30.
Wie der künig ettlichen seines hoffgesinds befelch gab, Reinharten nachzůspehen; das aber herr Eberhart von der Lilien nit gehelen wolt, vil seiner gsellen davor warnet.

[270] Als nun die hochzeit ettlich tag geweret hat unnd nun ein end nam, die fürsten unnd herren alle wider zů hauß zogen. Dem künig der argwon des ritters halb noch nit auß des künigs hertze was; in im gedacht, ettlich seines hoffgesinds anzůrichten,[270] das sye mit alllem fleiß dem ritter zů allen zeiteil nachgon solten unnd mit ernst warnemen, wo sie den ritter bei der junckfrawen ston schen oder ander zeychen an im mercken můchten, das sie ihm ein semlichs unverzogenlich zů wissen thun solten. Des sye ihm gemeynlich zůsagten.

Nun was under disen einer, genant Eberhart von der Lilien, ein weydlich jung edelman. Als sie von dem künig gangen waren, er in im selb bedencken ward den gwalt der liebe unnd sagt damit also zů ettlichen under seinen gsellen: ›Ir mein allerliebsten herren und eydsverwanten, ich můß bekennen, das wir all, demnach uns unser eyd weisen thůt, unserm allergnådigsten herren dem künig schuldig seind, seinen gebotten gehorsam zů sein. So ich aber hindersich gedenck, so weyß ich, ewer keiner ist, er hat den gwalt der liebe empfunden, mit was starcken ketten unnd banden er zwey zůsamen verknipffet. Solten wir uns nun underston, dem ritter der meynung nachzůgon unnd sein liebe also von im erfaren, dem künig die anzeygen? Daucht mich fürwar ein unrechts ding sein. Bevor, so dem ritter ettwas args darauß erwachsen solt, werend wir ye verrůter an im worden. Nun betracht ein yeder, so im ein semlichs begegnen würd, was gfallens er darinn haben wolt. Darumb wer mein raht unnd enttliche meynung, wir wolten dem künig in dem won lassen, als ob wir dem ritter tåglich nachstrichen. Ich sag aber zů meim theyl, wo ich in bei der junckfrawen sind, ich mich ein andren weg wenden will und gleich thůn, als ob ich nichts seh, es geschehe mir doch darumb, was es wöll.‹

Die red, so herr Eberhart gethon, den andren allen wolgefiel, ihm auch dergleichen zů thůn versprachen. Also hůb einer an under in allen und sprach: ›Fürwar, der raht des herren von der Lilien mir gantz wolgefallen hat. Dann im fürwar also ist, wie er anzeygt. Ich bekenn mich, das ich auch ettwann zů frawen unnd junckfrawen liebe getragen hab. Solt mir dann einer oder mer auff solche meynung nachgezogen sein, ich wolt eiin sein halß abgestochen haben. Yedoch noch eins zů betrachten ist. Ihr wissend, da[271] uns der befelch von dem künig ward, unser noch vil mer gewessen seind, unnd nammlich die, so yetzund nit zůgegen seind. Den allen ist wol mit semlicher verråterey, namlich dem Orwin, der warlich an dieser sach, glaub ich, die grůßt ursach ist, als ir noch all in frischen gedechtnus haben, wie er den pappagey underricht hat. Derhalb von nöten sein will, das unser einer den ritter mit subteilen worten vor semlichem warnet. Darzů mich keiner besser duncket dann der von der Lilien; dann er sein sunderlich mer kundtschafft hat dann unser keiner.‹

Eberhart zů seinen gsellen sprach: ›Lieben herren nnd gůten freůnd, eh bin willig dem ritter ein semlichs anzůzeygen, damit ihm nichts args darauß erwachs, wiewol mir von seiner lieb mir gantz nichts zů wissen ist. Ich will mich aber dermaßen gegen im mit worten halten, das im kein verdruß davon bekummen soll.‹ Des sie in allsamen yetlicher in sunderheyt freündtlich bitten warden, das in herr Eberhart versprach. Also von einander yeder seinen geschefften nachgieng.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 1, Tübingen 1903, S. 270-272.
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