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Wie der künig von seinem hoffgesind underricht ward, das des ritters knecht wider in Engelandt kummen wer; der künig zůhandt gebot, das man in für in bringen solt, das zůhandt geschah, und wie es hernach gieng

[354] Ir hand gehört, mit was sorgen des ritters knecht in Engelandt umhergieng unnd wie er sich verkleydt hat. Noch mocht er sich vor ettlichen des künigs hoffgsind nit verbergen. Dieselben vermeynten, dem künig ein groß wolgefallen daran zů thůn, derhalben sie sich gantz schnell zů im fügten, im die zůkunfft des knechts zů wissen thetten. Sobald der künig des gewar ward, von stund an ettlich seiner diener bestellet, die solten im des ritters knecht zůhanden bringen. Dann der künig besorgt, der knecht wer darumb zů landt kummen, das er im sein schwester heymlich hinwegfüren wolt, dieweil er hort, das er sich niemant zů erkennen geben wolt.

Als nun die, so befelch von dem künig hatten, zů dem knecht kamen, in mit seinem nammen nannten, im anzeygten, was des künigs befelch wer, fieng er an sich gantz unbekannt zů stellen. ›Lieben fründ‹, sagt er, ›ir mögendt wol seer unverstanden leüt sein. Ir wend mich eines nammens bereden, welchen ich nie an mir gehabt, noch von keinem menschen also genennt ward. Ich bitt euch, sagendt ewerem herren dem künig, wie ir euch selb geirrt haben, damit ich nit für sein majestet kummen dörff.‹ Die red thet er zů inen. Es was aber alles umbsunst; dann sie in uß der maßen wol erkannten, und wie fast er sich widert, noch fůrten sie in mit gewalt zů dem künig, davon er seer grossen schrecken empfahen thet.

Als er nun für den künig kam, der künig in zůhant mit ruhen und erschrocklichen worten anfaren thett, also sprach: ›Jüngling, wer hat dir gerathen, so unverschampt in mein künigreich zů kummen und dich also schnöder verrähterig wider mich zů gebrauchen? Gedenck und zeyg an, was du willen habest! Du würst sunst mit grosser marter dazů bezwungen werden. Dann ich ye dein fürnemmen wißen will, auch wo dein herr sei, mit dem du heymlich on alles urlaub uß disem künigreich entritten bist.‹[355]

Der gůt jung von dem grausamen anfaren des künigs nit wenig schrecken empfieng, anhůb und also sprach: ›Allergnädigster herr und künig, ich bitt, mir verziehen wöllen, das ich mich also schwerlich gegen ewern küniglichen gnaden übersehen hab. Dann mir warlich verborgen gewesen ist meines herren fürnemmen, welcher yetzundt dem todt ergeben ist. Dann ich, weil er mein herr was, ye verbunden gewesen bin im gehorsam zů sein. Darumb ich gantz kein schuld daran hab.‹

›Was ursacht dich aber‹, sprach der künig, ›das du also dein nammen und gstalt verkert hast? Das dann nirgendt umb geschehen, dann das du mich uß befelch deines herren understanden hast zů verrahten. Dann ich weyß, das er noch nit todt ist.‹ – ›Sicher‹, sprach der jüngling, ›er ist in Portugal an einem port gestorben, allda hab ich in zů der erden bestatten lassen.‹

›Warlich‹, sprach der künig, ›ich befind, das du mir mit grosser verrähterey umbgahst.‹ Befahl damit seinem volck, den gůten jungen in gefencknus zů legen und die schergen zů im zů füren, die solten mit grosser marter an in setzen und sein heymligkeyt von im erfaren.

Davon der jüngling grossen schrecken empfieng, für den künig uff die erden fiel, also sprach: ›Genadent mir, allergnädigster herr und künig, und glaubendt meinen worten! Das ir meines herren todt ein gewiß zeichen haben, so nemment war, in disem ledlin hab ich sein hertz, das ich uß seinem leib hab lassen schneiden, deßgleich einen ring sampt einem brieff, so mir der ritter befohlen hat an seinem letsten end, an die ort zů überantworten, wie das ewer majestet wol lesen würt. Ein semlichs ich im als meinem lieben herren versprochen hab. Gott wolt, er noch in leben wer, was mir doch darumb zůstünd zů leyden! Dann er mir warlich ein lieber herr gewesen ist. Ich wolt auch, so mir das nit fürkummen wer, seinen befelch vollzogen haben. Darumb bin ich alles, so mir zůhanden gat, willig zů leiden.‹

Der künig nun zůmal ein gůt vernügen hat, alles von dem jungen empfieng, yedoch verschafft er in zů verwaren; das dann nach des künigs befelch on als verhindern vollstreckt ward. Demnach der künig mit im selbs beraht schlůg, was[356] er weiter mit seiner schwester fürnemmen wolt, also beschloß, das er ir alls, das von dem ritter geschickt wer, überantworten wolt, als er dann zůletst thet.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 1, Tübingen 1903, S. 354-357.
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