gabriotto dem künig mit wolbedachtem můt antwort auff sein frag geben thet, also sprach: ›Allergnädigster herr künig, davon mich ewer mayestet gefragt hat, ich gantz kein wissen trag. Wo aber lützel oder vil an der sach wer, ich glaub, mein gsell Reinhart mir nichts daran verhalten würd.‹ Der künig die bescheyden antwort des ritters in im selbs loben můßt, anfieng und sprach: ›Wolan, ritter, dieweil du ein semliche meynung in dir hast, so laß recht die sach also bei dir bleiben! Dann ich im auch nit weiter nachfragen will.‹ Also dem ritter befalch, nach seinem willen den dantz weiter zů versehen.

Mit grossen freüden der abent biß in die finster nacht vertriben ward, biß die zeit kam, das yederman der růg begert. Urlaub von dem künig namen; yeder an sein herberg an sein rhů gieng, biß der ander tag kam.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 1, Tübingen 1903, S. 268-270.
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