67.
Wie Reinhart vor großem leyd in onmacht fiel, im seine bede adern der median angiengen, also. in onmacht von diser welt schied.

[364] Als es nun tag worden war, und alles hoffgsind uffgestanden was, Reinhart sich schnell zů eim scherer füget, im die beiden der median schlagen ließ, das feber, so er meynt haben, damit zů vertreiben. Demnach der künig allem hoffgesind gebot, sich umb tertzzeit zů samlen in den palast, ein yeder in schwartzer kleydung angethon. Dazwischen Reinhart alle forcht von im legt, in junckfraw Philomena gemach sich fůget, da er sein Rosamunda, Laureta sampt dem frawenzimmer in gantz schwartzer kleydung trauriglich sitzen fand.

Reinhart, sobald er der todten leich ansichtig ward, das weynen nit vorhalten mocht, sich zů Laureta füget, sie fraget, was doch die ursach des schnellen todts und sterbens sein möcht. ›O Reinhart‹, sprach Laurcta, ›ist dann dir verborgen das, so alles hoffgesind gůt wissen tragen thůt? Dein allerliebster freünd und gsell mit todt abgangen ist, hat seiner liebsten junckfrawen verschafft sein hertz zů bringen, welches du hie in disem ledlin selbs sehen magst.‹ Damit gab sies Reinharten zů seinen handen. Der das mit grossem leyd und schmertzen empfahen thet, sich bald zů Rosamunda, seiner liebsten junckfrawen, nidersetzet: ›O Rosamunda, mein allerliebste junckfraw, was sih ich hie jamer und leydt vor meinen augen!‹ Mit disen worten gantz in omacht fallen thet, in der junckfrawen schoß nidersanck, die zůmal ser erschrecken thet.

In solcher omacht Reinharten beide adern angiengen, so fast blůteten, ee das man sein warnam, den merern teil seines geblůts verrört hat. Laureta zům ersten des geblůts warnam, dem jüngling sein einen ermell bald uffschneyd, die ader, so best sie mocht, verbinden thet, aber leyder zů spat kam; dann im die ander ader gleich einen brunnenquellen springen thet, deren niemants kein acht nam.

Rosamunda in grossen sorgen und nöten was, wiewol sie vor andren junckfrawen keins gleichen thůn dorfft In dem Reinhart der junckfrawen, seiner liebsten Rosamunda, noch einen lieblichen blick gab, mit seinem mund zů verston gab, wie das er gern mit ir geret und seinen letsten abscheyd gemacht het, aber mer sein mocht. Also ungered seiner allerliebsten Rosamunda in iren armen verschyed.[365]

Was grossen leydts der edlen junckfrawe da zůstund, nit zů schreiben ist, als sie vernam, das der, welchen sie ob allen menschen liebt, in iren armen todt und verscheyden lag. Sie hůb an und sprach: ›O mort mir ellenden junckfrawen!

Was unglückhafftiger stund thůt mich hie überfallen, dieweil ich mein allerliebste junckfraw verloren hab und nun disen edlen jungen ritter in meiner schoß todt ligen sehen můß! O du ungůtiger todt, kumb und löß mich von solchem schweren leyd, dieweil du mir heüt so nahen gewesen bist, mir mein junckfraw an der seiten und disen jungen ritter in meiner schoß hingenummen hast! Ich bitt, nim mich auch yetzundt mit diser edlen und wirdigen gesellschafft dahin. Wo mögent mir immer mer lustiger wegferten zůston dann Philomena, Reinhart und Gabriotto, welcher gewißlich noch hie zůgegen umb den leib seiner liebsten junckfrawen schwebet!‹

Die mär auch bald dem künig zů wißen kam, wie Reinhart also verscheyden wer. Davon im ein newes leyd zůstund, bald verordnet, das man im ein eerliche begrebnüß zůrichten ließ, deßgleich sein schwester in ein künigliches grab sampt dem hertzen zů begraben.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 1, Tübingen 1903, S. 364-366.
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