10.
Cassandra und Richardus werden zůsamen vermähelt, würdt aber aus etlicher ursachen nit ein grosse hochzeit gehalten.

[146] Robertus, der gůt alt mann, hett verschaffet, das auff den nächstkünfftigen tag ein herrliche malzeit in seinem haus bereit würd. Er hatt auch in eigner person seine nechsten freund darzů berůffen, doch das sie zů früer tagzeit erscheinen solten, dann er wolt seiner tochter Cassandra einen man geben. Dise verkündung namen etliche seiner freünd in einem schertz auff, liessens doch eine gůte sach sein; dann in was unverborgen, dieweil Robertus in Engelant gewesen, was ihm ein liebe schwester mit tod abgangen. Nicht desto minder kamen sie des morgens gantz gehorsamlichen. Alda erkanten und sahen sie erst den ernst, dieweil sie den priester im haus funden, auch alle ding auff das zierlichest ausgebutzt und uffgemutzt.

Als sie nůn zůsamenkummen sind, hat man entlich vom heurhat angefangen zů reden und sunderlich von dem, das Richart in Portugal und namlichen zů Lisabona sein wonung haben solt und gar nit inn Hispanien ziehen, sein wonung darin zů haben, es were dann sach, das schwäher und schwiger mit tod vergiengen und alsdann sein weib noch in leben were, mit gůtem willen mit im zů ziehen sich begeb; sunst solt er sie in keinerlay weg zwingen. Über solche ehberedung wurden in beywesen der früntschafft gůte versicherungen auffgericht, deßgleichen des gůts halben auch alles gar wol versehen und hinder die fründtschafft gelegt, damit man über nacht semliche schrifften wüste zů finden.

Also wurden die zwey nach christlicher ordnung zamen vermähelet. Demnach ward der ymbis mit grossen freuden volbracht, allein das gar kein seitenspiel da gebraucht ward allein der ursach, das dem alten herren sein schwester so kurtzlichen[146] gestorben was, wie dann oben gemelt wirt. Was aber sunst zů einer kostlichen malzeit gehöret, daran was gar kein mangel, es wer gleich von speis oder von fremden kostlichen weinen aus allen nationen harbracht.

Nach der malzeit, als man das wasser umbgeben het, sind sie auffgestanden, weib und mann mit einander in einen schönen garten spatzieren gangen. Darinn sich dann die jungen männer auff das essen dapffer gebraucht haben, mit ringen und springen einander dapffer geübt, desgleichen mit dem ballenspiel nit gefeiret. Die alten aber haben sich miteinander underredt der hochzeit halb, in was gestalt die anzůgreiffen wer; wurden aber all in gemein rhätig, das ein kleine hochzeit solt gehalten werden unnd auch auff das bäldist, so immer müglichen sein möchte. Disen rath ließ im Robertus gar wol gefallen, beschlosse also mit inen, uff den dritten tag müst alle ding zůr hochzeit bereit sein, das sich ein yeder darnach wißte zů richten.

Under disem begab sich under den gůten freunden ein zanck, namlich mit den steinstössern. Es hetten ir zwen ein ziel erlangt, was aber dem einen im stossen hinweggesprungen. Darumb im dann der ander gar nit gewunnen geben wolt; so dorfft sich auch der andren keiner mehr understohn das ziel zů geweren. Reichart, so dann noch seine kranckheit nit gar verdewt het, gedacht: ›Wann ich meiner sterck selb vertrawen dörfft, ich wolt disen krieg bald verrichtet haben.‹ Er nam den stein, welcher zimlich gros was, und sagt: ›Ir jungen herren und vettern, wann ich euch beidsamen überläg, wolt ihr dann zůfriden sein?‹ Des waren sie gantz wol zůfriden; dann sie nit maineten, das Reichart über ir gelegt ziel solt gestossen haben. Reichart fasset den stein in forteil und sties in gantz geschwind weit über das ziel hinaus. Da hette schon der zanck diser zweyer ein end, und ward iren genůg darzů gespott. ›Gelt‹, sagten die anderen, ›ir habt eweren mann funden, so euch kan unnd waißt zů entschaiden? Lieber, thůnd ims nach!‹ Also hůbend sie das ballenspiel an zů spielen; aber keiner under in allen mochts dem Richardo vorthůn mit behendigkeit des leibs und allen fortlen, so man brauchen mag in dem ballenspiel.[147]

Als es nůn umb den nachtymbis worden, sind sie wider in einer geselschafft zů haus gezogen, haben den nachtimbis frölichen volbracht. Demnach die fremden zů haus gangen, und sich yeder an sein rhů gelegt.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 2, Tübingen 1903, S. 146-148.
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